# taz.de -- Nach Angriff bei Datenschutz-Demo: Opfer soll ein Täter sein
       
       > Neue Videos vom Opfer des Polizeiübergriffs sind aufgetaucht. Manche
       > sehen darin einen Beleg dafür, dass der Mann ein Provokateur ist. Die
       > Filme beweisen das nicht
       
 (IMG) Bild: H. vor dem Angriff am Sonnabend
       
       In verschiedenen Internetforen aber auch in den Kommentaren bei taz.de sind
       neue Videoaufnahmen vom Opfer der [1][Polizeiattacke vom Sonnabend]
       aufgetaucht. Diese Filme zeigen den 37-jährigen H. bei zwei anderen
       Protest-Aktionen in Berlin. Einige Internet-Nutzer interpretieren diese
       Bilder nun so, dass H. des Öfteren gezielt auf Demonstrationen störe.
       
       [2][So schreibt der User "oh man" auf taz.de]: "Das scheint eine
       Medienstrategie zu sein: Polizisten reizen, bis sie zuschlagen, und dann
       danach das "passendste" Video verbreiten lassen."
       
       Bei den Filmen handelt es sich zum einen um [3][ein Video von Spiegel
       Online über eine Demonstration von Hausbesetzern am 28. März in Berlin].
       Außerdem sind auf dem Internetportal Youtube zwei Aufnahmen von der
       versuchten Besetzung des Flughafens Tempelhof am 20. Juni - ebenfalls in
       Berlin zu finden. Auf dem Hausbesetzer-Film ist H. in einer orangen Jacke
       einige Sekunden zu sehen, wie er vor Polizisten davon läuft und den
       Polizisten etwas zuruft in dem das Wort "Demonstrationsrecht" vorkommt.
       Verständlich ist danach der Satz: "Ihr kriegt alle ne Anzeige."
       
       Die beiden anderen Videos zeigen de facto [4][die gleiche Szene] aber
       [5][aus unterschiedlichen Perspektiven:] Demonstranten und eine
       Polizeikette stehen sich gegenüber und schieben sich gegenseitig. In der
       ersten Reihe der Protestler steht auch H. , diesmal trägt er einen grauen
       Pullover und hat ein Rad dabei. Während die Polizisten die Demonstranten
       zurückdrängen, ruft er erst: "Ich darf hier stehen." Dann zerrt eine
       Polizistin zunächst an seinem Fahrrad und seinen Sachen. Danach zieht sie
       ihn hinter den Kordon der Beamten. Dabei ruft H.: "Sie schlagen mich, sie
       schlagen mich. Hilfe, Hilfe."
       
       Andy Müller-Maguhn vom Chaos Computer Club, der den Vorfall vom Sonnabend
       für die Bürgerrechtsbewegung analysiert, verteidigt H. gegen die
       Anschuldigungen, er habe Polizisten gezielt provoziert: "Diese neuen ins
       Netz gestellten Videos sind aus meiner Sicht der Versuch Nebelkerzen zu
       werfen, das heißt vom eigentlich Wesentlichen abzulenken."
       
       Auf diesen Filmen sei nur erkennbar, dass "der Mann offenbar des Öfteren
       sein Recht zu demonstrieren wahrnimmt." Das Wahrnehmen gesetzlich
       geschützter Grundrechte sei aber kein Verbrechen, sondern die aktive
       Ausgestaltung einer Demokratie und als solches zu begrüßen. Außerdem sagt
       Müller-Maguhn gebe es zwischen den Demonstrationen im März und im Juli und
       dem Angriff von Polizisten am Wochenende keinen erkennbaren Zusammenhang:
       "Selbst wenn er dort einmal aggressiv geworden wäre, hätte das nichts mit
       dem aktuellen Vorfall zu tun."
       
       Der Sprecher der Hackerorganisation ist sich zudem sehr sicher, dass der
       Anwalt von H. die Unschuld seines Mandanten zweifelsfrei belegen kann. Laut
       Müller-Maguhn kann der CCC die Situation vor den Schlägen gegen den
       Demonstranten nämlich etwa eine Stunde lang per Video zurück verfolgen.
       Dort sei nicht zu erkennen, dass H. Polizisten angegriffen habe. "Deswegen
       sehen wir gelassen etwaigen Schutzbehauptungen der involvierten
       Polizeibeamten entgegen", sagt Müller-Maguhn.
       
