# taz.de -- Kommentar Ägypten: Jetzt erst recht
       
       > Mubarak tritt nicht zurück. Doch für die Revolution muss es nicht das
       > Schlechteste sein. Eine nur kosmetische Korrektur in der politischen
       > Führung wird damit unwahrscheinlicher.
       
       Er hat lange geredet. Sehr lange. Und, angefangen von den Hunderttausenden,
       die auf dem Tahrir-Platz in Kairo seine Rede verfolgten, haben alle auf
       diesen einen, entscheidenden Satz gewartet: Ich, Husni Mubarak, trete von
       meinem Amt als Präsident Ägyptens zurück.
       
       Aber dieser eine Satz, er fiel nicht.
       
       Erst ungeduldig, dann ungläubig, schließlich zornig haben die Menschen auf
       dem Tahrir-Platz Mubaraks Rede im Staatsfernsehen verfolgt. Es ist gut
       möglich, dass Kairo und ganz Ägypten eine gewalttätige Nacht bevorsteht.
       Und wer könnte es den Menschen nach all den Entbehrungen, nach 300 Toten in
       den vergangenen Wochen verdenken, dass sie ihrer Enttäuschung und ihrer Wut
       Luft verschaffen?
       
       Mubarak hat die wohl allerletzte Gelegenheit verpasst, einigermaßen in
       Würde abzutreten, die Wut der Menge zu beschwichtigen und eine
       demokratische Transformation einzuleiten. Es gibt gute Gründe anzunehmen,
       dass es am Ende nicht seine eigene Entscheidung war. Wahrscheinlicher ist,
       dass die Generäle, die um ihre eigene Macht und ihre Pfründe bangenden
       eigentlichen Herren des Landes, sich nach einer längeren Abwägung dazu
       entschieden haben, Mubarak vorerst im Amt zu belassen.
       
       Aber was fürs Erste zu weiteren Protesten und womöglich zu weiteren Toten
       führen könnte, muss sich am Ende als nicht schlechteste aller Möglichkeiten
       erweisen. Denn je länger Mubarak im Amt bleibt, um so unwahrscheinlicher
       wird eine rein kosmetische Korrektur in der Führung des Landes, umso
       unwahrscheinlicher wird eine halbe Revolution, die bekanntlich der größte
       Fehler ist, den Revolutionäre begehen können. Und je länger Mubarak im Amt
       bleibt, umso wahrscheinlicher wird es, dass mit ihm das gesamte Regime zum
       Teufel gejagt wird.
       
       Von selbst wird das nicht passieren. Aber die Millionen Ägypterinnen und
       Ägypter, die in den vergangenen Wochen unter Einsatz ihrer körperlichen
       Unversehrtheit, unter Einsatz ihres Lebens auf die Straßen gegangen sind,
       haben bewiesen, dass sie bereit sind, es mit einem autokratischen Regime
       aufzunehmen. Mit weniger als einem regime change werden sie sich nicht
       zufrieden geben. Erst recht nicht nach dieser Rede.
       
       10 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Deniz Yücel
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Deniz Yücel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Revolution in Ägypten: Wo Bush recht hatte
       
       Muss das Urteil über den Ex-US-Präsidenten George W. Bush revidiert werden?
       Die arabische Revolte bestätigt die Programmatik der Neokonservativen.
       
 (DIR) Revolution in Ägypten: Mubarak ist zurückgetreten
       
       Präsident Husni Mubarak ist zurückgetreten und hat dem Militär die Macht
       übergeben. Auf dem Tahrir-Platz feiern die Demonstranten gelöst ihren Sieg
       nach 18 Tagen des beharrlichen Protests.
       
 (DIR) US-Reaktionen zu Ägypten: Obama enttäuscht von Mubarak
       
       So klar wie noch kein US-Präsident zuvor hat Barack Obama einen
       langjährigen Verbündeten der USA kritisiert. Dass er in Kairo gehört wird,
       ist dennoch unwahrscheinlich.
       
 (DIR) Revolution in Ägypten: Kairo erwartet Massenprotest
       
       Hunderttausende wollen auf die Straße gehen, nachdem Präsident Mubarak sich
       geweigert hat, abzutreten. Beobachter vermuten jedoch, dass das Militär
       faktisch schon die Macht übernommen hat.
       
 (DIR) Kolumne Ägypten: Was Mubarak sagen wollte
       
       Husni Mubarak hat geredet. Er ist nicht zurückgetreten. Die Demonstranten
       sind enttäuscht. Taz-Experten erklären, was er eigentlich sagen wollte.
       
 (DIR) Kolumne Ägypten: Mubaraks letze Worte
       
       Am Donnerstagabend hält Husni Mubarak seine wohl letzte Fernsehansprache
       als ägyptischer Präsident. Taz-Experten wissen jetzt schon, was er zu sagen
       hat.
       
 (DIR) Revolution in Ägypten: "Der Westen verpasst eine Chance"
       
       Nicht die Demonstranten, sondern das ägyptische Establishment blockiert
       einen demokratischen Übergang. Das sagt der ägyptische
       Politikwissenschaftler Amr Hamzawy.
       
 (DIR) Revolution in Ägypten: Mubarak will im Amt bleiben
       
       Ägyptens Präsident Husni Mubarak hat einen sofortigen Rücktritt abgelehnt,
       aber Vollmachten an seinen Vize Omar Suleiman abgegeben. Die Demonstranten
       sind maßlos enttäuscht.
       
 (DIR) Revolution in Ägypten: Demonstranten lachen über Popstar
       
       Der ägyptische Sänger Tamer Hosny wollte sich mit den Demonstranten auf dem
       Tahrir-Platz gemein machen. Die buhen ihn aus und er weint über seine
       Schmach.