# taz.de -- Regierungswechsel in NRW: Linke gibt Rot-Grün eine Chance
       
       > Überraschend deutlich unterstützt der Parteitag der Linken den
       > Regierungswechsel in Düsseldorf. Damit dürfte SPD-Landeschefin Kraft am
       > Mittwoch Ministerpräsidentin werden.
       
 (IMG) Bild: Nicht in die Schmollecke zurückziehen: Der neue Landeschef der nordrhein-westfälischen Linkspartei, Hubertus Zdebel.
       
       LEVERKUSEN taz | Die Linkspartei will der rot-grünen Minderheitsregierung
       in Nordrhein-Westfalen eine Chance geben. "Wir wollen durch unsere
       Stimmenenthaltung bei der Wahl der Ministerpräsidentin den
       Regierungswechsel ermöglichen", beschloss sie auf ihrem Landesparteitag am
       Wochenende in Leverkusen mit nur vier Gegenstimmen und sechs Enthaltungen.
       Damit dürfte die SPD-Landesvorsitzende Hannelore Kraft am Mittwoch im
       Düsseldorfer Landtag spätestens im zweiten Wahlgang mit einfacher Mehrheit
       zur Nachfolgerin von Jürgen Rüttgers gewählt werden.
       
       Trotz des gescheiterten rot-rot-grünen Sondierungsgesprächs Mitte Mai will
       sich die Linkspartei nicht in die Schmollecke zurückziehen. Einer
       Fundamentalopposition, wie sie CDU und FDP angekündigt haben, erteilten die
       rund 210 Delegierten eine überraschend deutliche Absage. Ausdrücklich
       begrüßten sie den Versuch von Rot-Grün, sich Mehrheiten im Landtag nach den
       jeweils konkreten Inhalten ihrer Politik zu organisieren. Eine solche
       parlamentarische Kultur sei zwar "in Deutschland nicht beliebt und fast
       unbekannt", heißt es im beschlossenen Leitantrag. Aber sie sei "möglich und
       im demokratischen Sinne viel lebendiger und ehrlicher".
       
       Nicht durchsetzen konnte sich demgegenüber ein Antrag der
       Vizebundesvorsitzenden Sahra Wagenknecht und anderer Mitglieder aus dem
       Umfeld der Kommunistischen Plattform. Sie hatten an die Stelle dieses
       positiven Bezugs auf das Experiment Minderheitsregierung eine schärfere
       Abgrenzung von Rot-Grün setzen wollen.
       
       Wer nun allerdings an einen Durchmarsch des rechten Parteiflügels in dem
       bislang als besonders links geltenden Landesverbandes glaubt, der irrt.
       Denn auch die "Pragmatiker", die mit Blick auf die Bundestagswahl 2013 für
       einen stärkeren Anpassungskurs an SPD und Grünen plädieren, erhielten eine
       derbe Abfuhr. Bis auf den als Landesgeschäftsführer bestätigten Bottroper
       Günter Blocks fielen alle ihre Kandidaten aus dem Kreis der
       "Sozialistischen Linken" bei der Neuwahl des 8-köpfigen geschäftsführenden
       Landesvorstandes durch.
       
       So unterlag der Kölner Bundestagsabgeordnete Paul Schäfer bei seiner
       Kandidatur um den Parteivorsitz dem Münsteraner Ex-Grünen Hubertus Zdebel,
       der der "Antikapitalistischen Linken" (AKL) nahesteht. Der bisherige
       Amtsinhaber Wolfgang Zimmermann war nicht mehr angetreten, weil er sich
       künftig auf seine Arbeit als Fraktionschef im Landtag konzentrieren will.
       Als Landesvorsitzende wiedergewählt wurde die Wittenerin Katharina
       Schwabedissen, die ebenfalls der AKL zugerechnet wird.
       
       Er stehe für eine "radikale Realpolitik", sagte der neu gewählte Landeschef
       Zdebel. Weder Anbiederung noch Verweigerung - das sei der nicht einfache
       Spagat, der seiner Partei gelingen müsse. "Wir müssen den schmalen Grat
       zwischen Sektierertum und Opportunismus finden." Seine Erfahrungen bei den
       Grünen, die er vor drei Jahren verließ, hätten ihn "gelehrt, wie schnell
       Inhalte durch angebliche Sachzwänge weichgespült und schließlich aufgegeben
       werden."
       
       Die Rolle der Linkspartei im Landtag werde die einer konstruktiven, aber
       kritischen Opposition sein, kündigte Fraktionschef Zimmermann an: "Wir
       stellen keine Blankoschecks aus." Den rot-grünen Koalitionsvertrag
       bezeichnete er als einen "Schritt in die richtige Richtung". Allerdings sei
       er an vielen Stellen windelweich und unkonkret. Jetzt müssten SPD und Grüne
       beweisen, ob sie tatsächlich zu einem Bruch mit der Politik der
       schwarz-gelben Vorgängerregierung bereit seien. "Die Linke ist kein
       Abnickverein", betonte auf dem Parteitag auch die Bundesvorsitzende Gesine
       Lötzsch. "Wir werden verlässlich Ja sagen, wenn es um mehr soziale
       Gerechtigkeit geht, und genauso verlässlich Nein sagen, wenn das Gegenteil
       der Fall ist."
       
       12 Jul 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
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