       Das der CCC über so viel Bildmaterial verfügt, hat eine längere
       Vorgeschichte: Auf der Demonstration am Sonnabend wollten Polizisten den
       Lautsprecherwagen des "Antikapitalistischen Blocks" überprüfen. [6][Laut
       einer späteren Pressemitteilung sollte von dort aus zu Straftaten
       aufgerufen worden sein.] Um 18.20 Uhr wurden Fahrer und Beifahrer des
       Wagens von Beamten in Gewahrsam genommen. Ab dieser Zeit filmte jemand die
       Aktion der Polizisten.
       
       Um etwa 19.20 Uhr wollte H. in unmittelbarer Nähe des Lautsprecherwagens
       die Dienstnummer mindestens eines Beamten wissen. Wenige Augenblicke später
       wurde er von einem Angehörigen der 22. Berliner Einsatzhundertschaft
       niedergeschlagen. Gegen zwei Beamte der Hundertschaft wird wegen
       Körperverletzung im Amt ermittelt. Das Video desjenigen, der die
       Überprüfung des Lautsprecherwagens filmte, wurde später dem Chaos Computer
       Club zugespielt.
       
       Der Wagen des Clubs stand zum Zeitpunkt des Polizeiangriffs auf H. hinter
       dem Lautsprecherwagen des Antikapitalistischen Blocks. Daher stammen viele
       der im Netz zu sehenden [7][Aufnahmen vom Übergriff] von Clubmitgliedern.
       Dass nun andere Videos von H. im Netz auftauchen, wundert den Hacker
       Müller-Maguhn nicht. "Es hätte mich überrascht, wenn es keine derartigen
       Ablenkungsmanöver geben würde." Er könne sich durchaus vorstellen, dass
       Polizisten die Filme ins Netz gestellt hätten, um ihre Kollegen zu
       unterstützen.
       
       "Allerdings werden sich etwaige Behauptungen im Bezug auf die Ereignisse
       des vergangenen Samstags durch Filmaufnahmen, Fotos und Zeugenaussagen sehr
       schnell klären lassen", sagt Müller-Maguhn. H.s Anwalt Jony Eisenberg hatte
       der taz am Dienstag gesagt, man werde dem Berliner Generalstaatsanwalt noch
       vor dem Montag eine Dokumentation mit allen relevanten Beweisen - also vor
       allem den vom CCC gesammelten Aufnahmen und etwa zehn Zeugenaussagen -
       vorlegen.
       
       Am Montag tagt der Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses, in dem
       die Polizeiattacke vom Sonnabend [8][auf der Tagesordnung steht].
       
       Die taz hat bei der Berliner Polizei nachgefragt, ob H. dort als
       Provokateur bekannt ist und beispielsweise bereits des Öfteren festgenommen
       wurde. Eine Antwort ist bis morgen zugesagt. Ein Beamter, der regelmäßig
       mit allen Berliner Einsatzhundertschaften zu tun hat und der seinen Namen
       nicht in den Medien lesen möchte, sagte dazu: "Allzu bekannt wird der Mann
       bei den Einheiten wahrscheinlich nicht sein. Mir sagt er nichts und ich
       kann mich nicht erinnern bei Kollegen schon einmal von ihm gehört zu
       haben."
       
       16 Sep 2009
       
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 (DIR) [3] http://www.spiegel.de/video/video-58282.html
 (DIR) [4] http://www.youtube.com//watch?v=zQk1ZBF-zNs
 (DIR) [5] http://www.youtube.com/watch?v=qATfQ01T59c
 (DIR) [6] http://www.berlin.de/polizei/presse-fahndung/archiv/138631/index.html
 (DIR) [7] http://vimeo.com/6548644
 (DIR) [8] http://www.parlament-berlin.de/pari/web/wdefault.nsf/vHTML/C16_7-00959?OpenDocument
       
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