# taz.de -- Siedlungs-Moratorium in Israel läuft aus: USA fordern keinen Baustopp mehr
> Rückschlag für den Friedensprozess: Die USA verzichten auf einen
> 90-tägigen Stopp des Siedlungsbaus. Israels Verteidigungsminister äußerte
> sich pessimistisch über die Verhandlungen.
(IMG) Bild: Jüdische Siedlung Givat Zeev bei Jerusalem.
JERUSALEM/WASHINGTON/RAMALLAH dpa/afp | Die USA wollen nach Presseberichten
nicht länger versuchen, Israel zu einem 90-tägigen Siedlungsstopp im
Westjordanland zu bewegen. Wie amerikanische und israelische Zeitungen in
der Nacht zum Mittwoch übereinstimmend berichteten, seien entsprechende
Gespräche aufgegeben worden.
Die Regierung von Präsident Barack Obama hatte Israel zur Wiederbelebung
der Friedensgespräche mit den Palästinensern Mitte November umfangreiche
Hilfen im Gegenzug für ein Siedlungsmoratorium in Aussicht gestellt.
Nach drei Wochen fruchtloser Verhandlungen habe Washington sich jetzt zur
Einstellung der Bemühungen entschieden, weil auch eine 90-tägige Frist
keine von den USA erhofften Fortschritte in Kernfragen erbracht hätte,
berichtete die New York Times online. "Es gab zu unterschiedliche
Erwartungen über die Bedingungen des Moratoriums, die zu besprechenden
Themen während des Moratoriums und was passieren soll, wenn das Moratorium
ausläuft", zitierte das Blatt einen namentlich nicht genannten
Regierungsbeamten.
Die Verhandlungen mit beiden Seiten hätten gezeigt, dass auch ein neues
Moratorium keine Grundlage für ein Rahmenabkommen zwischen Israelis und
Palästinensern gebildet hätte, berichtete auch die Jerusalem Post. Die
Vermittlungsbemühungen der USA müssen zurück aufs Reißbrett, schrieb das
Blatt.
Ein US-Regierungsvertreter habe angekündigt, dass sich Washington "in den
kommenden Tagen und Wochen" mit beiden Seiten und anderen Ländern in der
Region über "substanzielle Kernfragen" abstimmen wolle.
Bereits in den nächsten Tagen würden palästinensische und israelische
Unterhändler nach Washington reisen. Ob es in der US-Hauptstadt auch zu
direkten Gesprächen kommen könnte, habe der US- Vertreter nicht gesagt.
Laut Jerusalem Post wird von israelischer Seite wohl der Chefunterhändler
von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, Jizchak Molcho, nach Washington
reisen.
Laut New York Times war zunächst nichts über einen "Plan B" der
Obama-Regierung bekannt. Möglicherweise werde Außenministerin Hillary
Clinton an diesem Freitag in einer Rede am Brookings-Institut einen neuen
amerikanischen Vorschlag unterbreiten, schrieb das Blatt.
Israels Verteidigungsminister Ehud Barak hat sich ingesamt pessimistisch zu
dem Friedensprozess geäußert. "Die Verhandlungen sind momentan total
blockiert", erklärte er in Jerusalem. "Die Amerikaner sind viel zu
beschäftigt mit Nordkorea und den Enthüllungen von Wikileaks", so Barak.
Israel hatte erst vorige Woche bekanntgeben, trotz aller internationaler
Proteste weitere Wohnungen im arabischen Ostteil Jerusalems bauen zu
wollen. Das Innenministerium habe den Bau von 625 neue Wohnungen in der
Siedlung Pisgat Zeev genehmigt, berichtete der israelische Rundfunk. Zuvor
war bereits der Bau von 130 neuen Wohnungen im Stadtteil Gilo beschlossen
worden.
Ostjerusalem ist mehrheitlich von Arabern bewohnt. Die Palästinenser wollen
dort die Hauptstadt ihres unabhängigen Staates ausrufen. Die von den USA
vermittelte jüngste Runde der Friedensgespräche war nach Auslaufen eines
israelischen Siedlungsmoratoriums am 26. September wieder abgebrochen
worden. Die Palästinenser fordern sowohl im Westjordanland als auch in
Ostjerusalem einen völligen Baustopp.
Nach dem Einlenken der USA haben die Palästinenser die israelische
Regierung scharf kritisiert. "Indem Israel den USA keine klare Antwort
gegeben hat, hat es ein Baumoratorium zurückgewiesen und damit auch die
Chance auf Frieden in der Region", sagte ein palästinensischer
Regierungsvertreter, der anonym bleiben wollte. Kurz zuvor hatten die USA
im Streit um den Bau neuer Siedlungen in den Palästinensergebieten
nachgegeben und waren von ihrer Forderung nach einem neuen Baumoratorium
abgerückt.
Für ein neues Moratorium hatte Washington der israelischen Regierung neben
umfangreichen Sicherheitsgarantien auch Unterstützung im
Weltsicherheitsrat, etwa bei nicht genehmen Resolutionen, und die Lieferung
von 20 F-35-Kampfflugzeugen im Wert von rund drei Milliarden Dollar
angeboten.
8 Dec 2010
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