# taz.de -- Fußballwettskandal: Verbrechen an der Gesellschaft
       
       > Das Frühwarnsystem hat versagt, bedauert der Präsident des Deutschen
       > Fußballbundes. Andere sehen es lockerer. Ein Spieler aus Würzburg aber
       > sitzt schon in U-Haft.
       
 (IMG) Bild: Das Stadion des Drittligisten VfL Osnabrück. War es Schauplatz manipulierter Partien, als der Verein noch eine Klasse höher spielte?
       
       Die einen sprechen vom größten Manipulationsskandal im europäischen
       Fußball. Andere finden weniger schlimm, was die Staatsanwaltschaft Bochum
       in Zusammenarbeit mit der Europäischen Fußballunion (Uefa) ermittelt hat.
       Nachdem am Freitag bekannt wurde, dass Wettbetrüger versucht haben,
       Einfluss auf das Ergebnis von etwa 200 Fußballspielen in neun europäischen
       Ländern zu nehmen, herrscht neben Entsetzen vor allem Ratlosigkeit.
       
       Theo Zwanziger, der Präsident des Deutschen Fußballbundes (DFB) musste
       zugeben, dass sein Verband von den Manipulationen nicht einmal etwas geahnt
       hat. Warum das Frühwarnsystem, das Auffälligkeiten im Wettverhalten der
       Zocker meldet, im Falle des vermuteten Manipulationen versagt habe, konnte
       er nicht sagen. In der ARD-Sportschau sprach er von einem "Verbrechen an
       der Gesellschaft", das es entsprechend hart zu sühnen gelte. Uli Hoeneß,
       der Manager des FC Bayern München versuchte unterdessen, den Skandal ein
       wenig runterzukochen: "Es ist schlimm, aber ich finde es jetzt nicht so
       dramatisch, dass man sich stundenlang darüber aufregen muss."
       
       In der Tat gibt es keine Hinweise darauf, dass Spiele der ersten Bundesliga
       von den Manipulationen betroffen sind. Auch die drei
       Champions-League-Spiele und die zwölf Partien der Europa League, die den
       Ermittlern auffielen, betreffen keinen der großen Klubs. Wie die Uefa in
       einer Stellungnahme mitteilte handelt es sich um Spiele der frühen
       Qualifikationsrunden, bei denen die Klubs der kleinen Mitgliedsverbände um
       Tickets für die Hauptrunde kämpfen.
       
       Im Gegensatz zum DFB und der Deutschen Fußballliga (DFL), in dem die 36
       deutschen Erst- und Zweitligaklubs zusammengeschlossen sind, wurde die Uefa
       indes in die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bochum einbezogen. Für
       Uefa-Generalsekretär Gianni Infantino ein gelungenes Beispiel für die
       Zusammenarbeit von staatlichen Behören mit Sportverbänden. DFL-Präsident
       Rauball hingegen äußerte sich beinahe beleidigt darüber, dass sein Verband
       nicht frühzeitig informiert worden ist: "Wir sind nicht ganz glücklich
       damit, dass die Betroffenen nicht eingeweiht wurden." Auch Rauball sieht
       noch nicht den ganz großen Skandal. "Man gewinnt den Eindruck in
       Deutschland, dass die Ermittlungen so gut wie sicher rechtskräftige
       Verurteilungen zur Folge haben. Es sind lediglich laufende Ermittlungen",
       sagte er.
       
       Die haben ergeben, dass das Zentrum der europaweiten Aktionen der
       Wettbetrüger in Deutschland liegt. Fünf Berliner, zu denen auch Ante
       Sapina, der Protagonist des letzten großen Wettskandals in Deutschland um
       Schiedsrichter Robert Hoyzer gehört, sollen die Manipulationen geplant
       haben. Vom Ruhrgebiet aus sollen dann die Kontakte zu Klubs und Spielern
       geknüpft worden sein. Bis zu fünfstellige Eurobeträge sollen an Spieler für
       ein bestimmtes Ergebnis gezahlt worden sein.
       
       Der Marler Anwalt, Burkhard Benecken, der Deniz C., einen der in
       Untersuchungshaft genommenen Beschuldigten vertritt, hat einige Spiele
       publik gemacht, an deren Manipulation sein Mandant mitgewirkt haben soll.
       Darunter sind zwei Partien der höchsten türkischen Spielklasse (Trabzonspor
       gegen Antalyaspor und Ankaraspor gegen Bursaspor), außerdem zwei
       Zweitligaspiele aus der Schweiz und Belgien. C. wird zudem vorgeworfen,
       einen Wettanbieter aus Nürnberg "verschleppt, gefangen gehalten und mit
       Schlägen gequält" zu haben, um 100.000 Euro Spielschulden einzuforden.
       
       Benecken will die Vorwürfe gegen seinen Mandanten entkräften. Auch die drei
       Spieler des VfL Osnabrück, Thomas Reichenberger, Marcel Schuon und Thomas
       Cichon, deren Namen als Verdächtige durch die Medien gejagt wurden,
       beteuern ihre Unschuld (siehe unten). Nachdem Schuons Wohnung durchsucht
       worden ist, entschloss sich sein neuer Verein, der FC Sandhausen, den
       Spieler für die Partie am Wochenende nicht aufzubieten. Sandhausens Manager
       Tobias Gebert, nahm seinen Spieler gegen das "mediale Kesseltreiben" in
       Schutz.
       
       Ein Fußballer sitzt derweil in Untersuchungshaft: Ein Landesligakicker aus
       Würzburg, gegen den schon einmal wegen Schiebereien ermittelt worden war,
       gehört zu den Verdächtigen.
       
       22 Nov 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Fußball
       
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