# taz.de -- Streit um Pflegeversicherung: Gepflegte Distanz in der Koalition
       
       > Nach der CSU hat nun auch die CDU Zweifel am Koalitionsvertrag, wenn es
       > um die zusätzlichen Pflege-Kapitalstock geht. Die FDP ist stinksauer.
       
 (IMG) Bild: Zunehmend ins Abseits gedrängt: Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler.
       
       BERLIN taz | Im Streit um die Finanzierung der Pflegeversicherung stehen
       der Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler und seine FDP zunehmend
       isoliert da. Nach der CSU will nun offenbar auch die CDU vom
       Koalitionsvertrag abrücken, wonach zusätzlich zur umlagefinanzierten
       Pflegeversicherung als zweite Säule ein verpflichtender, individualisierter
       Kapitalstock aufgebaut werden soll.
       
       Zwar hält die Union an einer zusätzlichen Kapitalreserve, finanziert über
       Zusatzbeiträge, fest. Diese soll aber nicht als individuelle Vorsorge
       aufgebaut werden. Sondern kollektiv, also als gemeinsame Kapitalrücklage
       aller Versicherten. Angesparte, aber nicht verbrauchte Beiträge kämen dann
       nicht den Erben, sondern der Versichertengemeinschaft zugute. Diese
       Forderung des CSU-Politikers Johannes Singhammer sei "in der Sache
       richtig", hieß es aus CDU-Kreisen. Allerdings komme der Vorstoß "zur
       Unzeit".
       
       Tatsächlich hat es hierzu bislang keine Gespräche zwischen Fraktionen,
       Parteien und Gesundheitsministerium gegeben. Entsprechend säuerlich ließ
       Philipp Rösler pressemitteilen: "Entgegen heutiger Spekulationen hat es zur
       Frage der Finanzierung noch keine politischen Beratungen gegeben." Für die
       FPD gilt der individualisierte Kapitalstock als unverhandelbar. "Das Geld
       muss sicher sein", sagte der FDP-Pflegeexperte Heinz Lanfermann. Deswegen
       müsse es behandelt werden wie die Rücklagen bei einer privaten
       Pflegeversicherung: "Wird der Kapitalstock dagegen als Sondervermögen bei
       den Krankenkassen angelegt, dann hätte der Gesetzgeber Zugriff und könnte
       ihn bei Bedarf anderweitig verwenden."
       
       Der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Jens Spahn (CDU), vermied es,
       sich eindeutig zu positionieren, beschwichtigte aber in Richtung FDP: "Wir
       haben in der Koalition vereinbart, zuerst zu klären, in welchen Bereichen
       es Leistungsverbesserungen geben soll. Erst wenn wir den Finanzbedarf
       kennen, können wir über die Ausgestaltung der Kapitaldeckung reden."
       
       Opposition wie Krankenkassen lehnen eine individuelle Zusatzversicherung
       als unsolidarisch ab. Zudem sei die bestehende gesetzliche
       Pflegeversicherung solider finanziert als häufig dargestellt. Eng wird es
       nach Schätzung von Experten erst werden, wenn die Babyboomer
       pflegebedürftig werden. Als Ausweg wäre dann eine vorübergehende Erhöhung
       der Beiträge denkbar. Denn auf die Babyboomer folgen geburtenschwache
       Jahrgänge.
       
       28 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heike Haarhoff
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Reform der Pflegeversicherung: Gepflegte sechs Milliarden mehr
       
       "Bedürfnisorientiert" will die SPD die Pflegeversicherung umbauen. Vor
       allem Demenzkranke sollen von den milliardenteuren Maßnahmen profitieren.
       
 (DIR) Pflegestatistik für Deutschland vorgestellt: Keine gepflegte Pflege
       
       Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt weiter an. Doch taugliche Maßnahmen,
       um der nahenden Pflegegesellschaft zu begegnen, sind rar - und werden
       zumeist blockiert.
       
 (DIR) Reform der Pflegeversicherung: Still, kostendämpfend, weiblich
       
       Von 4 Millionen Pflegebedürftigen, die zu Hause versorgt werden, erhalten
       nur 1,5 Millionen Geld aus der Pflegeversicherung. Der Sozialverband VdK
       will das ändern.
       
 (DIR) Finanzierung der Pflege: Absage an private Zusatzversicherung
       
       Die Ersatzkassen lehnen die Regierungspläne zur Finanzreform der
       Pflegeversicherung ab. Trotzdem ist eine Erhöhung der Beiträge sinnvoll.
       Die Kassen erklären inwiefern.
       
 (DIR) Reform der Pflegeversicherung: SPD will Pflege sozial absichern
       
       Auf ihrer Klausurtagung will die SPD die Gleichstellung von pflegenden
       Angehörigen mit erziehenden Eltern beschließen und so die häusliche
       Betreuung von Demenzkranken sichern.
       
 (DIR) Debatte Pflegeversicherung: Der Privatversicherungsbluff
       
       Bei Rente und Pflege wird die private Vorsorge propagiert – pure Ideologie!
       Und es gäbe Wege, um die gesetzlichen Versicherungen zu stärken. Man muss
       nur wollen.