# taz.de -- Pflegestatistik für Deutschland vorgestellt: Keine gepflegte Pflege
       
       > Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt weiter an. Doch taugliche
       > Maßnahmen, um der nahenden Pflegegesellschaft zu begegnen, sind rar - und
       > werden zumeist blockiert.
       
 (IMG) Bild: Meist bleibt es nicht beim Hand-Halten: Immer mehr Deutsche sind pflegebedürftig.
       
       BERLIN taz | Die Anzahl der Pflegebedürftigen in Deutschland steigt
       kontinuierlich. Laut der am Montag vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden
       vorgestellten Pflegestatistik waren im Dezember 2009 2,34 Millionen
       Menschen in Deutschland pflegebedürftig im Sinne des
       Pflegeversicherungsgesetzes. Das sind 91.000 beziehungsweise 4,1 Prozent
       mehr als 2007. Verglichen mit 1999 ist die Zahl sogar um 322.000
       angewachsen, was einer Steigerung von 16 Prozent entspricht.
       
       In Pflegeheimen waren 31.000 Pflegebedürftige mehr als noch 2007
       untergebracht: ein Zuwachs von 4,6 Prozent. Die Gesamtzahl der auf
       vollstationäre Betreuung angewiesenen Menschen steigt damit auf 717.000.
       
       Der Großteil aller Pflegebedürftigen, 69 Prozent oder 1,62 Millionen,
       wurden jedoch weiterhin zu Hause versorgt. Von ihnen haben 1,07 Millionen
       ausschließlich Pflegegeld und keine anderen Leistungen bezogen - in der
       Regel wurden sie von Angehörigen betreut. Dieser Anteil hat seit 2007 um
       32.000, also 3,1 Prozent zugenommen.
       
       Die stärkste Steigerung ist bei den vollständig oder teilweise von
       ambulanten Pflegediensten versorgten Menschen zu verzeichnen: Ihre Anzahl
       stieg seit 2007 um 10,1 Prozent beziehungsweise um 51.000 auf 555.000.
       
       Maßnahmen, um der steigenden Zahl an Pflegebedürftigen zu begegnen, werden
       bisher nur halbherzig umgesetzt oder stoßen von vornherein auf geringe
       Akzeptanz. Beispielsweise plant Bundesfamilienministerin Kristina Schröder
       (CDU)eine Familienpflegezeit: ArbeitnehmerInnen soll danach ermöglicht
       werden, bis zu zwei Jahre lang Teilzeit zu arbeiten, um Angehörige häuslich
       pflegen zu können. Die Pflegenden erhielten in dieser Zeit 75 Prozent ihres
       Gehalts und würden auch bei ihrer Rückkehr in Vollzeit weiterhin nur diesen
       Prozentsatz erhalten - bis ihr Arbeits- und Gehaltskonto wieder
       ausgeglichen ist. Allein: In dem in der vergangenen Woche vorgestellten
       Gesetzentwurf, der zum 1. Januar 2012 in Kraft treten soll, können
       Arbeitnehmer keinen rechtlichen Anspruch auf diese Regelung finden - sie
       sind weiterhin auf das Wohlwollen der Unternehmen angewiesen.
       
       Die Kritik von Opposition und Sozialverbänden ließ nicht lange auf sich
       warten. Peter Neher, Präsident der Caritas, hielt das Vorhaben für schlicht
       untauglich: "Um den Unterstützungsbedarf pflegender Angehöriger umfassender
       als bisher gerecht zu werden, reichen freiwillige Vereinbarungen nicht. Das
       zeigen alle bisherigen Erfahrungen."
       
       Ebenfalls in der vergangenen Woche bekundete Bundesgesundheitsminister
       Philipp Rösler (FDP) sein Vorhaben, die Leistungen der Pflegeversicherung
       auszuweiten. So schlug er beispielsweise vor, Pflegenden einen Kur-Anspruch
       zu verschaffen, das Pflegegeld zu erhöhen oder die Pflegezeit vorteilhafter
       auf die Rentenansprüche der Pflegenden anzurechnen. Doch Rösler erntete
       Widerstand aus den eigenen Reihen. In der Welt bekundete der
       FDP-Pflegeexperte Heinz Lanfermann gemeinsam mit dem Finanzexperten der
       Liberalen, Herrmann-Otto Solms: "Die FDP will und wird eine
       Beitragserhöhung in dieser Legislaturperiode verhindern." Damit wäre auch
       ein Plus an Leistungen verhindert.
       
       Dabei lässt gerade die nun in der Pflegestatistik deutlich gewordene,
       gestiegene Inanspruchnahme von ambulanten Pflegediensten die Verbesserung
       der Bedingungen für pflegende Angehörige sinnvoll erscheinen. Doch auch die
       aktuellen Zahlen können Heinz Lanfermann gegenüber der taz nicht zum
       Umdenken bewegen: "Auf Basis des jetzigen gesetzlichen Leistungsniveaus
       sind in dieser Legislaturperiode keine Beitragserhöhungen notwendig."
       
       21 Feb 2011
       
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