# taz.de -- NRW hat neue Regierung: Rot-Grün ist wieder da
       
       > Die Sozialdemokratin Kraft ist neue Ministerpräsidentin und löst
       > Arbeiterführer Rüttgers nach fünf Jahren ab. Die CDU kündigt
       > Fundamentalopposition an.
       
 (IMG) Bild: Zwei die sich mögen: Das neue Frauenduo am Rhein Sylvia Löhrmann und Hannelore Kraft.
       
       DÜSSELDORF taz | Jubel bei SPD und Grünen, Applaus bei der Linkspartei,
       lange Gesichter bei CDU und FDP: Die erste Frau an der Spitze der Regierung
       Nordrhein-Westfalens heißt Hannelore Kraft. Der Düsseldorfer Landtag
       bestimmte die Vorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD in geheimer Wahl
       zur ersten Ministerpräsidentin des größten Bundeslands. Im zweiten Wahlgang
       votierten 90 der 181 Parlamentarier für Kraft. 80 Abgeordnete stimmten
       gegen sie, 11 enthielten sich.
       
       Zur absoluten Mehrheit fehlt dem rot-grünen Bündnis eine Stimme. Im Landtag
       kursierten deshalb Spekulationen über mögliche Abweichler. Geschürt hatte
       dies auch Kraft selbst: Schließlich hatte sie ihr anfängliches Zögern bei
       der Bildung ihrer Minderheitsregierung mit dem Schicksal ihrer
       schleswig-holsteinischen Ministerpräsidentin Heide Simonis begründet, die
       2005 bei ihrer Wiederwahl zur Regierungschefin viermal durchgefallen war.
       
       Doch die Sorge Krafts war unbegründet: Die Sozialdemokratin dürfte von
       allen 90 Parlamentariern von SPD und Grünen gewählt worden sein. Die elf
       Abgeordneten der Linken scheinen sich wie angekündigt enthalten zu haben.
       Und die bei der Landtagswahl im Mai abgewählten ehemaligen
       Regierungsfraktionen von CDU und FDP, die zusammen 80 Sitze stellen, hatten
       schon zuvor klargemacht, sich Kraft mit aller Macht entgegenstemmen zu
       wollen.
       
       Wie erwartet konnte Kraft deshalb nicht bereits im ersten Wahlgang punkten
       - die Landesverfassung sieht hierzu die ihr fehlende absolute Mehrheit
       aller Landtagsabgeordneten, also 91 Stimmen, vor. In der zweiten Runde
       dagegen reichte die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Allerdings
       erfüllten sich auch nicht Befürchtungen, einzelne Christdemokraten könnten
       sich in der Einsamkeit der Wahlkabine aus Machttaktik für die
       Sozialdemokratin entscheiden, um ihr später vorzuwerfen, nur mithilfe der
       Linkspartei in die Staatskanzlei eingezogen zu sein. "Ich nehme die Wahl
       an", sagte Kraft deshalb glücklich. Der seit Mai nur noch amtierende, lange
       Zeit auf sein politisches Comeback spekulierende CDU-Ministerpräsident
       Jürgen Rüttgers ist damit auch faktisch aus dem Amt.
       
       Kraft ist die erste Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalens. Mit der
       Grünen Sylvia Löhrmann, die als Bildungsministerin ins Kabinett einrückt,
       wird heute auch das Amt der stellvertretenden Regierungschefin mit einer
       Frau besetzt. Allerdings bleiben SPD und Grüne auf die Opposition
       angewiesen. Um Gesetze durch den Landtag zu bekommen, muss mindestens ein
       Parlamentarier von CDU, FDP oder Linken mit Rot-Grün stimmen oder müssen
       sich mindestens zwei Abgeordnete der Opposition enthalten.
       
       In ihrer ersten Rede als Ministerpräsidentin warb Kraft deshalb erneut um
       Unterstützung aller drei Oppositionsparteien: "Gegenseitiger Respekt und
       Hochachtung" sollten doch "gute Kompromisse" möglich machen, hofft sie.
       Faktisch wird Kraft aber wohl auf die Unterstützung durch die Linkspartei
       angewiesen sein: Auf Fundamentalopposition setzen Christdemokraten und
       Liberale in Nordrhein-Westfalen.
       
       Keine einzige Stimme werde Rot-Grün von der CDU erhalten, sagte
       Fraktionschef Karl-Josef Laumann bereits und tönt in den Ruhr-Nachrichten:
       "Im Koalitionsvertrag findet sich nichts, was für uns auch nur im
       Entferntesten zustimmungsfähig wäre." Und sein FDP-Pendant Gerhard Papke
       warnt bereits vor einem "Linksbündnis", das NRW mit "Rekordverschuldung,
       Einheitsschulen und Industriefeindlichkeit" schaden werde. Kraft dagegen
       setzt auf Zeit. "Die Wunden der Wahlniederlage" seien noch tief, sagt sie
       mit Blick auf CDU und FDP. "Ich habe noch Hoffnung."
       
       15 Jul 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Wyputta
       
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