# taz.de -- Verdeckter Ermittler vom LKA: Heidelberger linke Szene ausgespäht
       
       > Ein Polizist des LKA sammelte, getarnt als Student, in Heidelberg
       > Informationen über legale linke Gruppen. Beim SDS, beim NoBorder-Camp –
       > er galt als "sehr hilfsbereit".
       
 (IMG) Bild: Bildungsstreik an der Uni Heidelberg im Sommer 2009.
       
       FREIBURG taz | Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg (LKA) hat monatelang
       linke und studentische Gruppen in Heidelberg ausspioniert. Ein verdeckter
       Ermittler des LKA wurde vor wenigen Tagen enttarnt. Das von Heribert Rech
       (CDU) geführte Stuttgarter Innenministerium wollte den Vorgang bisher nicht
       kommentieren.
       
       Der junge Mann nannte sich Simon Brenner, tauchte im November 2009 erstmals
       in Heidelberg auf. Ein gut aussehender, freundlicher Typ, mit langen
       blonden Haaren und buschigen Koteletten. Er schrieb sich für Ethnologie und
       Soziologie ein und begann sich in der linken Szene umzuschauen - so wie es
       viele Erstsemester tun, die neu in eine fremde Stadt kommen.
       
       Zunächst war Brenner beim SDS, der Studentengruppe der Linkspartei, aktiv,
       ab Mai wechselte er dann zur Kritischen Initiative (KI), die sich mit
       Bildungspolitik beschäftigt. Aktiv war er aber auch bei der
       KlimaAktionsgruppe, er fuhr mit zum NoBorder-Camp nach Brüssel und nahm an
       vielen Demos teil. Heidelberger Aktivisten schildern ihn als "sehr
       hilfsbereit". Kurz vor seiner Enttarnung habe er noch eine "Critical
       mass"-Fahrraddemo organisiert. "Niemand hatte einen Verdacht gegen ihn",
       sagt Matthias Richter von der KI.
       
       Aufgeflogen ist Brenner aus purem Zufall. Im August diesen Jahres war er
       mit Freunden im Urlaub in Südfrankreich. Dort wurde auch offen darüber
       gesprochen, dass er Polizist ist. Mit dabei war eine Frau, die aus
       Heidelberg stammt und gelegentlich dorthin zurückkehrt. Vor zehn Tagen
       begegnete sie Brenner bei einer privaten Feier in Heidelberg und sprach ihn
       an. Er nahm sie beiseite und bat, ihn nicht zu verraten. Sie aber
       berichtete ihren Freunden von dem Vorfall.
       
       Am nächsten Tag wurde Brenner unter einem Vorwand in eine Bar gelockt und
       von mehreren KI-Mitgliedern mit dem Vorwurf konfrontiert, ein Spitzel zu
       sein. Schnell gab er zu, dass er Polizist ist und vor seinem Einsatz eine
       Spezialausbildung als verdeckter Ermittler erhalten hat. Mehrmals im Monat
       habe er Beamten des Heidelberger Staatsschutzes über seine Erfahrungen in
       der Heidelberger Szene berichtet. Der Einsatz sei aber auf Jahre hin
       angelegt gewesen. Eigentliches Ziel sei die Heidelberger Antifa-Szene
       gewesen, zu der er bisher aber noch keinen Zugang gefunden habe.
       
       "Ich wüsste nicht, welche Straftaten hier aufgeklärt oder verhindert werden
       sollten", sagte Michael Csaszkóczy von der Antifaschistischen Initiative
       Heidelberg. Möglicherweise sei der Hinweis auf die Antifa nur vorgeschoben.
       
       Andere Angaben Brenners haben sich jedoch als stimmig erwiesen. So habe er
       bei einem Protest gegen ein sogenanntes Heldengedenken erhöhten
       Polizeischutz angefordert, weil er von Plänen für "Aktionen" gehört hatte.
       Bei einem Bekannten veranlasste er sogar eine Hausdurchsuchung, nachdem er
       dort verdächtige Chemikalien gesehen hatte.
       
       Die Grünen im Landtag haben inzwischen angefragt, wie der Einsatz des
       verdeckten Ermittlers begründet wird.
       
       Nach der Strafprozessordnung dürfen geheim ermittelnde Polizisten nur zur
       Aufklärung erheblicher Straftaten eingesetzt werden. Daneben ermöglicht das
       Landespolizeigesetz den präventiven Einsatz verdeckter Ermittler auch gegen
       "Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig
       Straftaten begehen". Michael Csaszkóczy ist sich sicher: "Dieser Einsatz
       zur Ausforschung einer legalen politischen Szene war offensichtlich
       rechtswidrig."
       
       22 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
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