# taz.de -- Gipfel zum Frauenanteil in Unternehmen: "Herzstück ist die Flexi-Quote"
       
       > Mehr Frauen sollen an die Macht. Denn 74 von 160 deutschen
       > börsennotierten Konzernen sind ohne Frauen in der Führungsebene. Doch
       > über das "Wie" wird gestritten.
       
 (IMG) Bild: Wenn es doch so einfach wäre, mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen.
       
       BERLIN taz | Air Berlin ist einer, der Baukonzern Bilfinger Berger ist auch
       einer, ebenso der Medizintechnikproduzent Carl Zeiss Meditec. Diese
       Unternehmen haben keine Frauen im Aufsichtsrat und keine Frauen im
       Vorstand. Damit gehören sie zu den 74 von 160 deutschen börsennotierten
       Konzernen, die laut WoB-Index Männervereine sind.
       
       Der WoB-Index (Women on Board), mit dem die Initiative Frauen in die
       Aufsichtsräte (FidAR) den Anteil von Frauen in Führungspositionen zählt,
       weist auf ein eklatantes Problem hin: Frauen an der Spitze sind selten in
       Deutschland.
       
       Das soll sich jetzt ändern. Am Mittwoch trafen sich in Berlin Vertreter
       aller 30 deutschen DAX-Unternehmen mit vier Regierungsmitgliedern:
       Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, Familienministerin Kristina
       Schröder (beide CDU), Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
       und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (beide FDP). Sie nannten ihr
       Treffen Quotengipfel. Denn darum ging es: Soll der Frauenanteil im oberen
       und mittleren Management mithilfe einer Quote erhöht werden? Und wenn ja,
       wie?
       
       Dazu stellte Ministerin Schröder den Konzernen einen Stufenplan vor, dessen
       "Herzstück die Flexi-Quote" ist: "Eine gesetzliche Pflicht zur
       Selbstverpflichtung", wie Kristina Schröder das nennt. Die Unternehmen
       sollen sich "freiwillig eigene Zielvorgaben" geben, die bis 2013 erfüllt
       werden müssen. Gelingt das nicht, soll es eine "gesetzliche Verpflichtung
       zur Selbstverpflichtung" geben. Bis 2012 sollen die Unternehmen ihre
       Vorgaben veröffentlichen. "Wir haben dann 30 Zielvorgaben von 30
       DAX-Unternehmen", erklärte die Ministerin: "Man kann einem
       Maschinenbauunternehmen nicht die gleichen Vorgaben machen wie einem
       Telekommunikationsunternehmen."
       
       ## "Licht und Schatten"
       
       Zwar waren sich die vier Regierungsmitglieder und die Wirtschaftsvertreter
       einig darüber, dass der Frauenanteil in Führungspositionen erhöht werden
       muss. So sprach Thomas Sattelberger, Personalvorstand der Telekom, von
       einem erstmaligen Konsens, um den die Unternehmen hart gerungen hätten. Es
       ginge um die Reputation, meinte Thomas Sattelberger.
       
       Wie jedoch der Frauenanteil letztlich erhöht werden soll, darüber herrscht
       unter den VerhandlungspartnerInnen kein Konsens. Justizministerin Sabine
       Leutheusser-Schnarrenberger und Wirtschaftsminister Brüderle lehnen eine
       gesetzliche Quote ab. "Das ist unrealistisch", sagte
       Leutheusser-Schnarrenberger. Grund: Die Wirtschaft wehrt sich gegen
       gesetzliche Vorgaben. "Wir haben den Stufenplan nicht in allen Stufen
       bestätigt", offenbarte Harald Krüger, Personalvorstand beim
       Motorenhersteller BMW. EU-Justizkommissarin Viviane Reding will den
       deutschen Konzernen nur bis 2012 Zeit lassen, sich eine Flexi-Quote zu
       verordnen. Unmittelbar nach Bekanntwerden des deutschen Quotenwegs mahnte
       sie das bei Kristina Schröder an.
       
       Für Ursula von der Leyen hatte der Gipfel "Licht und Schatten": Positiv sei
       der "Willen der Unternehmen zu einer stärkeren Frauenförderung". Aber es
       fehlten "konkrete Zahlen, Zeitleisten und Strategien". Mit dieser vagen
       Aussage bewegte sich von der Leyen auf den Schröder-Stufenplan zu. Noch bis
       vor drei Tagen hatte die Arbeitsministerin eine 30-Prozent-Quote gefordert.
       Von der Leyens Vorstoß hatte aber keine Aussicht auf Erfolg, vor allem,
       weil Kanzlerin Angela Merkel staatliche Vorgaben für die Wirtschaft strikt
       ablehnt.
       
       ## In drei Jahren eine Frau mehr
       
       Einer Umfrage der Unternehmensberatung Pricewaterhouse zufolge haben sich
       bereits 24 der 30 DAX-Konzerne eine freiwillige Quote für Aufsichtsräte
       gegeben. Darunter der Sportartikelproduzent Adidas, der in drei Jahren eine
       weitere Frau in den zwölfköpfigen Aufsichtsrat berufen will. Jetzt sind es
       zwei Frauen. Der Versicherer Allianz will bis 2012 zwei neue Frauen
       berufen, jetzt gibt es eine Aufsichtsrätin. Der Autobauer Daimler will bis
       2020 seinen Frauenanteil im 20-köpfigen Aufsichtsrat von einer Frau auf
       vier Frauen erhöhen.
       
       Als erstes deutsches Unternehmen hat sich die Telekom vor einem Jahr eine
       Quote für die obere und mittlere Führungsebene verpasst: Bis 2015 sollen 30
       Prozent an diesen Positionen sitzen. Das Vorhaben erweist sich gerade als
       schwierig. Seit Februar sucht die Telekom eine Frau für den sechsköpfigen
       Vorstand, damals war ein Mann ausgeschieden. Das Unternehmen sucht
       weltweit, mit Headhuntern.
       
       Unterdessen haben zahlreiche Frauenverbände, darunter FidAR, der Deutsche
       Frauenrat und der Deutsche Landfrauenverband, eine E-Petition für eine
       gesetzlich verankerte Frauenquote eingereicht. Sie fordert den Bundestag
       auf, "ein Gesetz zu beschließen, das eine nachhaltige Erhöhung des
       Frauenanteils in den Aufsichtsräten bewirkt". Wenn die E-Petition 50.000
       Menschen innerhalb von drei Wochen unterzeichnen, wird sie öffentlich
       beraten.
       
       30 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schmollack
       
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