# taz.de -- Regime kappt Verbindungen ins Internet: Wie Ägypten offline ging
       
       > Dass ein Land alle Kommunikationskanäle sperrt, ist einzigartig in der
       > neueren Geschichte. Die ägyptische Regierung hat das nun getan - mit
       > einfachen Mitteln.
       
 (IMG) Bild: ... und plötzlich sieht man die Wirklichkeit.
       
       Am Freitag um 0.34 Uhr, kurz nach Mitternacht, ging Ägypten offline. Die
       vier großen Internet-Provider Link Egypt, Vodafone/Raya, Telecom Egypt und
       Etisalat Misr kappten in einer konzertierten Aktion die Verbindungen zur
       Außenwelt. Fast alle ägyptischen Websites sind nicht mehr zu erreichen. Nur
       wenige kleine Unternehmen scheinen von der Internet-Sperre noch
       ausgenommen, etwa Noor Data Networks, zu deren Kunden die Börse Cairo and
       Alexandria Stock Exchange gehört.
       
       Vodafone veröffentlichte eine Presseerklärung: Die ägyptische Regierung
       habe das Recht, die Internet-Provider anzuweisen, ihren Dienst
       einzustellen, auch die Mobilfunknetze - und Vodafone Egypt habe
       entsprechend gehandelt. Experten schätzen, dass am Freitagmittag knapp 90
       Prozent des ägyptischen Internet in einem schwarzen Loch verschwunden sind.
       Alle E-Mails nach Ägypten kommen jetzt als "unzustellbar" zurück.
       
       Staaten wie Ägypten können das Internet technisch lahmlegen, weil es dort
       relativ wenige Glasfaserkabel gibt, die die Daten zu den großen Netzen
       weiterleiten. Die Firmen, die diese Zugänge technisch warten, stehen unter
       strenger Kontrolle der Regierung oder müssen Lizenzen beantragen wie zum
       Beispiel das ägyptische Nilesat. Das Unternehmen unterhält mehrere
       Kommunikationssatelliten, die von der Europäischen Weltraumorganisation
       (ESA) in Französisch-Guyna ins All geschossen wurden. Auch sie leiten jetzt
       keine Daten mehr nach Ägypten. Für das Versenden von Massen-SMS braucht man
       eine Lizenz, die nur regierungstreue Organisationen erhielten.
       Satelliten-Telefone scheinen zur Zeit noch zu funktionieren.
       
       Die Internet-Blockade macht Ägypten zu einer Art geschlossenem Intranet:
       Die Router, die für den Datenaustausch mit dem Ausland zuständig waren,
       wurden so programmiert, dass sie "fremde" Rechner nicht mehr als solche
       erkennen und deren Datenanfragen abweisen. Das Border Gateway Protocol -
       der technische Standard, der garantiert, dass Computer von einem Provider
       zum anderen kommunizieren können - wurde für Ägypten außer Kraft gesetzt.
       
       Staaten und Diktaturen, die das Internet zensieren wollen, versuchten
       bisher, bestimmte Websites zu sperren, die vor allem zur Kommunikation
       genutzt werden, wie den Kurznachrichterndienst Twitter oder das soziale
       Netzwerk Facebook. Websperren lassen sich ausnahmlos mit wenigen Mausklicks
       umgehen. Etwa, indem so genannte Proxy-Server oder andere Mittel zur
       Anonymisierung genutzt werden. Die Sperren haben nur symbolischen Charakter
       und sollen technische Laien abschrecken. Das gilt sogar für Länder wie
       China, wo die Zensurinfrastruktur beispiellos ist.
       
       Die Machthaber im Iran und in Burma kappten das Intenet nur halbherzig, vor
       allem in den großen Städten, und der Opposition blieben Mobiltelefone
       erhalten. Dass ein Land alle Kommunikationskanäle sperrt, ist bisher
       einzigartig in der neueren Geschichte.
       
       Die ägyptische Opposition greift jetzt zu Mitteln, die schon als technisch
       veraltet galten. Der Twitter-Nutzer [1][@EgyptFreedomNow] gab bekannt, dass
       das Internet noch per Modem-Einwahl zu einem Provider erreichbar sei, also
       etwa über ein teures Auslandsgespräch.
       
       28 Jan 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://twitter.com/#!/EgyptFreedomNow
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Burkhard Schröder
       
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