# taz.de -- Schweizer Urteil zu Google Street View: Ueli und Heidi gibts nur noch verpixelt
> Ein Sieg für den obersten Datenschützer der Schweiz: Das
> Bundesverwaltungsgericht in Bern verlangt von Google Street View die
> völlige Anonymisierung von Personen und Autokennzeichen.
(IMG) Bild: Auf Google Street View soll man künftig noch schlechter identifizieren können, wer die Fahnen schwingt - wie hier in Interlaken.
BERLIN taz | Die Europa-Zentrale von Google in Zürich boomt. Erst kürzlich
sind neue Büroräume mit Platz für 300 neue Mitarbeiter angemietet worden.
Doch auch das helvetische Paradies hat seine Grenzen, wenn es um den
Datenschutz beim Google-Dienst Street View geht. Dem Züricher
[1][Tagesanzeiger] zufolge fällte das Schweizerische
Bundesverwaltungsgericht in Bern am Montag ein Urteil, wonach Google bei
Street View verschiedene Maßnahmen vornehmen muss, um den Schutz der
Privatsphäre zu verbessern.
Es war der Datenschutzbeauftragte des Bundes, Hans Peter Thür, der den
Konzern vors Gericht gerzerrt hatte. Schon 2009, kurz nach dem erstmaligen
Erscheinen von Schweizer Straßenansichten bei Google Street View, legte
Thür Vorschläge für eine Verstärkung des Datenschutzes bei dem Dienst vor,
die aber sämlichst von Google abgelehnt wurden. Thür reagierte darauf mit
dem Gang nach Bern, und die Richter folgten nun weitestgehend seinen
Forderungen.
Wesentlicher Punkt der Auseinandersetzung zwischen Thür und Google ist die
Verpixelung von Gesichtern und Autokennzeichen. Laut dem
Datenschutzbeauftragten werden derzeit rund 98 Prozent aller Gesichter
automatisch unkenntlich gemacht. Die entsprechenden Programme von Google
schaffen es nicht, säntliche abgebildete Menschen zu anonymisieren.
Thür fordert aber, dass die Anonymität für Personen im räumlichen Umfeld
von Einrichtungen wie Frauenhäuser, Gefängissen, Schulen, Gerichten,
Sozialbehörden und Krankenhäusern garantiert sein müsse. Google, so will es
jetzt auch das Gerichtsurteil, müsse neben dem Gesicht auch weitere
individuelle Merkmale wie Hautfarbe oder Kleidung verwischen - notfalls
auch in mühseliger Handarbeit.
Die Richter halten auch den Einblick in Höfe und Gärten für unzulässig,
sofern diese auch für den "normalen Passanten" auf der Straße nicht
einsehbar seien. Lediglich Thürs Forderung, die Aufnahmen von Privatstraßen
dürften nur nach Einwilligung der Nutzungsberechtigten ins Netz gestellt
werden, wollte das Bundesverwaltungsgericht nicht entsprechen.
## Recht am eigenen Bild
Zudem muss Google künftig in Lokalzeitungen über geplante Aufnahmefahrten
und die Freischaltung der Bilder im Netz informieren. Bisher geschah dies
nur auf der Startseite von Google Maps.
Google hatte bei der gerichtlichen Anhörung Ende Februar die Forderungen
des Datenschutzbeauftragten als unverhältnismäßig und politisch motiviert
zurückgewiesen. Dei Frage stelle sich, warum Google verwehrt werde, was
andere im Internet und in den Medien ohne weiteres machen dürften, so
Vertreter des Konzerns. An Google Street View bestehe ein großes
öffetnliches und privates Interesse.
Die Berner Richter begründeten ihr Urteil vor allem mit dem Recht am
eigenen Bild. Dieses wiege schwerer als das wirtschaftliche Interesse
sowohl von Google als auch von deren Nutzern. Prinzipiell dürfe niemand
ohne seine Zustimmung abgebildet werden, so die Entscheidung. Das gelte
auch für Bilder, auf denen Personen wie bei Street View nicht im Zentrum
der Aufnahme stünden.
Das Bundesverwaltungsgericht bezichtigte Google, für seinen Erfolg die
Verletzung von Persönlichkeitsrechten in Kauf zu nehmen. Dies sei mit einer
Nachbearbeitung vermeidbar. Die ökonomische Existenz des Unternehmens würde
dadurch nicht gefährdet werden, denn notfalls könnten die Kosten dafür ja
an die Nutzer des Dienstes weitergegeben werden. Das Urteil kann noch beim
Bundesgericht in Lausanne angefochten werden.
Datenschützer Hans Peter Thür sagte gegenüber Radio Basel, dass er sich
trotz des grossen Erfolgs gegen Google nicht als Held sehe. Auf der
gegnerischen Seite zeigte sich der globale Datenbeauftragte von Google,
Peter Fleischer, enttäuscht: "Wir werden die Urteilsbegründung prüfen und
unterseuchen, was das Urteil für Street View in der Schweiz bedeutet". Das
letzte Wort ist tatsächlich noch nicht gesprochen, denn das Zrteil der
Berner Richter kann vor dem Bundesgericht in Lausanne angefochten werden.
OP
5 Apr 2011
## LINKS
(DIR) [1] http://www.tagesanzeiger.ch/digital/internet/Google-muss-bei-Street-View-alle-Gesichter-verwischen/story/12445888
## TAGS
(DIR) Schwerpunkt Überwachung
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Konflikt um Street View: Google droht Schweiz mit Löschung
Der Streit um Google Street View in der Schweiz spitzt sich zu: Der
Internet-Konzern kündigte die Einstellung des Dienstes an, falls die
strengen Datenschutz-Auflagen bestehen bleiben.
(DIR) Konkurrenz für Google Street View: Microsoft geht auf die Straße
"Bing Streetside" nennt sich Microsofts Konkurrenzprodukt zum umstrittenen
Google Street View. Ab Mai werden auch deutsche Großstädte fotografiert.
(DIR) Google-Chef Larry Page: Anti-Bürokrat an der Macht
Mit Larry Page tritt ein Google-Gründer an und löst den Machtmenschen Eric
Schmidt als Chef ab. Der Job wird schwer, die Konkurrenz greift von allen
Seiten an.
(DIR) Kodex für Speicherung von Geo-Daten: Du sollst Auskunft geben
Im Herbst 2011 soll der Kodex umgesetzt sein. Bis dahin müssen Anbieter wie
Google Street View noch einiges organisieren. Doch in der Sache selbst wird
sich nicht mehr viel tun.
(DIR) Peter Schaar zu Datenschutz im Netz: "Ich bin keine Gouvernante"
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar spricht mit der taz über die
Datensammelwut der Wirtschaft, ein Verbot der Handy-Gesichtserkennung und
die Grenzen seines Jobs.
(DIR) Mehr als 6000 neue Mitarbeiter: Google stellt ein, Yahoo entlässt weiter
Im Jahr 2011 wird Google mehr Mitarbeiter beschäftigen als jemals zuvor.
Auch in Deutschland sollen neue Stellen entstehen. Die Konkurrenz von Yahoo
geht einen anderen Weg, ist aber zufrieden.