# taz.de -- Kommentar Bündnisse in NRW: Keine Chance für Rot-Rot-Grün
> SPD, Grüne und Linkspartei haben aus je eigenen Kalkülen kein Interesse
> an einer gemeinsamen Koalition. Mit unterschiedlichen Konsequenzen.
In NRW scheint greifbar nahe, was in Hessen und im Saarland, in Hamburg und
in Thüringen misslang: eine Reformregierung aus SPD, Grünen und
Linkspartei. Das wäre ein unüberhörbares Signal für den Bund. Es würde die
Skeptiker bei den Sozialdemokraten und Grünen in die Defensive drängen und
bei der Linkspartei die trostlose innerparteiliche Frontstellung zwischen
West-Fundis und Ost-Realos auflockern.
Doch es gibt drei Gründe, die gegen Rot-Grün-Rot in NRW sprechen: SPD,
Grüne und Linkspartei. Auch in NRW fehlen für Rot-Rot-Grün elementare
Voraussetzung-- nicht weil die politischen Ziele so völlig verschieden
sind, sondern wegen mentaler Blockaden. Die SPD hat sich noch immer nicht
mit der Existenz der Linkspartei abgefunden.
In ihrem Innersten ist noch immer in der Illusion gefangen, dass die
Linkspartei wie ein böser Spuk wieder verschwinden wird. In NRW redet sich
die SPD derzeit mit beachtlicher Energie ein, dass es ja auch für Rot-Grün
reichen kann, wenn es nur die Linkspartei nichts ins Parlament schafft.
Ganz ausschließlich will Hannelore Kraft Rot-Grün- Rot aber auch nicht.
Rational wäre es, wenn die SPD einen klaren Kriterienkatalog für eine
Regierungsbeteiligung der Linkspartei vorlegen würde. Doch rational ist die
SPD nicht. Sie reagiert auf die linke Konkurrenz mit einer Mixtur aus Angst
und Arroganz.
Die Linkspartei hat gewissermaßen das komplementäre Problem. Ihre
Frontleute wiederholen wie ein Mantra, dass die SPD erstmal wieder
sozialdemokratisch werden muss, ehe man an eine Koalition überhaupt denken
kann. Die SPD müsse sich von Hartz IV, der Rente mit 67 und dem
Afghanistankrieg verabschieden und damit die Kernforderungen der
Linkspartei erfüllen.
Das ist doppelt töricht. Denn wenn die Gabriel-SPD all dies täte, ständen
Klaus Ernst & Co vor der ungemütlichen Frage, wofür es die Linkspartei im
Westen eigentlich noch geben muss. Kurzum: Solange die SPD die Linkspartei
eigentlich vernichten und die Linkspartei die SPD eigentlich erziehen will,
wird es Rot-Rot nicht geben.
Zu diesen eher psychotherapeutisch beschreibbaren Missverständnissen kommen
in NRW noch ein paar Schwierigkeiten. Die Linkspartei scheut nicht aus
fundamentalistischer Verbohrtheit eine Koalition. Sie verfügt über
keinerlei parlamentarische Erfahrung. Es gibt in NRW auch keine Kommune, in
der Rot-Grün-Rot regiert. Die Linkspartei ist in Machtspielen unerfahren
und fürchtet nicht zu Unrecht, gegen den seit Jahrzehnten gut geölten
SPD-Apparat keinen Stich zu machen. Deshalb setzen die Vernünftigen in der
Linkspartei auf eine Tolerierung von Rot-Grün.
Das wiederum haben die Grünen clever, ausgeschlossen. Rot-Grün-Rot -ja
vielleicht, aber nur als Koalition. Mit dieser Linie sind die Grünen fein
raus und versenken Rot-Grün-Rot elegant nebenbei. Sie können mit der
Linkspartei, aber auch mit der CDU. Die Grünen scheinen sich mittlerweile
den Wahlspruch der Horst-Schlämmer-Partei zu eigen gemacht zu haben: "Wir
sind liberal, konservativ und links". Wo sie stehen, weiß man nicht, auf
jeden Fall nicht in der Schusslinie.
Und wenn aus Rot-Grün-Rot leider nichts wird, dann müssen die Grünen eben
mit Rütters regieren. Das werden auch die linken Grünen akzeptieren, deren
Neigung zur SPD sowieso getrübt ist. Wer die Arroganz von Wolfgang Clement
ertragen hat, den kann Rüttgers nicht mehr schockieren.
So haben SPD, Grüne und Linkspartei aus je eigenen Kalkülen kein Interesse
an einer gemeinsamen Koalition. Mit unterschiedlichen Konsequenzen. Den
Grünen geht es prima. Wenn sie mit Rüttgers und Laschet regieren, haben sie
via Bundesrat auch in Berlin viel zu sagen. Und sie können ihren linken
Wähler sogar einigermaßen erklären, warum sie so handeln. Die Linkspartei
muss nicht regieren. Kommt sie ins Parlament, wird sie stabiler werden --
das ist für eine wacklige Organisation wichtiger als alles andere.
Richtig mies sieht es nur für die SPD aus. Mit den Grünen wird es kaum
reichen, mit den Linken kann sie nicht. Mit Grünen und FDP würde sie
wollen, aber Grüne und FDP können sich nicht ausstehen. Außerdem will die
FDP in zentralen Punkten, wie der Hochschulpolitik, das glatte Gegenteil
von der SPD. So ist der Traum von der Ampel bei der SPD mal wieder ein
sicheres Zeichen, dass sie gar nicht mehr weiß. wo es lang geht.
28 Feb 2010
## AUTOREN
(DIR) Stefan Reinecke
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