# taz.de -- Aufstand in Libyen: Die Flüchtlinge von Salloum
       
       > Hunderte flohen aus Libyen und haben sich nun über die Grenze nach
       > Ägypten gerettet. Sie fürchten weitere Repressionen und berichten von
       > einem zerfallenen Land.
       
 (IMG) Bild: Hunderte verlassen Libyen über die Grenze zu Ägypten. Viele haben ihre Taschen sofort gepackt, nachdem Gaddafi seinem eigenen Volk den Krieg erklärte.
       
       SALLOUM taz | Zu Hunderten kommen sie über die Grenze. Meist mit wenigem
       Hab und Gut geschultert, schleppen sie sich in Sicherheit. Durch das Tor
       des Grenzüberganges Salloum, der Libyen von Ägypten trennt. Die meisten
       sehen müde und erschöpft aus. Bengasi, die größte Stadt im Osten Libyens,
       liegt zehn Autostunden von hier entfernt.
       
       Warum es gerade an diesem Morgen so viele Menschen sind, wird schnell
       deutlich: "Gaddafi hat in seiner letzten Rede seinem eigenen Land den Krieg
       erklärt", sagt ein ägyptischer Elektriker, der sich nur mit dem Namen Ali
       vorstellen will. Viele haben ihre Taschen unmittelbar nach der [1][Rede
       Gaddafis] gepackt. Der Revolutionsführer hatte gesagt, dass die Proteste in
       Libyen dem Teufel dienen würden. Die Aufständischen hatte er als Ratten und
       Kakerlaken bezeichnet. Nun befürchten die Menschen weitere Repressionen von
       Gaddafi und seinen Getreuen.
       
       Ali sagt, dass die Stadt Bengasi seit Tagen von den Aufständischen
       kontrolliert werde. Die Armee habe sich entweder zurückgezogen oder sei zu
       den Aufständischen übergelaufen. Waffen aus den Kasernen seien an die
       Aufständischen verteilt worden. Ähnliches berichteten die Reisenden aus der
       [2][Stadt Tobruk].
       
       ## 2.500 Kilometer bis zur Grenze
       
       Muhamed aus Tripolis im Westen des Landes erzählt dagegen ganz andere
       Geschichten. Vor zwei Tagen war er dort aufgebrochen, um den 2.500
       Kilometer langen Weg nach Ägypten zurückzulegen. Da war die libysche
       Hauptstadt noch immer unter der Kontrolle des Regimes, wenngleich viele
       Aufständische begonnen hatten, auch hier auf der Straße zu demonstrieren.
       "Nachts kamen dann die afrikanischen Söldner und schossen auf alles, was
       sich bewegte. Sie haben auch einmal in unsere Richtung gefeuert, aber Gott
       sei Dank schlecht gezielt", erinnert er sich.
       
       "Ich bin froh, mit heiler Haut davongekommen zu sein und mich bis hierher
       durchgeschlagen zu haben", sagt er. Die Geschichten derjenigen, die aus den
       "befreiten Städten" aus dem Osten des Landes geflohen sind, gleichen sich
       wie die [3][Horrorgeschichten] jener, die es aus dem Westen bis hierher
       geschafft haben. Es sind die Geschichten eines geteilten Landes.
       
       ## Libysche Grenzsoldaten sind nicht mehr da
       
       Der Weg ab Bengasi zu der ägyptischen Grenze wird nach Aussagen der
       Reisenden von bewaffneten Stammesangehörigen kontrolliert, die sich den
       Aufständischen angeschlossen haben. "Die haben die Ägypter nur durchgewinkt
       und sie haben ihnen sogar noch Wasser mitgegeben", erzählt einer der
       ägyptischen Arbeiter. Die libyschen Grenzsoldaten hätten ihre Positionen
       verlassen. "Das erste Mal sind wir an der Grenze von ägyptischem Militär
       kontrolliert worden", erzählt er.
       
       Die meisten, die über die Grenze kommen, sind Ägypter. Etwa eine Million
       von ihnen arbeiten in Libyen. Fast alle sind Männer. Nur wenige Familien
       passieren den Übergang. "Bengasi ist von den Aufständischen kontrolliert
       und ruhig, aber wir haben Angst, dass Gaddafi sich nach seiner Rede nun an
       dem befreiten Osten des Landes rächen wird", fürchtet ein Mann, der ein
       Baby im Arm trägt, während sich seine Frau bei ihm eingehakt hat.
       
       Zügig laufen sie weiter in Richtung der wartenden Kleinbusse, die an diesem
       Morgen eine kilometerlange Schlange gebildet haben, um die Flüchtenden
       abzuholen und auf die verschiedenen Landesteile Ägyptens zu verteilen. Zwar
       hat die ägyptische Armee direkt hinter der Grenze ein Zeltlager und ein
       Feldkrankenhaus errichtet, aber beide sind bisher leer.
       
       Hektisch packen die Angekommenen ihre Taschen, Blechkoffer und Plastiktüten
       auf die Dachgepäckträger der Kleinbusse. Keiner möchte lange an der Grenze
       verweilen. Alle möchten Libyen und das Erlebte der letzten Tage möglichst
       schnell hinter sich lassen.
       
       23 Feb 2011
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karim Gawhary
 (DIR) Karim El-Gawhary
       
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