# taz.de -- 20.000 demonstrieren in Tel Aviv: "Die Demokratie ruft um Hilfe"
       
       > Rund 20.000 Israelis demonstrieren in Tel Aviv gegen die Überwachung der
       > NGOs, die Schwächung der Demokratie und den Rechtsruck in Regierung und
       > Gesellschaft.
       
 (IMG) Bild: Die Schilder der Demonstranten trugen Aufschriften wie: "Die Demokratie ruft um Hilfe"und "Juden und Araber weigern sich, Feinde zu sein".
       
       Eine Serie von umstrittenen Gesetzentwürfen hat die Überreste der
       israelischen Linken am Samstagabend auf die Straße getrieben. Etwa 20.000
       Menschen versammelten sich in Tel Aviv aus Sorge um die Demokratie in ihrem
       Land. Auslöser war der jüngste Entwurf für einen Untersuchungsausschuss
       über das Finanzgebaren der NGOs und linker Menschenrechtsorganisationen.
       Ein weiterer Anlass war der Haftantritt des Friedensaktivisten Jonathan
       Pollack, der vergangene Woche für drei Monate ins Gefängnis ging.
       
       Die Schilder der Demonstranten in Tel Aviv trugen Aufschriften wie: "Die
       Demokratie ruft um Hilfe", "Gegen die Regierung der Dunkelheit" und "Juden
       und Araber weigern sich, Feinde zu sein". Viele Demonstranten führten im
       Protestzug auch blau-weiße Nationalflaggen mit sich.
       
       Der Rechtsruck der Regierung nach den Wahlen vor zwei Jahren hinterlässt
       immer deutlichere Spuren. Besonders fleißig ist die rechtsnationale Partei
       Israel Beteinu von Avigdor Lieberman. Von ihr stammen zahlreiche heftig
       umstrittene Gesetzentwürfe wie der Treueschwur, den Antragsteller auf
       israelische Staatsangehörigkeit künftig auf den "demokratischen und
       jüdischen Staat Israel" leisten sollen.
       
       Dabei ist es nicht nur die Arbeit der Politiker, die es den linken
       Liberalen und der palästinensischen Minderheit in Israel immer schwerer
       macht. Der sogenannte Brief der Rabbiner rief unverhüllt dazu auf, keine
       Wohnungen an Nichtjuden zu verkaufen, ja nicht einmal zu vermieten. Einer
       Umfrage zufolge, die das Israelische Institut für Demokratie jüngst in
       Auftrag gab, wünschen sich 60 Prozent der israelischen Bevölkerung "eine
       starke Führung anstelle demokratischer Debatten". Eine Mehrheit von
       immerhin 53 Prozent ist außerdem der Meinung, dass die Abwanderung
       arabischer Staatsangehöriger ermutigt werden sollte.
       
       In der Hoffnung, die Wogen zu glätten, erwägt Premierminister Benjamin
       Netanjahu offenbar, nicht nur linke Organisationen zur parlamentarischen
       Untersuchung vorzuladen, sondern auch die Finanzierungsquellen rechter
       Initiativen unter die Lupe zu nehmen. Der Premier erklärte auch, dass
       Zahlungen von privaten Vereinen im Ausland oder von ausländischen
       Regierungen an die NGOs besonders unter die Lupe genommen werden sollen.
       Der Abgeordnete Meir Shitrit (Kadima), ehemals Justizminister, machte im
       Verlauf der Protestveranstaltung darauf aufmerksam, dass die Knesset
       (Parlament) rechtlich keine Befugnis hat, Privatpersonen oder Gruppen zu
       untersuchen.
       
       Initiativen wie die Menschenrechtsorganisation Betselem, die Soldaten von
       "Das Schweigen brechen" und das Anti-Folter-Komitee, die vorgeladen werden
       sollen, lehnen eine Kooperation ab. "Unsere Finanzen sind im Internet
       einsehbar", sagt Seew Samir vom Anti-Folter-Komitee. "Wir haben nicht vor,
       unsere Bücher zur Knesset zu tragen."
       
       16 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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