# taz.de -- Nach Wahl in NRW: SPD prüft ihre Kraft für Rot-Rot-Grün
       
       > SPD-Kandidatin Kraft hat die Wahl: Entweder sie wagt in NRW Rot-Rot-Grün
       > oder geht als Juniorpartnerin in die große Koalition. In ihrer Partei
       > beginnt die Debatte.
       
 (IMG) Bild: Ministerpräsidentin will Kraft werden, wie sie am Montag in Berlin immer wieder betont.
       
       Einfach hätten es die Sozialdemokraten gehabt, wenn sie an diesem Montag
       die Präsidiumssitzung direkt nach Tagesordnungspunkt eins beendet hätten.
       Der war, wie Parteichef Sigmar Gabriel später neben einer strahlenden
       Hannelore Kraft verkündete: Jubel.
       
       Alles was danach an inhaltlichen Fragen besprochen wurde, beschrieb die
       nordrhein-westfälische Spitzenkandidatin Kraft mit "kein einfacher Weg"
       oder "eine schwierige Situation", in der sie "Gespräche führen will" und
       die alles in allem "zu meistern ist".
       
       Das Wahlergebnis von 34,5 Prozent bei den Landtagswahlen in
       Nordrhein-Westfalen - rund 6.000 Stimmen hinter der CDU - stellt die
       regierungswillige SPD tatsächlich vor ein Problem. Rot-Grün alleine fehlt
       ein Sitz zur Mehrheit. Zum Regieren muss sich die SPD entweder mit CDU,
       Linkspartei oder FDP einlassen. Letzteres hat deren Landeschef Andreas
       Pinkwart ausgeschlossen, in einer großen Koalition wäre Hannelore Kraft
       mathematisch lediglich Juniorpartnerin. Bleibt eine Koalition mit der
       Linkspartei, um Ministerpräsidentin zu werden, und Ministerpräsidentin will
       Kraft werden, wie sie am Montag in Berlin immer wieder betont. Also mit der
       Partei, die Kraft gebetsmühlenartig als "nicht regierungsfähig und -willig"
       erklärt hatte.
       
       Dennoch soll vor den Gremiensitzungen in Nordrhein-Westfalen keine
       öffentliche Diskussion geführt, nichts vorweg genommen werden. Intern hat
       die Rot-Rot-Grün-Diskussion aber längst begonnen. Der hessische
       Generalsekretär Michael Roth sagte der taz: "Die SPD sollte sich so offen
       geben, wie sie es immer gesagt hat." Das Heft des Handelns, so Roth "liegt
       in der Hand der SPD".
       
       Auch der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD-Abgeordneten im
       Bundestag, Axel Schäfer, betonte, er wolle "alles dafür tun, damit die SPD
       keinen CDU-Kandidaten zum Ministerpräsidenten wählt". Schäfer erinnerte an
       das "Joch der großen Koalition" im Bund, das den Sozialdemokraten ihre
       größte Niederlage beschert habe.
       
       Notfalls müsse die SPD auch für eine Minderheitsregierung bereitstehen,
       sagte Schäfer der taz - und kündigte Diskussionen mit den Grünen an. Nötig
       sei außerdem ein Mitgliederentscheid. Die Koalitionsfrage dürfe keinesfalls
       von oben herab entschieden werden.
       
       Um Krafts Führungsanspruch zu verwirklichen, werde die SPD "mit allen im
       Landtag vertretenen Parteien" Gespräche führen, sagte
       SPD-Landesgeneralsekretär Michael Groschek der taz. Dabei schloss er die
       Linkspartei ausdrücklich mit ein. Eine große Koalition mit der CDU unter
       Leitung von Rüttgers hält Groschek dagegen für undenkbar. Die CDU sei von
       den BürgerInnen abgestraft worden, habe mit Verlusten von 10,3 Prozent eine
       "schallende Ohrfeige" erhalten. Zudem stelle die SPD im Düsseldorfer
       Landtag mit 67 Sitzen ebenso viele Abgeordnete wie die Christdemokraten.
       
       Kraft als Ministerpräsidentin - diese Forderung sei für die SPD Bedingung,
       sagt auch ihr Stellvertreter im Vorsitz der Landespartei, Marc Herter. "Wir
       haben den Führungsanspruch." Allerdings scheint der Parteivize eine
       Ampelkoalition mit den Liberalen einem rot-rot-grünen Bündnis vorzuziehen:
       "Wir dürfen die FDP nicht aus ihrer staatspolitischen Verantwortung
       entlassen", betont Herter. Wichtig sei, dass die SPD eine Koalition bilde,
       die NRW "fünf Jahre lang verlässlich regieren" könne - eine deutliche
       Spitze gegen den bei den Sozialdemokraten als chaotisch und radikal
       wahrgenommenen NRW-Landesverband der Linken.
       
       Bei derart kontroversen Ansichten innerhalb der Partei scheint nur eins
       klar: Eine Regierungsbildung im Schnelldurchgang wird es in NRW nicht
       geben. Schließlich hat auch die Linke betont, sich eine mögliche Koalition
       von ihren Mitgliedern absegnen zu lassen. Die Wahl des neuen
       Regierungschefs, der neuen Ministerpräsidentin ist für den 23. Juni
       vorgesehen. "Die Gremien der SPD werden in aller Ruhe entscheiden", sagt
       der designierte Arbeitsminister eines Kabinetts Kraft, Nordrhein-Westfalens
       DGB-Chef Guntram Schneider, dazu.
       
       10 May 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) G. Repinski
 (DIR) A. Wyputta
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA