# taz.de -- Haushaltsdebatte zum EU-Stabilitätspakt: Merkel verteidigt ihren Deal
       
       > Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt sich bei der Haushaltsdebatte
       > streitlustig. Sie will Defizitsündern das Stimmrecht entziehen, doch dazu
       > müssten EU-Verträge geändert werden.
       
 (IMG) Bild: Zwei, die sich einig sind: Angela Merkel und Nicolas Sarkozy.
       
       BERLIN taz / dapd | Angela Merkel war, wie schon bei der Haushaltsdebatte,
       ziemlich streitlustig. Und redete gleich zehn Minuten länger als geplant.
       Vizekanzler Guido Westerwelle hatte intern ihren Kurs beim
       EU-Stabilitätspakt als zu weich kritisiert. Andere EU-Staaten halten
       Merkels Kurs, Defizitsündern künftig das Stimmrecht in der EU zu entziehen,
       hingegen für nicht akzeptabel. Doch Merkel schien das nicht anzufechten.
       
       Sie verteidigte ihre Vereinbarung in Deauville mit Frankreichs Präsident
       Sarkozy in Sachen EU-Stabilitätspakt mit den Worten: "Eine
       deutsch-französische Einigung ist noch nicht alles in Europa. Aber: Ohne
       eine deutsch-französische Einigung wird vieles nichts." Deutschland und
       Frankreich hätten "gemeinsam die Führung übernommen" und den Weg zu einem
       Konsens beim EU-Gipfel in Brüssel geebnet.
       
       Laut dem deutsch-französischen Plan sollen Sanktionen gegen Defizitsünder
       in der EU schneller greifen. Außerdem, so Merkel, könnten künftig auch
       Staaten mit hohen Gesamtschulden belangt werden - und nicht nur solche, die
       die jährliche Verschuldungsmarge von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts
       überschreiten. Zudem werde es Sanktionen gegen EU-Staaten geben, die ihre
       Wettbewerbsfähigkeit verschlechterten.
       
       Das Zwangsinstrument gegen Defizitsünder soll künftig der Entzug des
       Stimmrechts in der EU sein, falls die betreffenden Regierungen nicht tun,
       was die EU will. Weil Finanzsanktionen bei hochverschuldeten Staaten wenig
       Sinn machten, sei es besser, so Merkel, "politisch spürbare" Strafen wie
       den Stimmrechtsentzug zu verhängen. Damit erhalte der Stabilitätspakt,
       glaubt Merkel, deutlich mehr Biss. Die politischen Hürden für Sanktionen
       würden deutlich gesenkt.
       
       Die Bundeskanzlerin betonte, Deutschland wolle bis spätestens Sommer 2013
       einen neuen, robusten und rechtlich unangreifbaren
       "Krisenbewältigungsrahmen" fest in den EU-Verträgen verankern. Die
       Alternative, nämlich die bloße Verlängerung der dann auslaufenden Nothilfe
       für Athen, sei nicht akzeptabel, denn der im Frühjahr aufgespannte
       Rettungsschirm sei nur provisorisch und auf den Einzelfall zugeschnitten.
       "Eine einfache Verlängerung kann und wird es mit Deutschland nicht geben",
       betonte Merkel.
       
       Allerdings müssen dafür die europäischen Verträge geändert werden. "Ich
       mache mir da keine Illusionen: Das wird schwer genug", sagte Merkel.
       
       Das ist eher untertrieben. Vor allem die Idee, Defizitsündern künftig das
       Stimmrecht in der EU zu entziehen, stößt auf Widerstand. Der luxemburgische
       Ministerpräsident Jean-Claude Juncker schloss am Mittwoch schon mal
       definitiv aus, dass es "Stimmrechtsentzug für Haushaltssünder" geben wird.
       
       SPD-Fraktionschef Frank Walter Steinmeier hielt am Mittwoch seine erste
       Rede im Parlament nach seiner Nierentransplantation. Er holte weit aus, so
       verteidigte er nochmals die Enthaltung der SPD im Bundestag bei der
       Bewilligung des Rettungsschirmes für Griechenland im Frühjahr. Die Einigung
       mit dem französischen Präsidenten in Deauville bezeichnete er als
       "Kuhhandel", mit dem Deutschland halb Europa gegen sich aufbringe. Merkel
       habe damit die "Lage für die Einigung in Europa schwerer gemacht", sagte
       der frühere Außenminister.
       
       Merkel und Sarkozy hatten sich in Deauville auf neue Spielregeln in der
       Eurozone verständigt und damit die übrigen EU-Länder vor vollendete
       Tatsachen gestellt.
       
       Ähnlich klang auch die Kritik der Grünen-Fraktionschefin Renate Künast.
       Merkel habe sich wie eine "europapolitische Novizin" aufgeführt und
       dilettantisch angestellt. Durch ihre "Kehrtwende um 180 Grad" beim Treffen
       mit dem französischen Präsidenten Sarkozy habe Merkel vor allem viele
       kleinere EU-Mitglieder "auf die Palme gebracht". Statt Europa
       zusammenzuhalten, beschädige sie das Ansehen Deutschlands.
       
       Es gibt in der EU ohnehin viel Kritik an Deutschland. Die Merkel-Regierung
       spare zu viel, heißt es anderswo, die deutsche Wirtschaft exportiere zu
       viel - zum Schaden anderer krisengebeutelter EU-Staaten. Die als Affront
       empfundene Absprache mit Sarkozy sorgt weiter für Missstimmung. Der
       EU-Gipfel in Brüssel beginnt heute.
       
       27 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
       
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