# taz.de -- Linkspartei in NRW: Orientierung gesucht
       
       > Die beiden Spitzenkräfte der Linksfraktion aus Düsseldorf suchen
       > Orientierung. Seit klar ist, dass Rot-Grün keine Mehrheit hat, kursieren
       > Abwerbe-Gerüchte.
       
 (IMG) Bild: Wolfgang Zimmermann, Landessprecher der NRW-Linkspartei, bei der Stimmabgabe.
       
       Als Wolfgang Zimmermann und Bärbel Beuermann am Montagmittag im Berliner
       Karl Liebknecht Haus vor die Presse treten, wissen sie erst mal nicht, wo
       es lang geht. Die beiden Parteichefs, Oskar Lafontaine und Lothar Bisky,
       setzen sich nach einigem Hin und Her nach außen, die NRW-Spitzenkandidaten
       nach innen. Es ist eben alles noch neu.
       
       Beuermann, deren rhetorische Talente übersichtlich sind, rattert noch die
       Wahlkampfforderungen herunter. Fürs Strategische scheint eher Zimmermann,
       der in NRW im Verdi-Landesvorstand ist, zuständig zu sein. Dreimal beginnt
       er seine Antworten mit der Einleitung: "Wenn es zu Gesprächen mit der SPD
       kommen würde …"
       
       Zimmermann meidet alle Angriffe auf die Genossen, die bis gestern Abend die
       Linkspartei mit einer Art Kontaktsperre belegt hatten. Hannelore Kraft habe
       ihm, so der Linksparteichef, nach einem Fernsehauftritt zum Einzug in den
       Landtag "gratuliert". Zimmermann gibt sich ganz als Realo. Das zehn Punkte
       umfassende Dringlichkeitsprogamm der Linkspartei sei keineswegs ein
       "Bedingungskatalog für Koalitionsverhandlungen". Wenn die SPD allerdings
       unbedingt Juniorpartner der CDU werden wolle, dann, so Zimmermann, freue er
       sich schon auf neue Exsozialdemokraten in der Linkspartei.
       
       Das Selbstbewusstsein hat gute Gründe. Trotz aller Widerstände hat die
       Linkspartei mit 5,6 Prozent den Sprung ins Düsseldorfer Parlament
       geschafft. Als Spinner, Chaoten und Sektierer waren sie im Wahlkampf
       diffamiert worden. Am heutigen Dienstag treffen sich die elf linken
       Parlamentarier zu ihrer ersten Sitzung. Es gilt als sicher, dass die
       54-jährige Förderschullehrerin Beuermann und der 60-jährige Zimmermann auch
       die Fraktion anführen werden.
       
       Landtagserfahrung hat bislang nur der von den Grünen in der vergangenen
       Legislaturperiode zur Linkspartei gewechselte Rüdiger Sagel. Seit 1998
       gehört Sagel dem Düsseldorfer Parlament an. Hinzu kommt seine bisherige
       Mitarbeiterin, die 35-jährige Diplom-Sozialarbeiterin Carolin Butterwegge.
       Aber parlamentarisch ganz unerfahren sind die restlichen Neuabgeordneten
       nicht. Spitzenfrau Beuermann gehört seit neun Jahren dem Rat in Herne an,
       seit 2004 sitzen der 41-jährige Diplom-Sozialwissenschaftler Atlan in
       Münster und die 25-jährige Studentin Özlem Alev Demirel in Köln im
       Stadtrat.
       
       Dem Wuppertaler Rat gehört Gunhild Böth an. Die Lehrerin ist zudem Mitglied
       im Landesvorstand der GEW. Böth war wie der 47-jährige Bonner Rechtsanwalt
       Aggelidis und Landesvize Michalowsky früher in der SPD. Ende der
       Siebzigerjahre wegen ihrer Zusammenarbeit mit Kommunisten ausgeschlossen,
       führte Böths Weg über die DKP und die PDS in die Linkspartei. Michalowsky
       hingegen wechselte Mitte der Neunzigerjahre zu den Grünen, und war deren
       Stadtverbandssprecher in Gladbeck. Im Jahr 2001 trat er wegen der grünen
       Unterstützung des Afghanistaneinsatzes der Bundeswehr aus. Im Jahr 2004
       gehörte er ebenso wie Landessprecher Zimmermann zu den Gründungsmitgliedern
       der WASG. Früher bei den Grünen war auch die 50-jährige chemisch-technische
       Assistentin Hamide Akbayir.
       
       Dominiert wird die neue Fraktion von der Antikapitalistischen Linken (AKL)
       und der Sozialistischen Linken (SL). Zimmermann, Atlan, Demirel, Aggelidis,
       Akbayir und die 31-jährige Diplom-Sozialwissenschaftlerin Anna Conrads
       werden der AKL, Beuermann, Butterwegge, Michalowsky und Böth der SL
       zugerechnet.
       
       Seit klar ist, dass Rot-Grün keine Mehrheit hat, kursiert das Gerücht, dass
       die SPD einzelne Linken-Abgeordnete abwerben will. Wolfgang Zimmermann hält
       das schlicht für "Unfug". In der SPD, so ein linker Spitzengenosse, tobe
       ein Kampf darum, ob die SPD der Linkspartei offiziell Gespräche anbietet.
       Das, so Lafontaine, "schauen wir uns ganz gelassen an". Ob sich die SPD
       traut, werde man sowieso erst in einer Woche wissen. Dann wird sich zeigen,
       ob die Linksfraktion in Düsseldorf die SPD so nett behandelt wie
       Zimmermann.
       
       11 May 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) P. Beucker
 (DIR) S. Reinecke
       
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