# taz.de -- Weltwirtschaft nach der Katastrophe: Deutschland könnte profitieren
       
       > Die Weltwirtschaft wird von der Katastrophe in Japan nicht in
       > Mitleidenschaft gezogen, glauben Investoren. Wenn Japan nicht exportiert,
       > profitieren deutsche Firmen.
       
 (IMG) Bild: Die Japanische Wirtschaft liegt am Boden. Für Deutschland ein Konkurrenzvorteil.
       
       BERLIN taz | Wird die Weltwirtschaft unter den japanischen Natur- und
       Atomkatastrophen leiden? Mit dieser Frage werden sich die
       G-20-Finanzminister auf ihrem nächsten Gipfel in zwei Wochen befassen. Die
       Finanzmärkte haben ihr Urteil schon gefällt: Die Investoren erwarten
       offenbar nicht, dass die Weltwirtschaft stark in Mitleidenschaft gezogen
       wird. Alle Indizes für Rohstoffe, Aktien, Währungen und Anleihen sind
       weitgehend stabil.
       
       Dies zeigt sich schon beim Yen. Gegenüber dem Euro und dem Dollar hat die
       japanische Währung am Montag nur minimal verloren. Im historischen
       Vergleich notiert der Yen noch immer zu Höchstständen.
       
       Selbst die japanischen Staatsanleihen geraten international nicht unter
       Druck, wie Nobelpreisträger Paul Krugman in seinem Blog etwas überrascht
       feststellt. "Dabei hätte man erwarten müssen, dass die Anleihenspezialisten
       zuschlagen und die Kurse nach unten treiben und die Zinsen nach oben." Denn
       das stark verschuldete Japan muss noch mehr Schulden aufnehmen - was die
       Kredite eigentlich verteuern müsste. Doch nichts geschieht. Krugman erklärt
       sich dieses erstaunliche Phänomen damit, dass die Anleger offenbar damit
       rechnen, dass infolge der Krisen in Japan das Zentralbankgeld noch länger
       billig bleibt.
       
       Wie gelassen die Investoren bleiben, zeigt auch der Preis für Gold, das ja
       die weltweite "Fluchtwährung" ist. Das Edelmetall kostete am Montagmittag
       1.425,20 Dollar, was einem Plus von nur 0,39 Prozent entspricht. Das sieht
       nicht nach Krise aus.
       
       Diese allseitige Ruhe hat auch damit zu tun, dass Japan zwar die
       drittgrößte Wirtschaftsnation der Welt ist, sein Anteil an der
       Weltwirtschaft aber dennoch nur bei 8,75 Prozent (2009) liegt. Für die
       Bundesrepublik bedeutet dies konkret: 2010 gingen 1,37 Prozent der
       deutschen Waren nach Japan; umgekehrt lieferte Japan 2,74 Prozent aller
       deutschen Einfuhren, wie das statistische Bundesamt ermittelt hat.
       
       So zynisch es ist: Deutschland dürfte sogar profitieren, wenn Japans Firmen
       auf längere Zeit nicht exportieren können. Bei vielen Gütern - ob Autos
       oder Maschinen - sind die beiden Länder direkte Konkurrenten auf dem
       Weltmarkt.
       
       Für die deutsche Wirtschaft ist es auch durchaus erfreulich, dass die
       Ölpreise sinken, weil die japanische Industrie nun stillsteht und als
       Energienachfrager ausfällt. Am Montagmittag kostete ein Barrel Nordseeöl
       112,42 Dollar - etwa 3 Dollar weniger als einen Tag vor dem Erdbeben.
       
       Wie entspannt die Anleger sind, zeigt sich auch an den Aktienkursen. Am
       Montagmittag lag der DAX bei 6.886 Punkten und hatte damit etwa 1,36
       Prozent verloren. Dabei mussten den größten Rückschlag - wenig erstaunlich
       - die Atomkonzerne hinnehmen. Die Kurse von Eon und RWE sanken jeweils um 5
       Prozent.
       
       Kursverluste mussten auch die Rückversicherer verbuchen. So gab die Aktie
       der Münchner Rück um 3,5 Prozent nach. Allerdings ist völlig unklar, wie
       viel die Katastrophe in Japan die deutschen Versicherungsunternehmen kosten
       wird. Denn japanische Privatschäden werden kaum im Ausland versichert, und
       bei Atommeilern sind Schäden durch Naturkatastrophen ausgeschlossen.
       
       14 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Herrmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Japan nach Tsunami und Atomkatastrophe: Nicht mehr ganz kreditwürdig
       
       Der Wiederaufbau des Landes könnte mehr als 400 Milliarden Euro kosten. Und
       schon warnt die Ratingagentur S&P davor, dass die Schulden des Landes
       weiter anwachsen.
       
 (DIR) Atomland Japan: Eingelullt von Mr. Pluto
       
       Schon 1954 begann Japan mit der Atomkraft, Ereignisse wie die Ölkrise
       beförderten ihren Ausbau. Kindern wird in der Schule sogar beigebracht,
       dass man Plutonium trinken könne.
       
 (DIR) Web 2.0 und Japan: Die Katastrophe im Netz
       
       Die Japaner blieben trotz der AKW-Katastrophe auch in den
       Social-Media-Diensten verhältnismäßig ruhig. Am Dienstag jedoch wächst bei
       Twitter die Sorge.
       
 (DIR) Folgen der Katastrophe in Japan: Nach der Erde bebt die Wirtschaft
       
       Zerstörte Infrastruktur, fallende Aktienkurse, ruhende Fabriken: Nun muss
       Japans Regierung viel Geld aufwenden – dabei ist das Land bereits hoch
       verschuldet.
       
 (DIR) AKW-Laufzeitverlängerungen ausgesetzt: Reste einer Atomregierung
       
       So schnell kann es gehen: Im Laufe von drei Tagen knickt die schwarz-gelbe
       Regierungskoalition beim Atomkurs ein - zumindest ein bisschen. Und
       verkündet, erste AKWs abschalten zu wollen.
       
 (DIR) Folgen des Erdbebens und Tsunamis in Japan: 2.000 Leichen an Küste gefunden
       
       Während ein starkes Nachbeben Tokio erschüttert, wurden in der
       Katastrophenregion an der Küste 2.000 Leichen entdeckt. Die offizielle Zahl
       der Toten steigt auf 5.000.