# taz.de -- Kommentar Somalia: Deutschland im somalischen Sumpf
> Wer den Konflikt am Horn von Afrika lösen will, sollte den Mut haben,
> direkt militärisch einzugreifen – oder ganz die Finger davon lassen.
Polizeikräfte auszubilden, um schwache Staaten zu stärken, ist in den
Krisengebieten der Welt eine Spezialität Deutschlands und der EU. Von
Afghanistan über Liberia bis Kosovo gehört es zum Kernrepertoire ziviler
europäischer Zusammenarbeit. Den deutschen Beitrag zum Aufbau von
Sicherheitskräften für Somalia – Finanzierung von Polizeitraining in
Äthiopien, Ausbildung somalischer Soldaten durch die Bundeswehr in Uganda –
hat Außenminister Guido Westerwelle mehrmals in Afrika gelobt.
Es ist vor diesem Hintergrund mehr als nur ein Skandal, wenn 1.000
somalische Polizisten, die mit deutscher Finanzierung in Äthiopien
ausgebildet wurden, jetzt spurlos verschwunden sind und niemand weiß, was
sie jetzt tun und für wen sie kämpfen. Wenn die Bundesregierung Äthiopien
praktisch als Subunternehmer für eine Trainingsmission einsetzt, muss sie
die Verantwortung für die Folgen übernehmen. Aber offenbar sprach sie diese
Aktion weder mit den zuständigen UN-Stellen ab, noch besorgte sie den
Rücktransport der Rekruten in ihre Heimat. Das Ergebnis: Es wurde mit
deutschem Geld eine 1.000-köpfige somalische Miliz auf die Beine gestellt,
zur freien Verfügung.
Zusammen mit den Unzulänglichkeiten der deutschen Polizeiausbildung in
Afghanistan, die in den letzten Jahren bekannt geworden sind, wirft dieser
Fall grundsätzliche Fragen auf. Ist es wirklich ein Beitrag zum Frieden, in
einem laufenden Konflikt die bewaffneten Kräfte einer Seite aufzubauen,
aufzustocken und aufzurüsten? In einem Friedensprozess, wo es um den Aufbau
rechtsstaatlicher Verhältnisse geht, ist die Ausbildung und Bezahlung
korrekt arbeitender Soldaten und Polizisten ein wichtiger Faktor der
Befriedung und Stabilisierung. In einem Krieg aber kann das Ergebnis nur
sein, den Konflikt anzuheizen und eventuell zu internationalisieren.
Das Ergebnis ist am Horn von Afrika zu beobachten: Somalias Regierung sowie
die auf ihrer Seite stehenden "Friedenstruppen" der Afrikanischen Union
kämpfen mit europäischer Finanzierung, die islamistischen Milizen bekommen
im Gegenzug Schützenhilfe von al-Qaida. Europa bezahlt Afrikaner dafür, in
Somalia zu töten und zu sterben. Wer an den Kräfteverhältnissen dort
wirklich etwas ändern will, sollte schon den Mut haben, direkt militärisch
einzugreifen. Wer diesen Mut nicht besitzt, sollte von dem Land die Finger
lassen.
30 Jul 2010
## AUTOREN
(DIR) Dominic Johnson
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