# taz.de -- Palästinensischer Regierungschef zu Nahost: "Der Prozess darf nicht einschlafen"
       
       > Der palästinensische Regierungschef Salam Fajad spricht im Interview über
       > Müdigkeit, Israels Besatzung und die Chancen des Friedensprozesses.
       
 (IMG) Bild: Bedrohliche Entwicklung: Bauarbeiten im Westjordanland.
       
       taz: Die USA sind von der Forderung nach einem 90-tägigen Stopp des
       israelischen Siedlungsbaus im Westjordanland abgerückt. Glauben Sie noch an
       den Friedensprozess? 
       
       Salam Fajad: Der politische Prozess darf nicht einschlafen. Das ist in
       unserem Interesse, aber auch im Interesse der Welt. Sein Scheitern würde
       die Region in ein Chaos stürzen.
       
       Sie sind mit dem Versprechen angetreten, 2011 einen unabhängigen
       Palästinenserstaat vorzubereiten. Haben Sie noch Hoffnung? 
       
       Ich gebe zu, ich bin müde und frustriert. Die internationale Gemeinschaft
       unterstützt zwar unseren Ansatz, die Institutionen eines künftigen Staates
       aufzubauen, aber in den Gesprächen mit Israel lassen uns die USA und Europa
       im Stich. Sie tun nichts dagegen, dass unser Land immer mehr bebaut wird
       oder radikale Siedler unsere Felder zerstören.
       
       Was erwarten Sie von der internationalen Gemeinschaft? 
       
       Immer wieder versichern Staatsmänner in aller Welt, dass sie hinter einer
       Zweistaatenlösung stehen. Wenn sie es ernst meinen, dann sollten sie
       endlich den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu fragen, was
       er denn meint , wenn er von einem palästinensischen Staat spricht, und
       gleichzeitig Siedlungen und Straßen baut und seine Armee unsere
       Anstrengungen behindert, unserer Bevölkerung zu helfen.
       
       Meinen Sie die Mauer und die Checkpoints? 
       
       Sicher, aber das ist nicht alles. Wir haben zum Beispiel mit 330.000 Dollar
       internationaler Hilfe eine Straße zwischen zwei Dörfern gebaut, um das
       Leben der Menschen dort zu erleichtern. Die israelische Armee hat sie vor
       zwei Wochen zerstört.
       
       Mit welcher Begründung? 
       
       Die Straße läge in einem Gebiet, das noch zu hundert Prozent unter
       israelischer Kontrolle stehe. Das mag sein, nur sieht das Abkommen von Oslo
       vor, dass auch dieses Gebiet zu einem künftigen palästinensischen Staat
       gehören soll. So etwas zeigt, dass Israel die Besatzung offenbar nicht
       beenden will. Dazu passt, dass zwar noch viele Menschen in Israel für einen
       unabhängigen palästinensischen Staat sind, aber nicht mehr glauben, dass es
       ihn je geben wird. Sie wissen offenbar besser als westliche Politiker, dass
       ihre Regierung auf unserem Boden andere Tatsachen schafft.
       
       Werden Sie die Verhandlungen beenden? 
       
       Wir werden keinen Staat akzeptieren, der uns nur ein paar Reste lässt,
       keinen Staat, der nicht lebensfähig ist. Trotzdem werden wir nicht jammern,
       sondern weiter hart daran arbeiten, dass unsere Verwaltung und unsere
       Institutionen bald so weit sein werden, einen Staat zu leiten.
       
       Gehen die Gespräche weiter? 
       
       Wir wollen, dass die Staatengemeinschaft Israel endlich Fragen stellt, ob
       es die Besatzung beenden will und wirklich einen palästinensischen Staat
       akzeptiert.
       
       13 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Asmuth
       
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