# taz.de -- Diskussion um die Frauenquote: Der Quotenmann
       
       > Am Mittwoch treffen sich Manager und Politiker, um über die Frauenquote
       > zu sprechen. Das ist vor allem das Verdienst von Telekom-Vorstand
       > Sattelberger.
       
 (IMG) Bild: Noch die Minderheit: Frauen in der Chefetage, wie hier bei der Deutschen Bank.
       
       BERLIN taz | Schon sehr früh wird sich Thomas Sattelberger auf den Weg
       machen. Er wird von Bonn, wo die Telekom ihren Firmensitz hat und wo der
       Manager Personalchef ist, nach Berlin fahren. Dort treffen sich am
       Mittwochvormittag Vertreter aller 30 deutschen DAX-Konzerne, drei
       Ministerinnen und ein Minister.
       
       Sie wollen darüber reden, wie man den Frauenanteil in den Top-Etagen
       deutscher Unternehmen erhöhen kann, möglicherweise mit einer Quote. Thomas
       Sattelberger, 62, ist bei diesem Spitzentreffen nicht nur dabei, weil die
       Telekom ein DAX-Unternehmen ist. Sondern vor allem, weil der Manager schuld
       ist an diesem "Quotengipfel".
       
       Vor einem Jahr hatte Thomas Sattelberger verkündet, dass jetzt Schluss sei
       mit der Männerbündelei an der Telekom-Spitze, das Unternehmen wolle künftig
       mehr Frauen in den oberen und mittleren Führungspositionen beschäftigen,
       bis 2015 sollen es 30 Prozent sein.
       
       Seitdem rumort es in der Republik. In aller Munde sind plötzlich Zahlen wie
       diese: Nur 3 Prozent der Vorstände sind weiblich, bei den Aufsichtsräten
       sind es 10 Prozent. Es ist die Rede vom Quotenvorbildland Norwegen, von der
       freiwilligen Selbstverpflichtung der deutschen Wirtschaft, die seit zehn
       Jahren nichts gebracht hat, und von der deutschen Regierungskommission
       Corporate Governance Kodex, die das ändern soll. Es wird über
       Gleichmacherei diskutiert, über Quotenfrauen und darüber, dass jetzt Männer
       diskriminiert würden.
       
       ## Ein aufgeräumter Mann
       
       "Ich bin außerordentlich zufrieden", sagt Thomas Sattelberger: "Wir haben
       nicht nur in der Telekom etwas angestoßen, sondern gesellschaftlich im
       ganzen Land." Er sitzt in seinem Büro an einem runden Empfangstisch,
       draußen vor dem Fenster kreisen fette Krähen um kahle Baumäste. An der Wand
       klebt ein großes Bücherregal, der Schreibtisch davor ist so aufgeräumt wie
       der Manager selbst. "Ich vermittle wichtige Themen, ich bin ein guter
       Brückenbauer", sagt er. Sein Lachen nimmt sein ganzes Gesicht ein, es
       klingt dröhnend und rauchig. Die dunkelblaue Krawatte auf dem hellblauen
       Hemd hüpft.
       
       Wer ist dieser Mann, der eine Debatte angestoßen hat, die die Politik in
       Zugzwang bringt? So stark, dass die Grünen einen lange angekündigten
       "Gesetzentwurf zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichtsräten" Ende
       2010 in den Bundestag einbringen. Der Arbeitsministerin Ursula von der
       Leyen dazu antreibt, eine 30-Prozent-Quote für Aufsichtsräte und Vorstände
       zu fordern. Und der Frauenministerin Kristina Schröder (beide CDU)
       umschwenken lässt: Zuerst lehnt sie eine Quote ab, jetzt wartet sie mit
       einem Stufenplan und der "Flexi-Quote" auf.
       
       Ja, wer ist also dieser Mann? Sattelberger möchte diese Frage nicht
       beantwortet wissen. Mit einer Handbewegung wedelt er jegliches Interesse
       nach seinem Leben außerhalb der Telekom aus dem Raum. "Über mein
       Privatleben rede ich nicht in den Medien", sagt er. Dann lächelt er ein
       Lächeln, glatt wie Teflon.
       
       Nur so viel erfährt man: In Munderkingen, der kleinsten Stadt im
       Alb-Donau-Kreis in Baden-Württemberg geboren, lebt in fester Partnerschaft,
       ist aber nicht verheiratet, hat keine Kinder. Thomas Sattelberger hat sein
       Privatleben so gut abgesichert wie WikiLeaks seine Computer. Und er hat
       dafür gesorgt, dass ihm der Ruf eines Heiligen vorauseilt.
       
       "Ich habe Hochachtung vor ihm", sagt Cornelia Hulla, Vorstand bei
       Coca-Cola. "Wir brauchen mutige Männer", meint Angelika Dammann, Vorstand
       beim Softwarehersteller SAP. "Beeindruckend" nennt ihn Margarete Haase,
       Vorstand beim Motorenhersteller Deutz: "Ein Typ des Gestaltens."
       
       ## Alle mögen den Quotenboss
       
       Es gibt kaum jemanden, der den Quotenboss kritisch sieht, keine Freunde,
       keine früheren Kollegen. Es gibt Gerüchte darüber, dass Thomas Sattelberger
       cholerisch sei und schon mal mit Handys schmeißt, wenn etwas nicht so
       läuft, wie er das will. Offiziell bestätigen will das niemand. Es gibt nur
       hie und da Indizien. So sagt eine Telekom-Mitarbeiterin über Sattelberger,
       dieser sei ein Macho, der mit Frauen nicht immer fein umspringe. Ihren
       Namen will sie auf keinen Fall in der Zeitung lesen.
       
