# taz.de -- Japan nach Tsunami und Atomkatastrophe: Nicht mehr ganz kreditwürdig
       
       > Der Wiederaufbau des Landes könnte mehr als 400 Milliarden Euro kosten.
       > Und schon warnt die Ratingagentur S&P davor, dass die Schulden des Landes
       > weiter anwachsen.
       
 (IMG) Bild: Schirm in Tokioter Shoppingviertel. Einen Rettungsschirm braucht es wohl nicht.
       
       BERLIN taz | Der Wiederaufbau nach der dreifachen Katastrophe in Japan wird
       teuer – womöglich zu teuer für das ohnehin schon hoch verschuldete Land.
       Das befürchtet die Ratingagentur Standard & Poors. Sie senkte am Mittwoch
       den Ausblick für die langfristige Beurteilung von "stabil" auf "negativ".
       Wenn sich die Lage der öffentlichen Finanzen in den nächsten zwei Jahren
       weiter verschlechtere, sei es möglich, dass man die Kreditwürdigkeit des
       japanischen Staates herabstufe. Das hätte dann höhere Risikoaufschläge zur
       Folge, das heißt, der Staat müsste für neue Kredite höhere Zinsen bieten.
       Das könnte den Haushalt dann noch zusätzlich belasten.
       
       Die Agentur hatte die Bewertung japanischer Staatsanleihen anderthalb
       Monate vor dem verheerenden Erdbeben auf die viertbeste Note AA- gesenkt.
       Die Begründung war die hohe Staatsverschuldung - die eine Folge der vielen
       Konjunkturprogramme ist, mit denen die Regierung gegen die anhaltende
       Wirtschaftsflaute anzukämpfen versuchte.
       
       Japans Staatsverschuldung ist mehr als doppelt so hoch wie die jährliche
       Wirtschaftsleistung des Landes und damit deutlich höher als in jedem
       anderen Industrieland, Griechenland eingeschlossen. Und nun kommen die
       hohen Kosten für den Wiederaufbau und die Beherrschung der Atomkatastrophe
       von Fukushima hinzu. Von einem Betrag zwischen umgerechnet 170 und 420
       Milliarden Euro gehen die Analysten von Standard & Poors aus.
       
       ## Haushaltsdefizit 2014 wohl über magischer Marke
       
       Falls Japan – etwa durch Steuererhöhungen – keine zusätzlichen Einnahmen
       generieren sollte, werde bis Ende 2014 das Haushaltsdefizit über der Marke
       von 8 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen.
       
       Derzeit wird in Japan über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer debattiert. Der
       japanische Wirtschaftsminister Kaoru Yosano hatte sich vor kurzem eher
       pessimistisch geäußert: "Nach einer Naturkatastrophe neigen die Menschen
       dazu, erst einmal nichts mehr auszugeben, und man kann sich vorstellen,
       dass die Produktion zurückgeht."
       
       Die fehlende private Nachfrage will der Staat jetzt durch eigene
       Ausgabenprogramme ausgleichen. So sollen mit rund 8 Milliarden Euro vom
       Erdbeben betroffene Unternehmen gefördert werden, um Arbeitsplätze zu
       sichern.
       
       ## Standard & Poors hält die Lage nicht für dramatisch
       
       Trotz schlechterer Prognose hält Standard & Poors die Lage nicht für
       dramatisch. Schließlich verfüge Japan über enorme Währungs- und
       Goldreserven – 680 Milliarden Euro sollen es sein, nur China besitze
       größere Reserven. Zudem habe Japan große Guthaben im Ausland und eine
       diversifizierte Wirtschaft und einen soliden Finanzsektor.
       
       Der jetzt abgegebene negative Ausblick solle nur deutlich machen, "dass
       eine Herabstufung möglich ist, falls sich Japans Haushaltslage in den
       kommenden zwei Jahren weiter verschlechtert, ohne dass Maßnahmen zur
       Haushaltskonsolidierung ergriffen werden".
       
       ## Japan hat Kredite bei den eigenen Bürgern
       
       Es gibt einen weiteren Grund, gelassen zu bleiben: Der Staat steht nicht im
       Ausland in der Kreide, sondern fast ausschließlich bei seinen eigenen
       Banken und Bürgern. Die geben sich bislang mit Minizinsen von rund 1,2
       Prozent für zehnjährige Anleihen zufrieden. Anders als ausländische
       Investoren dürften sie ihr Geld auch dann nicht schlagartig abziehen, wenn
       sich die Bonität des japanischen Staats verschlechtert.
       
       Nicht nur den japanischen Staat betrachtet Standard & Poors skeptisch,
       sondern auch die großen Automobilkonzerne wie Toyota, Honda und Mitsubishi.
       Wegen anhaltender Produktionsausfälle drohte die Ratingagentur ihnen
       ebenfalls mit einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit.
       
       ## Wirtschaft leidet unter Stromknappheit und Teilemangel
       
       In Japan leiden die Konzerne an Stromknappheit und Teilemangel. Wie groß
       die Unsicherheit ist, zeigte am Mittwoch Mitsubishi. Bei der Präsentation
       der Jahreszahlen verzichtete der Konzern auf die sonst übliche Prognose für
       das aktuelle Geschäftsjahr. An diesem Donnerstag will die japanische
       Notenbank ihre Wachstumsprognose abgeben. Wie schnell sich Japan von der
       Katastrophe erholen kann, hält zumindest die Ratingagentur Standard & Poors
       für schwer vorhersehbar, weshalb sie auch für ihre Prognosen eine gewisse
       "Unsicherheit" einräumte. Entscheidend sei, so S&P, wie sich die Situation
       am havarierten Atomkraftwerk Fukushima entwickle. (mit afp und dpa)
       
       27 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicola Liebert
       
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