# taz.de -- Netzdebatte über Flugverbotszone: "Menschenrechte - das wäre ein Motiv"
       
       > Flugverbotszone ja oder nein? Vorsichtig bilden sich politische Blogs in
       > Deutschland eine Meinung. Eines findet überall Ablehnung: das Lavieren
       > der Regierung.
       
 (IMG) Bild: Hilfe oder Einmischung? Libyer scharen sich in der Nähe von Bengasi um einen abgestürzten amerikanischen Kampfjet.
       
       Traditionell ist die deutsche Blogosphäre nicht sehr
       außenpolitikinteressiert: Die reichweitenstarken Seiten interessieren sich
       für Westeuropa oder die USA, wenn überhaupt. Es ist deswegen auch nicht
       sehr verwunderlich, dass die Meinungen zur deutschen Regierungsposition
       hinsichtlich Libyen zwischen "ja, aber hm" und "nein, aber verdammter Mist"
       schwanken. Klare, eindeutige Worte findet man kaum in der sonst so
       meinungsfreudigen Blogosphäre.
       
       Und das, obwohl der Konflikt um und in Libyen derzeit wie kein zweites
       arabisches Land die [1][Aufmerksamkeit auf sich zieht]. Doch auch Hunderte
       Tweets zum Konflikt können die Blogger nicht dazu verlocken, eine
       eindeutige Haltung einzunehmen.
       
       Er tue sich "wahrhaftig nicht leicht", schreibt [2][Stefan Sasse]
       stellvertretend für die meisten Blogger. Das scheint daran zu liegen, dass
       sich die ideologischen Lager hier viel deutlicher niederschlagen als in den
       Kommentarspalten großer Angebote. Die meisten Blogger hängen sehr an ihren
       Lesern und wollen sie nicht ohne weiteres vor den Kopf stoßen. Im Fall der
       Debatte um die Luftschläge gegen Libyen ist die eigene Verunsicherung groß:
       Plötzlich sind viele Linksliberale für einen Krieg aus humanitären
       Beweggründen.
       
       Gleichzeitig müssen die Konservativen mit ansehen, wie ihre Meinungsmacher
       die Transatlantikachse sprengen wollen. Selbst die Rechtsausleger von
       "Politically Incorrect" sind derart hilflos, dass sie Joschka Fischers
       Abgesang auf die deutsche Außenpolitik zitieren, ohne Wertung, ohne
       Beleidigung, ohne Seitenhieb. Ein einmaliges Ereignis. Während sich in
       Libyen Fronten auftun, stimmen jene in Deutschland nicht mehr.
       
       ## "Gute Rebellen – böser Diktator"?
       
       Dennoch gibt es Blogger, die klar ihr Position vertreten. Die wenigen
       Gegner einer Intervention verweisen mit viel Sarkasmus auf die
       [3][Errungenschaften Gaddafis], und Jens Berger fragt sich auf den
       [4][Nachdenkseiten], ob das Schwarz-Weiß-Bild "Gute Rebellen – böser
       Diktator" nicht an sich schon bellizistisch ist. [5][Ulrich Ladurner] fragt
       nach den konkreten Konsequenzen in Libyen und prognostiziert: "Wenn
       Kampfflugzeuge es allein nicht schaffen, dann müssen es eben Infanteristen
       tun. Libyen könnte so zu einem neuen Afghanistan werden."
       
       Befürworter der Flugverbotszone halten dagegen. Die entscheidende Frage sei
       doch, da man ein Gemetzel verhindern wolle, wie das zu bewerkstelligen sei.
       Er wisse nicht viel von der libyschen Bewegung, schreibt Sasse, aber genug
       von Gaddafi, um eine Intervention zwar nicht zu begrüßen, aber doch: "Wenn
       es gelingt, Menschen dadurch zu retten, und die Chance sehe ich, dann ist
       das gut." Und [6][Roberto J. De Lapuente] springt ihm bei: "Wann, wenn
       nicht jetzt? Die Wahrung von Menschenrechten - das wäre doch ein Motiv!".
       
       In einem ist man sich allerdings bei aller Skepsis einig: Die Regierung hat
       mit ihrer zögerlichen Haltung alles falsch gemacht. "Westerwelle hat uns
       aus der 'westlichen Wertegemeinschaft' verabschiedet", schreibt [7][Chat
       Atkins], und [8][Frank Lübberding] beklagt das Begräbnis "unserer
       Staatsräson". Es bleibt dann [9][Wolfgang Lieb] vorbehalten, die
       "groteskten Widersprüche auf allen nur denkbaren Argumentationsebenen"
       auseinanderzunehmen.
       
       Vielleicht gerade weil sich viele Diskutanten derart schwer zu einer
       eigenen Position durchringen konnten, fällt das Urteil gegenüber der
       Politik so vernichtend aus. Am Ende bleibt der Versuch Merkels und
       Westerwelles, sich nicht zu angreifbar zu machen, der einzige Punkt, auf
       den sich die verbalen Angriffe zentrieren. Und so dreht sich die Diskussion
       über Libyen in Deutschland letzlich doch wieder: um Deutschland.
       
       22 Mar 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://blogs.aljazeera.net/twitter-dashboard
 (DIR) [2] http://oeffingerfreidenker.blogspot.com/2011/03/kurze-zweite-reaktion-auf-libyen.html
 (DIR) [3] http://www.becklog.zeitgeist-online.de/2011/03/22/10-grunde-um-libyen-zu-bombardieren/
 (DIR) [4] http://www.nachdenkseiten.de/?p=8662
 (DIR) [5] http://blog.zeit.de/ladurnerulrich/2011/03/21/kopflos-in-den-krieg/
 (DIR) [6] http://ad-sinistram.blogspot.com/2011/03/der-neue-bundesrepublikanische.html
 (DIR) [7] http://chatatkins.blogger.de/?day=20110319
 (DIR) [8] http://www.weissgarnix.de/2011/03/19/begraben-in-der-libyschen-wuste/
 (DIR) [9] http://www.nachdenkseiten.de/?p=8747
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frédéric Valin
       
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