# taz.de -- Außenwirtschaft: Merkel preist deutsche AKW-Technik an
       
       > Ihre wirtschaftlichen Beziehungen seien gut, aber sie könnten noch besser
       > werden, meint Merkel – und wirbt in der Türkei für deutsche Atomkraft.
       
 (IMG) Bild: Anti-Rauch-Aktivist Erdogan verblüfft Merkel, indem er die Zigarette einer Raucherin zerbricht.
       
       Zwanzig Milliarden Euro jährliches Handelsvolumen, eine wachsende
       Wirtschaft bei einer jungen Bevölkerung von 73 Millionen Menschen - selbst
       die türkeiskeptische deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gab sich zum
       Abschluss ihres Besuchs vor einem Wirtschaftsforum am Dienstagabend am
       Bosporus beeindruckt. "Lassen Sie uns den Streit um die EU-Mitgliedschaft
       einmal beiseite legen und stattdessen pragmatisch vorgehen", schlug sie dem
       anwesenden türkischen Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan vor. "Unsere
       wirtschaftlichen Beziehungen sind gut, aber sie können noch besser werden.
       
       Die deutsche Wirtschaft habe doch der Türkei über die bisherige
       Zusammenarbeit hinaus noch einiges zu bieten, vor allem im Energiesektor.
       Ein Großprojekt, das nun endlich auf die Beine kommen soll, ist die
       "Nabucco" genannte Gaspipeline von Aserbaidschan nach Wien. An diesem
       Multimilliardengeschäft ist von deutscher Seite der Energiekonzern RWE
       beteiligt. Und RWE, hieß es am Rande des deutsch-türkischen
       Wirtschaftstreffens, drängt mit Macht weiter auf den türkischen Markt.
       
       In den kommenden zwei Jahrzehnten muss die Türkei ihr Energienetz
       runderneuern und ausbauen, um den prognostizierten zusätzlichen
       Energiebedarf des Landes decken zu können. Das wird Milliarden kosten.
       Merkel bot an, dazu vor allem auf dem Sektor der erneuerbaren Energien
       stärker zusammenzuarbeiten. Bei der Windkraft setzen deutsche Unternehmen
       schon jetzt auf einen starken Ausbau an der türkischen Ägäisküste. Aber
       dabei soll es nicht bleiben. Die Türkei, so Merkel, denke ja auch über ein
       Thema nach, das in Deutschland selbst ein Tabu sei: den Neubau von
       Atomkraftwerken.
       
       Hier sind lukrative Aufträge zu erwarten, die sich RWE gemeinsam mit
       Siemens sichern will. Nach Meldungen einer gewöhnlich gut informierten
       türkischen Nachrichtenwebsite soll der frühere enge außenpolitische Berater
       von Tayyip Erdogan, Cuneyd Zapsu, in den Vorstand von RWE berufen werden
       und zukünftig das Türkeigeschäft des Konzerns besorgen. Zapsu, der schon zu
       Schröders Zeiten die Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern
       pflegte, war am Dienstag bereits in der deutschen Wirtschaftsdelegation mit
       dabei. Neben dem Energiesektor machte Merkel in Istanbul noch Lobbyarbeit
       für ein großes Schienenprojekt, das die deutsche Bahn gerne übernehmen
       würde, und für weitere deutsche Waffenverkäufe. Bei all den Großprojekten
       geriet etwas in den Hintergrund, dass die Basis dieser Beziehungen aber
       längst die vielen Firmen aus dem Mittelstand bilden.
       
       Rund 4.000 deutsche Firmen sind mittlerweile in der Türkei vertreten, davon
       die allermeisten aus dem mittleren und kleineren Bereich. Dazu kommen
       etliche Firmen, die von Deutschtürken in Deutschland gegründet wurden.
       Eines der großen bürokratischen Probleme dieser Firmen versprach Merkel
       anzugehen: die leidige Visafrage.
       
       Türkische Geschäftsleute, selbst solche, die in Deutschland investieren
       wollen oder dies bereits getan haben, sind immer wieder mit oft geradezu
       schikanösen Visaproblemen konfrontiert. Manches Projekt soll daran sogar
       gescheitert sein. Sie werde nun prüfen lassen, ob es möglich ist,
       türkischen Geschäftsleuten, Künstlern, Akademikern und Studenten
       Visaerleichterungen zu beschaffen, versprach die Kanzlerin. Das wäre
       zumindest ein pragmatischer Schritt, der in der Türkei sehr begrüßt würde.
       
       1 Apr 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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