# taz.de -- Etat in Nordrhein-Westfalen: Richter stoppen Nachtragshaushalt
> Die Eilentscheidung des Gerichts ist ein herber Rückschlag für die
> rot-grüne Minderheitsregierung in NRW. Aber sie ist auch nicht der ganz
> große Erfolg für CDU und FDP.
(IMG) Bild: "Es ist nicht alles ausgesetzt", erklärt Ministerpräsidentin Kraft.
Die rot-grüne Minderheitskoalition in NRW kassiert ihre erste große
Niederlage. Per einstweilige Anordnung untersagte das
Landesverfassungsgericht in Münster am Dienstag teilweise den weiteren
Vollzug des Nachtragshaushaltsgesetzes 2010. Bis zur endgültigen
Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit darf die Landesregierung keine
weiteren Kredite auf der Basis des Nachtragsetats aufnehmen und auch nicht
ihre Kassenbücher für 2010 abschließen.
Das Gericht folgte damit in Teilen dem Antrag von CDU und FDP, den die
beiden Oppositionsfraktionen nach der Verabschiedung des Nachtragshaushalts
Mitte Dezember eingereicht hatten. Damals hatte der Landtag mit den Stimmen
von SPD, Grünen sowie einiger Abgeordneter der Linkspartei zusätzlich
Kredite von 1,8 Milliarden Euro genehmigt - hauptsächlich zur Bildung von
Rücklagen. Den größten Kostenpunkt bildet die milliardenschwere
"Risikoabschirmung WestLB AG" für die angeschlagene Landesbank. Damit stieg
die Neuverschuldung auf den Rekordwert von rund 8,4 Milliarden Euro. Für
CDU und FDP ein Verstoß gegen die Verfassung.
Ob die Münsteraner Richter auch dieser Ansicht sind, wollen sie in den
kommenden drei Monaten entscheiden. Für den 12. Februar haben sie zur
mündlichen Verhandlung geladen. Mit Blick auf die zu erwartende endgültige
Klärung bezeichnete es das Gericht als geboten, den unmittelbar
bevorstehenden Haushaltsabschluss "um wenige Wochen hinauszuschieben".
Ohne die einstweilige Anordnung sei zu befürchten gewesen, dass
"zwischenzeitlich auf der Grundlage einer möglicherweise
verfassungswidrigen Ermächtigung Kredite in Milliardenhöhe aufgenommen
worden wären", argumentieren die Richter. Eine Gefahr für die
Handlungsfähigkeit der Regierung sei mit der Anordnung jedoch ebenso wenig
verbunden wie eine Vorwegnahme der Entscheidung.
Tatsächlich ist es kein Erfolg auf der ganzen Linie, den CDU und FDP feiern
können. Denn in einem entscheidenden Punkt ist das Gericht ihnen nicht
gefolgt. CDU und FDP hatten die vollständige Aussetzung des
Gesetzesvollzuges beantragt und auch gefordert, "bereits vollzogene
Bewirtschaftungsmaßnahmen auf der Ausgaben- wie auf der Einnahmenseite
vorläufig rückabzuwickeln". Das hätte de facto das Ende der
Handlungsfähigkeit von Rot-Grün bedeutet. So weit wollten die Richter nicht
gehen.
Rot-Grün dürfte mit einem blauen Auge davongekommen sein, denn sie haben
bereits Fakten geschaffen, wie Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD)
vor einer Woche mitteilte: "Wie zuvor angekündigt, hat das
Finanzministerium den vom Parlament beschlossenen Nachtragshaushalt
ordnungsgemäß, im üblichen Verfahren, bis zum Ende des Haushaltsjahres
vollzogen." Auch das Gericht bemerkt, "dass von den Ausgabeermächtigungen
des Nachtragshaushaltsgesetzes 2010 in den letzten Tagen des Jahres 2010
bereits umfänglich Gebrauch gemacht worden ist".
Entsprechend gelassen reagierte Finanzminister Walter-Borjans.
Selbstverständlich respektiere er die Entscheidung, um dann nachzuschieben:
Das Gericht habe ausdrücklich festgelegt, dass es allerdings "weder der
beantragten vollständigen Aussetzung des Gesetzesvollzugs noch der
Rückgängigmachung aller bereits vollzogenen Bewirtschaftungsmaßnahmen
bedarf".
Und auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat das Urteil des
Verfassungsgerichtshofes zum Nachtragshaushalt zurückhaltend aufgenommen.
"Es ist nicht der komplette Vollzug ausgesetzt worden", sagte sie am
Dienstag in einem Interview auf WDR 5. Der Landesverfassungsgerichtshof in
Münster habe im Wesentlichen geurteilt, dass keine neuen Kredite
aufgenommen werden dürften.
18 Jan 2011
## AUTOREN
(DIR) Pascal Beucker
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