# taz.de -- Regionale Zensur bei Twitter und Google: Nächster Frühling ohne Twitter?
       
       > Twitter verursacht heftige Proteste wegen der Ankündigung, Inhalte
       > länderspezifisch sperren zu wollen. Google macht derweil recht lautlos
       > genau das Gleiche.
       
 (IMG) Bild: Lernen diese chinesischen Marineschülerinnen alternative Methoden für dissidente Kommunikation?
       
       BERLIN taz | Große Aufregung machte sich bei den Nutzern des sozialen
       Kurznachrichtendienstes Twitter breit, als der in einem [1][Blogpost
       ankündigte], dass in Tweets in Zukunft nach lokalen gesetzlichen
       Gegebenheiten gesperrt werden könnten. Twitter werde in Ländern operieren,
       die "andere Vorstellungen vom Umfang der Redefreiheit" haben, verkündete
       das Unternehmen und dass es die Inhalte entsprechend anpassen werde.
       
       Bei den darauf folgenden Protesten wurde erstens übersehen, dass Twitter
       bereits jetzt bestimmte Inhalte global sperrt, wenn dort entsprechende
       rechtsgültige Aufforderungen eingehen. Die neue Methode wird diese
       Sperrungen auf den jeweilig betreffenden nationalen Bereich beschränken.
       
       Zweitens ist es durchaus bemerkenswert, dass Twitter diese Inhalte nicht
       einfach unsichtbar machen wird, sondern die Leerstelle als solche
       kennzeichnen will, ähnlich der Sperrvermerke auf Google bei bestimmten
       Suchanfragen. Dazu wird auch ein Verweis auf die Seite [2][Chilling
       Effects] gehören, die die entsprechende Anordnung dokumentiert.
       
       Da nationale Schranken im Internet mit einem soliden Basiswissen und wenig
       technischem Geschick durchaus zu umgehen sind, ließe sich auch
       argumentieren, dass Twitter sich zwar aus einem Geschäftsinteresse heraus
       kritikwürdigen Beschränkungen unterwirft, dies aber gleichzeitig so
       transparent macht, dass die Betroffenen zumindest nach derzeitigem Stand
       der Technik auch eine Möglichkeit haben werden, sich selber den gewünschten
       Zugang zu verschaffen.
       
       ## Auch Google sperrt regional
       
       Was drittens ein wenig untergeht in der Debatte ist die Tatsache, dass
       solche Sperren auch an anderer Stelle bereits zum Standard gehören. Wie
       [3][heise.de berichtet], versteckt sich einem [4][Support-Dokument] des
       Google-Blog-Anbieters blogger eine Ankündigung des gleichen Verfahrens.
       Dort heißt es, dass die Blogs jeweils national zugeordnet werden, um
       gesetzliche Bestimmungen regional ausdifferenziert anwenden zu können. Von
       einer Markierung der Leerstelle mit einem Link zu Chilling Effects ist hier
       jedoch nicht die Rede.
       
       Die Position expandierender Internetdienste wie Twitter und Google ist
       schwierig. In der Zange zwischen teilweise restriktiver staatlicher
       Regulierung und dem Dauerfeuer der Musik- und Filmindustrie wegen der
       vermeintlichen Förderung von Urheberrechtsverletzungen und den
       Anforderungen an den kommerziellen Ausbau fallen da gerne die Ideale von
       freier Rede und Demokratie unter den Tisch.
       
       ## Lobbying gegen das freie Netz
       
       Dass selbst mehr oder weniger freiwillige Selbstbeschränkungen nicht
       ausreichen, um alle Interessen zu befriedigen, zeigen sowohl die Proteste
       der Nutzer, als auch das fortgesetzte Lobbying gegen den freien
       Datenverkehr. So verlangt die [5][Musikindustrie in einem Papier] von
       Google, Bing und Yahoo die massive Überwachung von Suchergebnissen, die auf
       Seiten führen könnten, die nach Ansicht der Rechteinhaber Urheberrechte
       verletzen.
       
       Diese sollen gleich ganz aus den Ergebnissen verschwinden oder wenigstens
       schlechter eingestuft werden als die legitimen Seiten. Welche das sind,
       will die Musikindustrie wenig überraschend selber bestimmen.
       
       Trotz dieses Drucks ist es für Twitter keineswegs die beste Werbung, für
       die zu erwartende Zensur [6][Lob von der thailändischen Regierung] und der
       [7][Global Times], einer offiziellen chinesischen Zeitung, zu bekommen.
       Schließlich galt der Dienst als ein wichtiger, mithin freier
       Kommunikationsweg während des arabischen Frühlings.
       
       Zukünftige politische Aktivisten werden sich vielleicht neue
       Kommunikationswege suchen müssen. Während die etablierten Unternehmen sich
       anderen politischen und ökonomischen Anforderungen unterwerfen, bleibt hier
       sicher jede Menge Raum für technische Phantasie und Innovation.
       
       1 Feb 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://blog.twitter.com/2012/01/tweets-still-must-flow.html
 (DIR) [2] http://www.chillingeffects.org/
 (DIR) [3] http://www.heise.de/newsticker/meldung/Blogger-com-bereitet-laenderspezifische-Sperren-vor-1426017.html
 (DIR) [4] http://support.google.com/blogger/bin/answer.py?hl=en&answer=2402711
 (DIR) [5] http://torrentfreak.com/copyright-industry-calls-for-broad-search-engine-censorship-120127/
 (DIR) [6] http://www.guardian.co.uk/world/2012/jan/30/thailand-backs-twitter-censorship-policy?newsfeed=true
 (DIR) [7] http://www.globaltimes.cn/NEWS/tabid/99/ID/693725/Twitter-critics-confuse-politics-with-business-decision.aspx
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniél Kretschmar
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
       
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