# taz.de -- Rückzug von Großprojekt: Kein Geld für Ilisu-Staudamm
       
       > Deutschland, Österreich und die Schweiz steigen aus dem Großprojekt aus.
       > Türkei reagiert trotzig und wills selbst machen - doch die Mittel dafür
       > dürften fehlen.
       
 (IMG) Bild: Auch ohne Unterstützung aus dem Westen will die Türkei bei Hasankeyf bauen.
       
       Deutschland, Österreich und die Schweiz haben am Dienstag offiziell die
       Exportkreditgarantien für den Bau des türkischen Ilisu-Staudamms gestoppt.
       Die Europäer ziehen sich aus dem Megaprojekt an der Grenze zum Irak und
       Syrien zurück, weil die Türkei Schutzauflagen in den Bereichen Umwelt,
       Kulturgüter und Umsiedlung nicht erfüllt habe, teilten die
       Exportrisikoversicherungen der drei Länder mit. Die taz hatte von der
       Entscheidung bereits [1][vor zwei Wochen aus regierungsnahen Kreisen
       erfahren].
       
       Mit dem Ausstieg entfallen Baukredite über insgesamt rund 450 Millionen
       Euro, die das europäische Konsortium in Aussicht gestellt hatte. Die
       Gesamtkosten des Projekts werden auf zwei Milliarden Euro geschätzt. Die
       Staudammpläne hatten jahrelang zu internationalen Protesten geführt, weil
       durch den 300 Quadratkilometer großen Stausee etwa 55.000 Menschen ihre
       Heimat verlieren und einmalige Kulturgüter rund um die 10.000 Jahre alte
       Stadt Hasankeyf in den Fluten verschwinden würden.
       
       Die europäischen Kreditagenturen hatten die Bauverträge bereits im Dezember
       2008 suspendiert und die Türkei aufgefordert, bis Anfang dieser Woche Pläne
       für den Schutz der Einwohner und der Kulturdenkmäler vorzulegen. Das ist
       aber nicht im ausreichenden Maß geschehen. "Deshalb müssen die Liefer- und
       Kreditverträge für den Staudamm beendet werden", sagte
       Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD). "Das ist gut
       so!"
       
       Die Türkei reagierte trotzig auf die Absage und erklärte, sie wolle den Bau
       des Staudamms, der seit 60 Jahren geplant wird, auf eigene Faust
       durchführen. Ein türkischer Sprecher kritisierte die Europäer als arrogant.
       "Die Europäer tun so, als hätten sie eine weiße Weste", sagte
       Regierungssprecher Cemil Cicek in der ARD. "Dabei weiß man, wie viele
       Menschen sie in den beiden Weltkriegen getötet und wie viele
       Kulturdenkmäler sie zerstört haben." Ihre Vergangenheit gebe ihnen kein
       Recht, die Türkei zu belehren.
       
       Ob die Türkei das Projekt aus eigener Kraft realisieren kann, ist fraglich.
       Das Land steckt in einer massiven Rezession. Im ersten Quartal 2009 fiel
       das Bruttoinlandsprodukt um 13,8 Prozent im Vergleich zum
       Vorjahreszeitraum. Ausländische Kreditgeber dürften sich nur schwer finden
       lassen. "Das gravierendste Problem für die Türkei ist, dass der Staudamm
       jetzt international geächtet ist", sagte Uli Eichelmann von der
       internationalen Kampagne "Stop-Ilisu". Zudem werden die ausführenden
       Baufirmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ohne gesicherte
       Finanzierung nicht aktiv.
       
       An ein sofortiges Ende des Bauvorhabens glaubt auch Anti-Ilisu-Campaigner
       Eichelmann nicht: "Die Türkei wird mit den Muskeln spielen. Wir erwarten,
       dass sie mit dem Bau von vorbereitenden Maßnahmen beginnt", sagte
       Eichelmann. Obwohl Geld oder technisches Know-how aus anderen Teilen der
       Welt wie etwa China nicht in Sicht sei, gehe der Widerstand gegen
       Großprojekte insgesamt weiter, die gegen internationale Standards
       verstoßen. "Die Ilisu-Gegner in der Türkei und im Rest der Welt werden ihre
       Kampagnen fortsetzen, bis der Staudamm endgültig gestoppt ist", sagte
       Eichelmann.
       
       7 Jul 2009
       
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