       Ein Mensch, der sich nur über seine Arbeit definiert und das nach außen
       transportiert, lebt nur zur Hälfte. Und überhaupt, wie passt das zusammen:
       Ein Mann, der mit Frauen nicht klarkommen soll und der gleichzeitig die
       Frauenquote vorantreibt? Der seit einem Jahr einer der beliebtesten Gäste
       in Talkshows und auf Podien ist, wenn es um Frauen in Führungspositionen
       geht, und dann Sätze sagt wie diese: "Gute Frauen in der Führung sind eine
       Bereicherung." Meist versinkt der kleine Mann dann in viel zu tiefen
       Klubsesseln und sein Hals rutscht weit in den Hemdkragen.
       
       Er sagt aber auch, dass es ihm vor allem um den Erfolg des Unternehmens
       geht und um eine gute Personalpolitik. Das treibe ihn an: "Wenn mich ein
       Thema bewegt, dann bleibe ich hartnäckig." Seit Mai 2007 ist Thomas
       Sattelberger bei der Telekom. Vorher war er bei der Lufthansa und bei
       Daimler. In Wirtschaftskreisen gilt sein Name als Erfolgsgarant: ehrgeizig,
       eloquent, engagiert.
       
       Seit einem Jahr wird Thomas Sattelberger auch nicht müde, das Hohelied vom
       größeren Erfolg mit und von der besseren Stimmung in
       gemischtgeschlechtlichen Teams zu singen. Es ist gut, dass das ein Mann
       tut, und noch besser, dass der schon große Erfolge vorzuweisen hat. Das
       kommt bei vielen Menschen besser an, als wenn regelmäßig Frauen über die
       "gläserne Decke" klagen, die sie nicht durchdringen können. Der
       Telekom-Manager hat hohe Erwartungen geweckt, jetzt muss er sie halten.
       
       Sein Unternehmen, das in rund 50 Ländern vertreten ist und über 251.000
       Mitarbeiter beschäftigt, hat seinen Frauenanteil im oberen und mittleren
       Management im vergangenen Jahr weltweit von 19 auf 22,7 Prozent erhöht. Das
       60-köpfige Business Leader Team hat seit März sechs Frauen, vorher waren es
       zwei. Und statt 4 gibt es jetzt 17 Aufsichtsrätinnen.
       
       ## Niemand kritisiert Sattelberger
       
       Das Quotenthema ist fest mit dem Namen Sattelberger verbunden. Aber auch
       anders herum wirkt diese Symbiose: Versagt der Telekom-Mann, ist die Quote
       in Deutschland für die nächsten Jahre gestorben - so sehen es jedenfalls
       wichtige VerfechterInnen. Als Thomas Sattelberger einmal nebenbei erwähnte,
       dass er 2013 in den Ruhestand gehen wolle, brach eine Welle der Entrüstung
       über ihn herein. "Damit könnte er das Projekt gefährden", sagt Monika
       Schulz-Strelow, Präsidentin der Initiative Frauen in die Aufsichtsräte
       (FidAR). Sattelberger hat seinen Rentenantritt auf später verschoben.
       
       Selbst der öffentliche Widerstand gegen die Quote, sowohl aus der Politik
       als auch aus der Wirtschaft, richtet sich vor allem gegen die Ministerinnen
       von der Leyen und Schröder, nicht aber gegen den Telekom-Vorstand. Auch als
       vor ein paar Wochen der Spiegel versuchte, ein paar Schrammen in
       Sattelbergers Lack zu kratzen, zeigte das kaum Wirkung.
       
       Das Magazin berichtete über das "Quotenfrau-Fiasko": Die Telekom und eine
       ranghohe Managerin, die nach Einführung der Quote als Erste befördert
       wurde, trennten sich. Ob die Führungsfrau, der eine hohe Kompetenz, aber
       auch ein rigider Stil nachgesagt werden, gefeuert wurde oder freiwillig
       ging, ist nicht bekannt. Monika Schulz-Strelow sagt: "Es muss für
       Unternehmen doch möglich sein, sich von Mitarbeitern zu trennen, wenn die
       Chemie nicht stimmt. Egal ob Frau oder Mann."
       
       ## Gegenwind im eigenem Haus
       
       Nur an einem Ort bekommt Sattelberger heftig Gegenwind: in der Telekom
       selbst. Mit dem ausgeprägt männlichem Starrsinn im eigenen Unternehmen hat
       der Mann nicht gerechnet. Er bezeichnet das als "nötigen Kulturwandel": "Es
       gibt auch bei der Telekom genügend männliche Führungskräfte, die nach so
       kurzer Zeit nicht sagen: Wir machen jetzt alles anders. Dieser Wandel
       dauert eben." Selbst Manfred Gentz, Mitglied der Kodex-Kommission, ist der
       Meinung, dass "die Zahl der qualifizierten Frauen eingeschränkt" sei.
       "Dieses Argument kommt immer dann, wenn ein dominantes System verhindern
       will, dass jemand anderes dazukommt", sagt Sattelberger.
       
       Erst neulich hatte er wieder so ein Gespräch mit einem Abteilungsleiter.
       Der wollte sich partout nicht darauf einlassen, keine Meetings mehr morgens
       vor neun und abends nach fünf anzusetzen, in seiner Abteilung gibt es viele
       Mütter. Probieren Sie es doch mal aus, habe Sattelberger zu ihm gesagt.
       
       Er selbst hockt oft abends bis weit nach zehn im Büro. Er lege seinen
       BlackBerry zu Hause auf den Nachttisch, er sei Tag und Nacht verfügbar,
       sagt er: "Ich mag meine Arbeit."
       
       30 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schmollack
       
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