# taz.de -- Baseball in Europa: "Der einzige Weg"
> Italien gewinnt unsensationell den EM-Titel. Für Furore sorgen eher die
> Pläne der US-Profiligen. Sie wollen in Europa die nationalen Ligen
> betreiben.
(IMG) Bild: Viele Bälle ohne Nachwuchs? Das soll sich in Europa radikal ändern.
STUTTGART taz | Es war dann doch wieder alles beim Alten. Die 31. Auflage
der Baseball-Europameisterschaft, ausgetragen in Baden-Württemberg, endete
am Sonntag mit dem erwarteten Endspiel. Italien sicherte sich seinen
neunten kontinentalen Titel durch ein finales 8:4 gegen den 20-maligen
Europameister Niederlande. Die Bronzemedaille hatte tags zuvor bereits die
deutsche Mannschaft gewonnen - durch einen 8:0-Sieg gegen die Auswahl
Schwedens.
"Der Abstand ist deutlich verkürzt worden", fand Martin Miller, deutscher
Präsident des Europäischen Baseball-Verbandes (CEB). Die Schweden hatten in
der Endrunde die Italiener besiegen können, die Deutschen sowohl
Niederlande als auch Italien am Rande einer Niederlage. Dabei zeigten "die
jungen Gewächse aus dem eigenen Nachwuchs", so Miller, vor allem "viel
Herzblut" gegen die immer noch führenden europäischen Baseball-Nationen.
Die setzen immer noch auf den Import von Profis. Diegomar Markwell, der für
die Niederlande das Endspiel gegen Italien als Pitcher begann, wurde auf
Curaçao geboren und erhielt seine Ausbildung in Nachwuchsmannschaften der
Toronto Blue Jays. Solche Verstärkungen von den Niederländischen Antillen
kontert der neue Europameister traditionell mit Italoamerikanern, die sich
im Mutterland des Sports nicht auf absolutem Top-Niveau durchsetzen
konnten.
Auf diese sogenannte Repatriierung verzichtet man in Deutschland seit Ende
der Achtziger Jahre. Das hatte eine lange Durststrecke zur Folge. Bis zum
vergangenen Wochenende hatten die Deutschen 35 Jahre lang keine Medaille
bei Europameisterschaften mehr gewonnen. Statt Spitzenkräfte zu
importieren, muss man die Strukturen schaffen, sie selbst zu Hause zu
entdecken, auszubilden und zu fördern. "Der einzige Weg", so wagt es
CEB-Präsident Miller zu träumen, "wenn man perspektivisch in die Weltspitze
will." Selbst Holländer und Italiener geben ihm Recht. Auch sie haben in
den letzten Jahren die Nachwuchsarbeit verbessert.
Diese Nachwuchsarbeit könnte demnächst auf ganz neue Beine gestellt werden.
Miller verrät, dass sein CEB und der Baseball-Weltverband IBAF, der seit
vergangenem Dezember vom Italiener Riccardo Fraccari angeführt wird, in
Verhandlungen mit Major League Baseball (MLB) stehen. Die
nordamerikanischen Profiligen, in denen Milliarden Dollars umgesetzt
werden, wollen den europäischen Markt erobern und haben sich entschlossen,
intensiver mit den bereits vorhandenen Verbänden zusammenzuarbeiten.
Das könnte zum einen zu einer Harmonisierung des internationalen
Spielkalenders führen, zum anderen zu einer vollkommenen Neuordnung des
Spielbetriebs in Europa. Diskutiert werde, so Miller, wahrhaft
Sensationelles: Die notorisch unterfinanzierten nationalen Ligen mit ihren
Halbprofis könnten gänzlich abgeschafft werden. Stattdessen soll die MLB in
der Alten Welt ein Farmsystem finanzieren, in dem europäische Talente
systematisch ans höchste Niveau herangeführt werden.
Die Cologne Cardinals wären dann vielleicht das vierte Nachwuchsteam des
gleichnamigen Teams aus St. Louis, die Washington Nationals könnten ihre
europäischen Talente bei den Bonn Capitals pflegen. Solche Aussichten, so
radikal sie auch sein mögen, sind, glaubt jedenfalls Martin Miller, "nicht
unrealistisch".
2 Aug 2010
## AUTOREN
(DIR) Thomas Winkler
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