# taz.de -- Parteienforscher über Guido Westerwelle: "Er ist nicht lernfähig genug"
       
       > Um seiner Partei zu nutzen, muss Guido Westerwelle den Vorsitz aufgeben,
       > sagt Parteienforscher Ulrich von Alemann. Er sieht drei mögliche
       > Nachfolger.
       
 (IMG) Bild: "Die hermetische Abgeschlossenheit gegenüber der Außenwelt ist sein größter Fehler."
       
       taz: Herr von Alemann, kann Guido Westerwelle seine Partei retten, indem er
       das Amt des Vorsitzenden aufgibt? 
       
       Ulrich von Alemann: Er würde seiner Partei nutzen, wenn er es aufgibt.
       Inzwischen ist die Angst, dass die FDP bald in einigen Landtagen nicht mehr
       vertreten sein wird, so groß, dass sich in der Partei Panik breitmacht. Der
       Ruf nach dem Rücktritt wird immer lauter werden.
       
       Was wäre ein guter Termin? 
       
       Auf dem normalen Parteitag im Mai wird turnusgemäß die Spitze gewählt. Wenn
       Westerwelle ankündigt, nicht mehr anzutreten, könnte er sein Gesicht
       wahren. Aber vorher sind die wichtigen Landtagswahlen unter anderem in
       Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz, bei der es um die Existenz der
       FDP in den Landtagen geht. Trotzdem gehe ich nicht davon aus, dass er
       freiwillig gehen wird.
       
       Kommt es dann zum Putsch? 
       
       Nicht vor den Landtagswahlen.
       
       Wer könnte auf Westerwelle folgen? 
       
       Es gibt drei Kandidaten: Wirtschaftsminister Brüderle als Elder Statesman,
       der Übergangsvorsitzender werden könnte, oder einer von den beiden Jungen:
       Generalsekretär Lindner oder Gesundheitsminister Rösler. Rösler halte ich
       allerdings eher für unwahrscheinlich.
       
       Lindner ist noch sehr jung, Brüderle alt und wenig profiliert. 
       
       Es gibt aber keinen anderen Kandidaten, das Reservoir an
       Führungspersönlichkeiten ist in der FDP - wie in allen Parteien - sehr
       übersichtlich. Brüderle ist ja immer als provinziell verspottet worden,
       aber in den letzten Monaten hat er sich in der Bundesregierung als stabiler
       Anker erwiesen. Das hat ihm Sympathien eingebracht. Viele wollen jetzt vor
       allem Verlässlichkeit.
       
       Was war Westerwelles größter Fehler? 
       
       Die hermetische Abgeschlossenheit gegenüber der Außenwelt ist sein größter
       Fehler. Er hat Kritik nicht wahrgenommen und total unterschätzt. Und er ist
       nicht lernfähig genug. Erst heute hat er in einem Interview gesagt: Wir
       müssen mehr über unsere Erfolge reden. Aber es gibt gerade keine Erfolge.
       Und er sagt auch: Wir dürfen uns nicht von unserem Kurs abbringen lassen.
       Dabei muss die FDP dringend über ihren Kurs nachdenken.
       
       Warum ist der Mann eigentlich so unbeliebt? Jeder Außenminister vor ihm
       hatte hohe Beliebtheitswerte. 
       
       Das liegt an der Schärfe seiner politischen Rhetorik, an seiner
       Angriffssprache und seiner großen Ich-Bezogenheit. Er strahlt aus: Ich bin
       die FDP - und das fällt jetzt auf ihn zurück.
       
       Welche Rolle spielt die inhaltliche Aufstellung der FDP? 
       
       Die Engführung der FDP auf die Themen Steuersenkungen und Wirtschaft
       schadet der Partei sehr. Sie braucht auch den linksliberalen Flügel, und
       der ist unter Westerwelle verkümmert.
       
       Könnten Brüderle oder Lindner eine Öffnung diesem Flügel gegenüber
       glaubhaft verkörpern? 
       
       Ja, beide. Brüderle hat ja Erfahrung mit einer SPD-FDP-Koalition in
       Rheinland-Pfalz, und auch Lindner hat immer Aufgeschlossenheit
       signalisiert.
       
       Die Sarrazin-Debatte hat gezeigt, dass es in Deutschland Potenzial für eine
       rechtspopulistische Partei gibt. Wird die FDP versuchen, da Stimmen zu
       gewinnen? 
       
       Das glaube ich nicht. Die FDP ist ja mit einer solchen Strategie Anfang des
       Jahrtausends schon mal schwer auf den Hosenboden gefallen. Möllemann ist
       mit seinen antisemitischen Untertönen total gescheitert. Bislang hat es auf
       Bundesebene keine Partei geschafft, aus Rechtspopulismus Kapital zu
       schlagen.
       
       Wird sich die FDP aus ihrer Krise dauerhaft erholen? 
       
       Sicher. Die FDP ist nicht vom Untergang bedroht. Wenn sie beide Richtungen
       zusammenführt, kann sie langfristig wieder an 10 Prozent herankommen.
       
       19 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sabine am Orde
       
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