# taz.de -- Kommentar zur Minderheitsregierung in NRW: Die Chance der Linken
       
       > "Koalitions- und regierungsunfähig" fand SPD-Chefin Kraft die Linkspartei
       > in NRW noch vor zwei Monaten. Nun kann diese im größten Bundesland SPD
       > und Grüne kritisch, aber konstruktiv begleiten.
       
 (IMG) Bild: Zwei die sich mögen: Das neue Frauenduo am Rhein Sylvia Löhrmann und Hannelore Kraft.
       
       Niemals wollte Hannelore Kraft zusammen mit der Linkspartei regieren.
       "Koalitions- und regierungsunfähig" sei die, verkündete
       Nordrhein-Westfalens SPD-Chefin in ihrem Wahlkampf überall. Ein erstes
       Sondierungsgespräch ließ sie nach wenigen Stunden platzen: Schockiert hatte
       sie, dass manche Linke drohten, selbst gegen Beschlüsse der eigenen
       Regierung auf die Straße zu gehen.
       
       Zwei Monate später ist die Sozialdemokratin auf die Linkspartei angewiesen:
       Zur eigenen Mehrheit fehlt ihrer Regierung im Düsseldorfer Landtag eine
       Stimme. Der neue CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann aber will ihre
       Minderheitsregierung "attackieren und jagen", und sein FDP-Kollege warnt
       bereits vor der drohenden "bürokratischen Staatswirtschaft" unter Rot-Grün.
       
       Für die Linkspartei ist das eine riesige Chance. Sie kann Sozialdemokraten
       und Grüne im größten Bundesland kritisch, aber konstruktiv begleiten. Ihr
       parlamentarisch unerfahrener, selbst in der eigenen Partei als chaotisch
       verbuchter Landesverband könnte nicht nur Politikfähigkeit beweisen: Die
       Linkspartei könnte zudem zeigen, dass die Spaltung der politischen Linken,
       die bei der Bundespräsidentenwahl zu besichtigen war, überwindbar ist.
       Denn: Würde Krafts Düsseldorfer Minderheitsregierung zu einem Erfolgsmodell
       - was spräche dann nach der Bundestagswahl 2013 noch gegen ein
       rot-grün-rotes Bündnis in Berlin? Nichts. Der Sog des Erfolgs in
       Nordrhein-Westfalen wäre einfach zu groß.
       
       Unrealistisch ist das nicht. Schon heute loben führende Linksparteiler
       Krafts Minderheitsmodell als "lebendig" und "ehrlich" - und deuten an, mit
       einer Enthaltung zum Landeshaushalt die erste große Hürde abräumen zu
       wollen. Und mag manchen Abgeordneten der Linkspartei die Einführung der
       Gemeinschaftsschule oder die Abschaffung der Studiengebühren auch nicht
       schnell genug gehen: Verweigern werden sie sich wohl kaum.
       
       Die Skeptiker unter den Sozialdemokraten dagegen stehen unter Druck. Denn
       die Grünen fürchten schon heute, dass sich die SPD doch noch in Richtung
       große Koalition mit der CDU aufmachen könnte - und sprechen sich deshalb
       zumindest unter der Hand dafür aus, sich informell durch die Linkspartei
       tolerieren zu lassen. Das ist Krafts einzige realistische Chance. Doch wenn
       ihr das Kunststück gelingt, wird es weit über Nordrhein-Westfalen hinaus
       ausstrahlen.
       
       11 Jul 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Wyputta
       
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