# taz.de -- Marieluise Beck über Weissrussland: "Die Zivilgesellschaft stärken"
       
       > Die EU muss Wahlfälschungen und Menschenrechtsverletzungen thematisieren,
       > ohne Weißrussland in die Arme Russlands zu treiben, meint die
       > Grünen-Politikerin Marieluise Beck.
       
 (IMG) Bild: "Jetzt glaubt Staatspräsident Alexander Lukaschenko wohl, für seinen Kurs wieder Unterstützung von Russland zu haben" - obwohl: Der Diktator wartet ab und trinkt erstmal Tee.
       
       taz: Frau Beck, die OSZE hat Unregelmäßigkeiten bei der Wahl in
       Weißrussland kritisiert. Waren diejenigen, die bereits Anzeichen einer
       Liberalisierung sahen, zu voreilig? 
       
       Marieluise Beck: Der Westen war überaus bemüht, sich selbst Mut
       zuzusprechen, und sah die Verhältnisse in hellerem Licht, als es den
       Tatsachen entsprach. Man erinnere nur an die Pikanterie, dass bei der
       Eröffnung der Östlichen Partnerschaft alle hofften, Präsident Lukaschenko
       möge nicht erscheinen.
       
       Das Regime hat Proteste gegen das Wahlergebnis niedergeschlagen. Mehrere
       Präsidentschaftskandidaten und Journalisten wurden festgenommen, einige
       schwer verletzt. Haben Sie mit einer derart harten Reaktion gerechnet? 
       
       Ich bin erschüttert, damit habe ich überhaupt nicht gerechnet. Denn im
       Vorfeld der Wahlen deutete doch vieles darauf hin, dass sich in
       Weißrussland etwas bewegt und sich das Regime etwas liberalisiert.
       
       Was könnte eine Erklärung für dieses Vorgehen sein? 
       
       Da kann ich nur mutmaßen. Die Beziehungen zwischen Moskau und Minsk hatten
       sich ja etwas abgekühlt. Jetzt glaubt Staatspräsident Alexander Lukaschenko
       wohl, für seinen Kurs wieder Unterstützung von Russland zu haben. Und
       Moskau ist ja sowieso gerade dabei, sein nahes Ausland, das heißt die
       ehemaligen Sowjetrepubliken, wieder einzusammeln.
       
       Wie sollte sich die EU jetzt verhalten? 
       
       Wir stecken in einem Dilemma. Jetzt böte sich eine scharfe Antwort an. So
       könnte zum Beispiel die Mitgliedschaft Weißrusslands in der Östlichen
       Partnerschaft ausgesetzt werden.
       
       Sie meinen das Projekt, mit dem die Europäische Union die sechs
       osteuropäischen Länder Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldau, die
       Ukraine und Weißrussland an die EU heranführen will. 
       
       Richtig. Andererseits würde dadurch Lukaschenko wieder in die Arme Moskaus
       getrieben, was ihm zupasskäme, da er sich eigentlich dem Westen nicht
       öffnen will. Auf jeden Fall denke ich aber, dass die Östliche Partnerschaft
       in dieser Form nicht weitergeführt werden kann. Ungeachtet dessen muss aber
       die Zivilgesellschaft in Weißrussland stärker unterstützt werden.
       
       Wie könnte das aussehen? 
       
       Das Visaregime gegenüber Weißrussland muss liberalisiert werden. Die
       jetzige restriktive Politik der EU trifft die Falschen. Denn sie hilft dem
       Diktator, die Weißrussen einzusperren, was er ja will. In Weißrussland
       stehen die Medien, bis auf wenige Ausnahmen, unter staatlicher Kontrolle.
       Deshalb ist ein weiterer zentraler Punkt, die Menschen von außen mit
       Informationen zu versorgen. Dafür müssen alle Möglichkeiten genutzt werden.
       
       INTERVIEW: BARBARA OERTEL
       
       20 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Oertel
       
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