# taz.de -- Bilanz nach sechs Monaten iPad: Plunder- oder Wunderflunder?
       
       > Apples iPad sollte den Genuss von Inhalten im Netz revolutionieren, in
       > die Zukunft der IT-Geräte weisen und nebenher die Verlagswelt retten.
       > Geklappt hat das bisher nicht.
       
 (IMG) Bild: „... kann es, äh, auch Politik?“ - Bundesforschungsministerin Annette Schavan mit einem iPad.
       
       Großbritannien ist das iPad zu teuer. Nach einer [1][aktuellen Studie] des
       Preisvergleichsportals Broadbandgenie würden die meisten Inselbewohner die
       notwendigen 400 Pfund (500 Euro) für das Einstiegsgerät nicht bezahlen. „Es
       gibt eine klare Botschaft der britischen Konsumenten: Obwohl sie die Idee
       eines Tablets mögen, wollen sie dafür nicht zu viel bezahlen“, sagt
       Chefredakteur Chris Marling.
       
       In Deutschland und in den USA will unterdessen der [2][ein] oder
       [3][andere] Blogger sein lange ersehntes iPad wieder zurückgeben. Ein Flop
       ist das iPad jedoch keineswegs. Ein halbes Jahr nach dem Start verkauft
       Apple noch immer rund 40.000 Geräte pro Tag. Zeit für eine
       nüchtern-rationelle Betrachtung der Stärken und Schwächen des Geräts.
       
       Fangen wir einfach mal beim Aussehen und bei der Hardware an. Das iPad ist,
       typisch Apple, elegant, mit Aluminium hinten und Glas vorne. Nichts an dem
       Gerät ist überflüssig, alles ist aufs Wesentliche reduziert. Dennoch ist
       die Hardware keineswegs perfekt. 730 Gramm wiegt beispielsweise das
       UMTS-Modell und ist damit auf Dauer zu schwer, um es in einer Hand halten
       zu können. Kein Wunder, dass clevere Zubehörhersteller mittlerweile sogar
       [4][Hüllen mit Handriemen] verkaufen. Auch könnte das Tablet etwas flacher
       sein.
       
       Nach halbjähriger Benutzung fällt der Bildschirm ebenfalls negativ auf.
       Zwar ist er im Gegensatz zu manchem [5][Konkurrenten] hell und gut
       ausgeleuchtet. Auch die Farben sind kräftig. Aber die Auflösung,
       insbesondere die Pixeldichte, könnte besser sein. Apple weiß sogar, wie das
       geht. Beim iPhone 4 wird ein sogenanntes Retina-Display eingesetzt, das 326
       Bildpunkte pro Zoll (ppi) erreicht. Die Pixeldichte des iPad liegt bei
       weniger als der Hälfte.
       
       Das bedeutet, dass man einzelne Bildpunkte sieht, während es beim iPhone 4
       fast wirkt, als lese man gedruckten Text. An [6][Amazons Kindle] mit seinem
       papierähnlichen Bildschirm kommt das Retina-Display noch nicht heran, dafür
       ist er aber nur einfarbig.
       
       Problematisch bleibt beim iPad auch die richtige Lese- beziehungsweise
       Tipphaltung. Das Gerät neigt dazu, dem Nutzer vom Bauch zu rutschen, wo es
       wegen seines Gewichts nach einiger Zeit gerne landet. So wird die Benutzung
       im Flugzeug zum idealen iPad-Umfeld: auf dem Klapptisch kann man das Gerät
       gut positionieren und an den Vordersitz anlehnen.
       
       Tippen lässt es sich am besten im Porträtmodus, aallerdings nur
       schrittweise, weil der Bildschirm für eine Doppeldaumenbedienung zu breit
       ist. Apples [7][Keyboard Dock], eine Ladestation mit eingebauter Tastatur,
       wirkt überflüssig. Wenn man ein Hardware-Keyboard wollte, hätte man gleich
       ein Notebook kaufen können und kein Tablet.
       
       Für viele wichtiger als die Hardware ist das, was man mit dem iPad
       anstellen kann. Dabei stechen vor allem Programme zum Konsum
       umfangreicherer Text-Inhalte hervor. [8][Instapaper], eine App, mit der man
       lange Web-Geschichten auch offline lesen kann (wozu man sonst nie kommt),
       gehört zu den Highlights. Ebenso Amazons [9][Kindle-E-Book-Leseprogramm]
       (wobei es hier vor allem englischsprachige Literatur gibt) und
       [10][Flipboard], das Neuigkeiten aus den verschiedenen Rubriken und vor
       allem von Twitter- und Facebook-Bekannten aggregiert.
       
