# taz.de -- Neue Saison in der US-Baseball-Liga MLB: Der keinen mehr hochbekam
       
       > Saisonbeginn im Nationalsport: Sommer, Sonne, Krebsfrikadellen und
       > pikante Details aus dem Prozess gegen Hormondoper und Ex-Superstar Barry
       > Bonds.
       
 (IMG) Bild: Off you go! Das Maskottchen der Baltimore Orioles begrüßt Pitcher Koji Uehara.
       
       Solch einen strahlenden Tag hat Baltimore schon lange nicht mehr erlebt: 30
       Grad im Schatten, Sonnenschein und ein ausverkauftes Camden-Yards-Stadion.
       Die berühmten Crapcakes, eine lokale Frikadellenspezialität aus
       Krebsfleisch, schmeckten noch besser, weil den Orioles ein Sieg im ersten
       Heimspiel der noch jungen Baseball-Saison gelang. 5:1 wurden die Gäste aus
       Detroit abgefertigt.
       
       Nach drei Auswärtserfolgen zum Auftakt bei den Tampa Bay Rays sind die
       Orioles bie vier Siegen noch ungeschlagen. Für den in den letzten Jahren so
       gebeutelten Klub der beste Saisonstart seit 1997. Das kann so weitergehen,
       warten ja nur noch 158 Spiele bis zu den Playoffs.
       
       Die dürfte Baltimore trotz der überraschenden Frühform auch in diesem Jahr
       wieder verpassen. Das Team ist zwar talentiert, aber mehr als der dritte
       Platz in einer Division mit den übermächtigen New York Yankees und Boston
       Red Sox dürfte kaum drin sein. Buck Showalter, als Manager für die
       sportlichen Belange zuständig, mahnte seine junge Mannschaft und die mehr
       als 46.000 euphorisierten Fans denn auch: "Wir müssen uns weiter auf die
       Realität konzentrieren und dürfen uns nicht von den Emotionen leiten
       lassen."
       
       Die aber stehen momentan im Vordergrund. Die Baseball-Saison hat begonnen
       und das bedeutet für den Amerikaner: Der Sommer ist endlich da. Diese
       endorphingeschwängerten Tage will man sich nicht kaputtmachen lassen. Auch
       nicht von einem Gerichtsverfahren, bei dem es ebenfalls um Hormone geht.
       Denn parallel zum Saisonstart wird wieder mal Barry Bonds der Prozess
       gemacht.
       
       Der ehemalige Baseball-Star, der immer noch den 1998 aufgestellten Rekord
       von 73 Homeruns hält, ist wegen Meineids angeklagt. Dass er gedopt hat in
       den Neunziger Jahren, das ist bewiesen, aber nicht strafbar, weil es im
       Profi-Baseball damals kein entsprechendes Test- und Sanktionssystem gab.
       Allerdings sagte Bonds 2003 bei der gerichtlichen Aufarbeitung des
       Balco-Skandals unter Eid aus, er habe nicht wissentlich gedopt. Der Prozess
       in San Francisco soll ihn nun der Lüge überführen.
       
       ## "Ich habe die Dinger schließlich bezahlt"
       
       Dazu lässt die Staatsanwaltschaft Dutzende von Zeugen vorführen, die die
       Dopingpraktiken des Superstars offenlegen sollen. Großes Drama ist
       garantiert: Als eine ehemalige persönliche Angestellte aussagte, sie habe
       beobachtet, wie Bonds durch den Nabel eine Substanz injiziert wurde, brach
       dessen Mutter im Zuschauerraum in Tränen aus.
       
       Auch Kimberly Bell enthüllte pikante Details aus den neun Jahren, in denen
       sie Bonds Geliebte war. Vor Gericht erinnerte sie sich nun nicht nur daran,
       dass Bonds die Haare ausfielen, Akne ihn plagte und er ihr gegenüber
       zumindest einmal die Einnahme von Steroiden zugab. Sie habe auch beobachten
       dürfen, dass die Hoden des ansonsten arg aufgeblähten Athleten schrumpften
       und er mit Erektionsproblemen zu kämpfen hatte.
       
       Einher mit dem Drogenmissbrauch ging außerdem eine dramatische
       Wesensveränderung: Bonds wäre zusehends aggressiver geworden und habe ihr
       sogar gedroht, die Brustimplantate herauszuschneiden: "Ich habe die Dinger
       schließlich bezahlt."
       
       Außerdem im Zeugenstand: Die ehemaligen Profis Marvin Benard und Randy
       Velarde und die immer noch aktiven Brüder Jason und Jeremy Giambi. Alle
       vier sagten aus, sie hätten Greg Anderson, Bonds damaligem Privattrainer,
       Dopingpräparate abgekauft. Die Anklage will damit beweisen, dass Bonds kaum
       entgangen sein kann, dass sein enger Vertrauter einen florierenden
       Drogenhandel betrieb. Ganz nebenbei aber legt der Prozess so ein weiteres
       Mal offen: Baseball stand dem dopingverseuchten Radsport kaum nach.
       
       Trotzdem ist es fraglich, ob Bonds im Gefängnis landen wird. Selbst wenn es
       gelingen sollte, ihn des Meineids zu überführen, hat er wohl keine
       Haftstrafe zu fürchten. In einem vergleichbaren Fall kam Tammy Thomas
       unlängst mit sechs Monaten Hausarrest davon. Die frühere Weltklasseradlerin
       hatte ebenfalls während des Balco-Verfahrens gelogen.
       
       Doch den Amerikanern scheint das alles weitgehend egal zu sein. Der Prozess
       gegen Bonds spielt trotz der skandalträchtigen Aussagen nur eine Nebenrolle
       in den Medien. Die Fans freuen sich, dass wieder Baseball gespielt, wird
       und strömen in die Stadien. Die Krabbenbuletten sind aber auch zu lecker.
       
       5 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Winkler
       
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