# taz.de -- Flashmob gegen Mediengesetz: Mit Glühwein und Ice-T
       
       > Meinungsfreiheit aus der Boombox: In Berlin gab es Proteste gegen Ungarns
       > neues restriktives Mediengesetz. Vor der ungarischen Botschaft
       > demonstrierten rund 50 Aktivisten.
       
 (IMG) Bild: Zensuropfer: Ice-T, hier mit seiner Frau, wird das kaum stören. PR bleibt PR.
       
       BERLIN taz | "Eigentlich sind die sonst nicht so nett", raunte es durch die
       Menge von Glühweintrinkern vor der ungarischen Botschaft in Berlin. Gemeint
       war damit ein Duo von der Polizei, das pflichtbewusst über die Bestimmungen
       des Versammlungsrechts der Bundesrepublik aufgeklärt hatte und dann die 50
       Protestler wieder sich selbst und den Wortkaskaden von Ice T überließ, die
       aus der mitgebrachten Boombox wummerten.
       
       Mit dessen Song "It's On" hatte die Aktion "Für die Meinungsfreiheit in
       Europa: Glühwein trinken und Ice-T hören" am Dienstagnachmittag unweit des
       Brandenburger Tors begonnen.
       
       Der US-Rapper war das erste Opfer der zum 1. Januar in Kraft getretenen
       neuen Mediengesetzgebung Ungarns, die seit mehreren Wochen europaweit auf
       heftige Kritik stößt. Verantwortlich für das Verfahren, das umgehend gegen
       den nichtkommerziellen Sender Tilos Radio eingeleitet wurde, ist die in
       Budapest ansässige Medienkontrollbehörde NMHH, die "It's On" als
       jugendgefährdend einstufte.
       
       Dass der 1993 veröffentlichte Song nicht gerade als pazifistisches Manifest
       taugt, ist unstrittig, allerdings auch dem genrespezifischen Gestus des
       Gangsta-Rappers geschuldet – ob es nun um Sex, Drogen oder Gewalt gehen
       mag. Dementsprechend reagierte Ice-T dann auch per Twitterkommentar:
       "Großartig! Die Welt hat immer noch Angst vor mir. Hahaha."
       
       Ungarische Journalisten jedoch dürften in dem Fall eher wenig Amüsantes
       finden. Die Angst vor den Restriktionsmechanismen der NMHH scheint mehr als
       angemessen. Denn die NMHH fungiert als alleinige Kontrollinstanz über
       sämtliche Medien Ungarns, ausgestattet mit umfangreichen Privilegien, und
       kann, einem Parlamentsbeschluss im Dezember folgend, eigenständig
       Vorschriften und Verordnungen erlassen.
       
       Bei durch die Aufsichtsbehörde geahndeten Verstößen drohen extrem hohe
       Geldstrafen. Die Möglichkeiten der Einflussnahme der NMHH erstrecken sich
       über die Kernbereiche unabhängiger journalistischer Arbeit.
       
       Europaweit sehen zahlreiche Kritiker in dem teilweise äußerst vagen
       Mediengesetz eine massive Beschneidung der Presse- und Meinungsfreiheit.
       Ungarn hat seit Anfang des Jahres auch die EU-Ratspräsidentschaft inne.
       Ministerpräsident Viktor Orbán wehrte sich anfangs vehement gegen die
       Vorwürfe aus dem Ausland, erklärte sich aber nach einem Treffen mit
       EU-Kommissionspräsident Barroso gegebenenfalls zu Änderungen des Gesetzes
       bereit.
       
       Gesprächsbereitschaft zeigte auch die Ungarische Vertretung in Berlin.
       Überraschend stellten sich drei Mitarbeiter der Botschaft den Fragen der
       Teilnehmer des Flashmobs. Der Erste Sekretär der Botschaft, Kristóf Altusz,
       zeigte Verständnis für den Protest, wies aber auch darauf hin, dass zur
       ausführlichen Debatte "eine genaue Kenntnis" des Gesetzestextes notwendig
       sei.
       
       Der Text ist erst seit kurzem auf der Homepage der NMHH in einer englischen
       Version verfügbar. Man stehe weiterhin für Diskussionen zur Verfügung,
       sagte Altusz gegenüber der taz. Es bleibt zu hoffen, dass Budapest dem
       Beispiel des Diplomaten folgt.
       
       12 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Scheper
       
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