# taz.de -- Rating-Agenturen machen Druck: Portugal erneut abgestraft
       
       > Portugal wollte nicht unter den EU-Rettungsschirm. Nun ist das letzte
       > A-Rating weg. Die Agenturen S&P und Fitch bewerten Portugals
       > Kreditwürdigkeit mit "kurz vor Ramsch".
       
 (IMG) Bild: Schatten über Portugal. Freundlicher diese Katze, die in Lissabon zwischen Mauerecken fotografiert wurde.
       
       MADRID taz | Portugal befindet sich im freien Fall. Am Dienstag stufte die
       Ratingagentur Moodys seine Kreditwürdigkeit auf "Baa1" herab. Damit
       verliert das südwesteuropäische Land sein letztes A-Rating. Die beiden
       anderen großen Agenturen Standard & Poors und Fitch waren in der
       vergangenen Woche sogar noch skeptischer: In ihrer Bewertung ist Portugal
       nur noch eine Stufe vom "Ramsch-Status" entfernt.
       
       Damit könnte die Regierung gezwungen werden, Hilfe aus dem
       Euro-Rettungsfonds zu beantragen. Der sozialistische Premierminister José
       Sócrates hatte bisher darauf bestanden, er könne die Krise selbst lösen.
       Doch dazu lassen ihm die Agenturen nun weder Zeit noch Spielraum.
       
       Die Ratings der drei großen Agenturen entscheiden nicht nur darüber, zu
       welchen Bedingungen sich Staaten und Unternehmen Geld auf dem Markt leihen
       können. Normalerweise akzeptieren die Zentralbanken Ramsch-Anleihen auch
       nicht mehr als Sicherheit, wenn Banken sich bei ihnen Geld leihen wollen.
       
       Entsprechend versuchen diese dann, die störenden Papiere loszuwerden, was
       die Abwärtsspirale nur beschleunigt. Allerdings macht die Europäische
       Zentralbank (EZB) derzeit bereits erste Ausnahmen: für Griechenland, dessen
       Anleihen schon als "spekulativ" beziehungsweise "hochspekulativ" gelten,
       und für Irland.
       
       ## Finanzielle Notlage – und politische Krise
       
       Portugal steckt nicht nur in einer finanziellen Notlage, sondern auch in
       einer tiefen politischen Krise. Denn Sócrates ist nur noch als
       Übergangsregierungschef im Amt. Vor knapp zwei Wochen gab er auf, nachdem
       das Parlament erneute tiefe soziale Einschnitte zum Zweck der
       Haushaltskonsolidierung abgelehnt hatte.
       
       Es ging um das vierte Sparpaket seit Beginn der Finanzkrise. Mit weiteren
       Einschnitten bei Sozialausgaben und Rentensystem sollte die Neuverschuldung
       von 9,4 Prozent im Jahr 2009 auf 4,6 Prozent für das laufende Jahr gedrückt
       werden. Ob links oder rechts - die Opposition stimmte geschlossen dagegen.
       
       ## Fragwürdige Informationspolitik der Regierung
       
       Der Vertrauensverlust auf den Finanzmärkten wird durch eine mehr als
       fragwürdige Informationspolitik der portugiesischen Regierung verstärkt. So
       musste Lissabon in den letzten beiden Jahren die Wirtschaftsdaten immer
       wieder korrigieren. Zuletzt verkündete die Regierung Sócrates für 2010 eine
       Neuverschuldung von 7,3 Prozent. Die europäische Statistikbehörde Eurostat
       protestierte. Sócrates rechnete nach. Und plötzlich waren es 8,6 Prozent.
       Der Sozialist entschuldigte diese Lücke mit einem Versehen: Seine Regierung
       habe die Schulden von staatlichen Unternehmen nicht berücksichtigt.
       
       Dadurch liegt auch das Haushaltsdefizit nicht mehr bei 82,4 Prozent des
       Bruttoinlandsprodukts, also der gesamten Wirtschaftsleistung Portugals, wie
       zunächst angegeben – sondern bei mehr als 90 Prozent.
       
       ## Portugal wählt am 5. Juni
       
       Jetzt müssen die Wähler am 5. Juni entscheiden, wer in Lissabon künftig
       regiert. Das dies so oder so für die Bevölkerung zu weiteren starken
       Verlusten führen wird, daran lässt der konservative Staatspräsident Anibal
       Cavaco Silva keinen Zweifel: "Die neue Regierung wird mit einer nie da
       gewesenen Krise konfrontiert werden. Die Probleme sind so groß, dass sich
       niemand der Illusion hingeben darf, diese würden von heute auf morgen
       verschwinden", erklärte er in einer Fernsehansprache, bei der er die
       Neuwahlen ankündigte. Sócrates will erneut kandidieren.
       
       Auch nach den letzten Herabstufungen weigert sich der
       Übergangsregierungschef, einen Antrag auf EU-Hilfe zu stellen. Für einen
       solch einschneidenden Schritt habe er derzeit nicht die nötige Legitimität.
       Ausgerechnet die portugiesischen Banken könnten ihn nun allerdings dazu
       zwingen. Laut einer der wichtigsten Wirtschaftszeitungen des Landes, dem
       [1][Jornal de Negocios], wollen die großen portugiesischen Geldinstitute
       nicht länger in Staatsanleihen investieren. Das sollen die Bankiers am
       Montag der portugiesischen Zentralbank mitgeteilt haben. Die EU hatte im
       März angekündigt, für eine Rettung des Landes bereitzustehen.
       
       5 Apr 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.jornaldenegocios.pt
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
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