# taz.de -- Krise an der Elfenbeinküste spitzt sich zu: Ouattara setzt auf Westafrika
       
       > Der Generalstreik ist zwar ausgefallen, doch Wahlsieger Ouattara setzt
       > auf die ökonomische Macht. Die Zentralbank von Westafrika hat die
       > ivorischen Konten bereits umgeschrieben.
       
 (IMG) Bild: Schützen das Hauptquartier Ouattaras: UN-Truppen vor dem Golf-Hotel.
       
       Die Konfrontation in der Elfenbeinküste zwischen dem Sieger der
       Präsidentenwahl vom 28. November, Alassane Ouattara, und dem an der Macht
       klebenden Amtsinhaber Laurent Gbagbo nimmt an Schärfe zu. Nachdem Ouattara
       und seine Regierung breite internationale Anerkennung gewonnen haben und
       Gbagbo diplomatisch in die Enge treiben, treten sie nun auch im Land selbst
       wieder in Aktion: Seit dem gestrigen Montag ruft Ouattaras Parteienbündnis
       die Ivorer zum Generalstreik auf, der bis zu Gbagbos Rücktritt andauern
       soll. "Operation Geisterstadt" nennen sie die Aktion.
       
       Die Straßen im Zentrum der Drei-Millionen-Metropole Abidjan sahen gestern
       laut Augenzeugen allerdings belebt aus wie immer. Einen Tag nicht zur
       Arbeit zu gehen bedeutet in afrikanischen Großstädten, einen Tag nichts zu
       essen zu haben. Außerdem sind die Machtverhältnisse in Abidjan klar. Hier
       herrscht Gbagbo.
       
       Seine Sicherheitskräfte kontrollieren die Stadt und jagen vor allem nachts
       Ouattara-Sympathisanten; letzte Woche zählte das
       UN-Menschenrechtskommissariat bereits 173 Tote seit dem letzten erfolglosen
       Aufruf Ouattaras zu Massenprotesten in Abidjan am 16. Dezember. Für den
       morgigen Mittwoch hat Gbagbos Jugendminister Charles Blé Goudé, Führer der
       radikal ausländerfeindlichen Miliz "Junge Patrioten" in Abidjan, zur
       Großkundgebung im Zentrum Abidjans aufgerufen.
       
       Paralysiert ist derweil der Warenverkehr durch die Elfenbeinküste. Bereits
       seit über einer Woche lassen die Rebellen, die den Norden der
       Elfenbeinküste kontrollieren, keine Waren mehr nach Abidjan durch, womit
       die Metropole vom Fernhandel Richtung Mali und Burkina Faso abgeschnitten
       ist. Im Norden des Landes, der massiv für Ouattara gestimmt hat, waren
       gestern auch Verwaltungen und Märkte geschlossen. Hier muss Ouattara gar
       nichts mehr beweisen, hier ist er schon Präsident.
       
       Ouattaras Streikaufruf wird auch vom "Verkehrsverband der Wirtschaft"
       mitgetragen, der die Fernfahrer und Transportunternehmer des gesamten
       Landes vereint. In einer Erklärung geißelt der Verband die "Übergriffe,
       Erpressungen und Straf-Feldzüge" seitens der Sicherheitskräfte, die
       "massiven Zerstörungen unserer Fahrzeuge" und die stark gestiegenen
       Steuern. Man habe noch die Versorgung der Bevölkerung zu Weihnachten
       sichergestellt, aber ab 27. Dezember "rufen wir alle Fahrer und Verlader
       dazu auf, alle Aktivitäten einzustellen, bis der demokratisch gewählte
       Präsident und seine Regierung im Amt sind".
       
       Der Transportsektor der Elfenbeinküste wird mehrheitlich von
       westafrikanischen Ausländern kontrolliert, die sich gemeinsam mit den
       Nordivorern vom Südivorer Gbagbo benachteiligt und verfolgt fühlen.
       Ouattara setzt auf Westafrika, um Gbagbo nicht nur auf der diplomatischen
       Bühne, sondern auch in der Elfenbeinküste selbst zu isolieren. Westafrikas
       Zentralbank übertrug letzte Woche das Zeichnungsrecht an den ivorischen
       Staatskonten an Ouattara, die Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische
       Wirtschaftsgemeinschaft) drohte Gbagbo am Wochenende mit Gewaltanwendung.
       
       Am Dienstag sollen die Präsidenten von Benin, den Kapverden und Sierra
       Leone nach Abidjan kommen, um Gbagbo persönlich zum Rücktritt aufzufordern.
       Voraussichtlich werden sie ihm auch den Vorschlag unterbreiten, freiwillig
       ins Exil zu gehen und dafür Immunität zu genießen. Parallel dazu laufen
       Vorbereitungen zu einem militärischen Eingreifen unter Führung der
       Regionalmacht Nigeria, vermutlich mit logistischer Unterstützung
       Frankreichs und der USA. Gbagbo-treue Medien machen bereits Nigerianer
       sowie die in der Elfenbeinküste sehr zahlreichen Bürger Burkina Fasos als
       innere Feinde aus.
       
       27 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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