# taz.de -- US-Militärjustiz und Wikileaks: Bradley Manning schwer beschuldigt
       
       > Wegen mutmaßlicher Weitergabe geheimer US-Dokumente an Wikileaks wurde er
       > verhaftet. Jetzt wird der US-Gefreite Bradley Manning 22 weiterer
       > Verbrechen angeklagt.
       
 (IMG) Bild: Solidaritätsdemo für Bradley Manning vor dem FBI-Hauptquartier in Washington.
       
       WAHSINGTON taz | Bradley Manning, dank dessen mutmaßlicher Weitergabe von
       Informationen die Welt etwas mehr über die Kriege im Irak und in
       Afghanistan sowie über die US-amerikanische Diplomatie weiß, ist am
       Mittwoch noch etwas tiefer in den Kerker gerutscht, in dem er seit
       vergangenem Juli sitzt. Die Militärjustiz ermittelt wegen 22 weiterer
       Vorwürfe gegen ihn. Der schwerste davon ist "Kollaboration mit dem Feind".
       Dafür droht dem 23-Jährigen, der im Irak im Nachrichtendienst der US-Armee
       tätig war, als Höchststrafe die Hinrichtung.
       
       Im vergangenen Juli war Manning die illegale Weitergabe eines militärischen
       Videos vorgeworfen worden. Es zeigt aus der Perspektive eines
       US-Militärhubschraubers und mit dem O-Ton der schießenden Soldaten, wie
       Menschen auf einer Straße in Bagdad aus der Luft gejagt und erschossen
       werden. Sieben Ermittlungsmonate später kommen jetzt 22 neue Vorwürfe
       hinzu.
       
       Die US-Militärjustiz beschuldigt Manning jetzt sowohl der Weitergabe von
       militärischen Dokumenten als auch der Kopie und Weitergabe von mehr als
       250.000 diplomatischen Depeschen. Außerdem wirft die Militärjustiz ihm die
       "nicht autorisierte Weitergabe von Computerprogrammen" vor. Diese Software,
       so heißt es in einer Presseerklärung der Militärjustiz, werde benutzt, um
       klassifizierte Informationen aus dem System zu holen.
       
       "Die neuen Vorwürfe zeigen die Bandbreite der Verbrechen, wegen derer der
       Gefreite Manning beschuldigt wird", sagte Armeesprecher John Haberland am
       Mittwoch zu Journalisten in Washington.
       
       Die Militärjustiz hat klar gemacht, dass sie nicht die Todesstrafe für
       Manning beantragen will. Seine Verteidiger, darunter der auf
       Militärgerichte spezialisierte Anwalt David Coombs, bereiten sich dennoch
       auf die höchstmögliche Anklage vor. Coombs rechnet damit, dass es "im Mai
       oder Juni" zu einem Hearing und einer Anklageerhebung gegen Manning kommt.
       
       In einer Twitterreaktion hat Wikileaks - die in der Anklage nicht erwähnt
       wird - die Vorwürfe gegen Manning kommentiert. Es sei eine "Racheattacke",
       weil Manning von seinem Recht zu Schweigen Gebrauch mache. Den Vorwurf der
       "Kollaboration mit dem Feind" nennt Wikileaks einen "schweren Missbrauch".
       
       Mannings sitzt seit sieben Monaten allein in einer Zelle auf der
       Marine-Basis von Quantico in Virginia. Er ist 23 Stunden am Tag in seiner
       Zelle isoliert. Während einer Stunde am Tag darf er - in Begleitung von
       Wachen - seine Zelle verlassen. David House, ein Bekannter von Manning, der
       ihn zweimal im Monat besucht, berichtet, dass sich sein Gesundheitszustand
       zunehmend verschlechtere.
       
       Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat bereits im
       vergangenen Jahr die "inhumanen Haftbedingungen" angeprangert. Die
       US-Militärjustiz begründet die Verzögerungen bei ihren Ermittlungen mit der
       "mentalen Gesundheit" ihres Gefangenen.
       
       Ein Mann, der aus eigener Erfahrung etwas von der Weitergabe militärischer
       Geheiminformationen weiß, ist der 71-jährige Daniel Ellsberg. Er hat 1971
       die "Pentagon Papers" veröffentlicht. Jene 7.000 Seiten haben der
       US-Öffentlichkeit die Augen über die Machenschaften ihrer Militärs in
       Vietnam, Kambodscha und Laos geöffnet. 40 Jahre danach sagt Ellsberg
       gegenüber dem australischen Fernsehen: "Wer auch immer diese Informationen
       preisgegeben hat: Ich bewundere ihn. Er hat festgestellt, dass er zum
       Komplizen bei Kriegsverbrechen gemacht worden war. Und stieg aus."
       
       3 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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