       Weniger überzeugend sind häufig Apps der Verlage. Die USA sind hier noch
       recht gut - gelungen sind etwa die Anwendungen des [11][“New Yorker“] und
       die des Technologie-Magazins [12]["Wired“]. Auch dort fehlen oft wichtige
       Bestandteile, die man von den Webseiten kennt, etwa die Anbindung nach
       außen, die selten über eine Sharing-Funktion bei Facebook hinausgeht. Das
       multimediale Element, das gerne hervorgehoben wird, ist kaum mehr als eine
       Spielerei, hinzu kommen technische Probleme. So nimmt die „Wired“-App, weil
       sie im Grunde nur aus Bildern einzelner Seiten besteht, einen mittelgroßen
       dreistelligen Megabyte-Speicherplatz in Anspruch. Wer das kleinste (und
       günstigste) iPad mit 16 GB besitzt, hat auf seinem Gerät schnell keinen
       Platz mehr.
       
       Die deutschen Verleger bemühen sich redlich, doch vom Hocker hauen einen
       die Angebote nicht. In Springers „iKiosk“ bekommt man vor allem
       PDF-Versionen von Print-Zeitungen zu sehen, bei der ansonsten gelungenen
       App der „Frankfurter Rundschau“ hakt es manchmal beim Umblättern. Beim
       iPad-"Spiegel“ ärgert man sich schnell über den gelegentlich merkwürdigen
       Textsatz und die Bilder, die man mühsam großklicken muss. Es scheint, als
       sei noch immer nicht das Format gefunden worden, mit dem Print-Inhalte
       digital präsentiert werden können.
       
       Als unproblematisch erweist sich die Abwesenheit der Multimedia-Technik
       Flash, mit der nach wie vor viele Videos und Online-Spiele im Netz
       dargestellt werden. Vor und kurz nach dem Start des iPad wurde viel darüber
       lamentiert, weil Apples Chef Steve Jobs meinte, Flash würde das System
       ausbremsen und Batterieleistung kosten. Andere Tablets mit Googles
       Betriebssystem Android, die in diesen Tagen erstmals [13][in größerer
       Stückzahl] verfügbar sind, arbeiten mit Flash.
       
       Der Verzicht auf Flash beim iPad ist auch deswegen halb so schlimm, weil
       einige große Webangebote wie YouTube und Vimeo inzwischen auf HTML5-Video
       umgestellt haben - ein Format, das auf dem Gerät funktioniert. Und auf
       Flash-basierte Spiele kann durchaus verzichten, wer einmal das [14][viel zu
       große] Angebot im App Store gesichtet hat.
       
       15 Nov 2010
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.cellular-news.com/story/46393.php
 (DIR) [2] http://www.businessinsider.com/henry-blodget-jeff-jarvis-is-returning-his-ipad-2010-4
 (DIR) [3] http://www.spreeblick.com/2010/10/28/warum-ich-mein-ipad-verkauft-habe/
 (DIR) [4] http://system.netsuite.com/core/media/media.nl?id=30259&c=631249&h=fe4ca4c9145bdf283abd
 (DIR) [5] http://de.wikipedia.org/wiki/WeTab#Rezeption
 (DIR) [6] http://www.amazon.com/kindle/
 (DIR) [7] http://store.apple.com/us/product/MC533LL/B
 (DIR) [8] http://www.instapaper.com/
 (DIR) [9] http://www.amazon.com/gp/kindle/ipad
 (DIR) [10] http://www.flipboard.com/
 (DIR) [11] http://www.newyorker.com/online/blogs/newsdesk/2010/09/jason-schwartzman-ipad-video.html
 (DIR) [12] http://www.wired.com/magazine/ipad/
 (DIR) [13] http://www.samsung.de/de/Privatkunden/Mobil/Mobiltelefone/Business/samsunggalaxytab/GT-P1000CWADBT/detail.aspx
 (DIR) [14] http://en.wikipedia.org/wiki/Apple_App_Store
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ben Schwan
       
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