# taz.de -- Löschen statt Sperren bei Kinderpornos: Koalition schafft Netzsperren ab
       
       > Die umstrittenen Sperren für Kinderpornos im Internet wird es nicht
       > geben. Die Koalition hat sich darauf geeinigt, dem Löschen den Vorrang zu
       > geben.
       
 (IMG) Bild: So nun nicht mehr: Künftig wird gelöscht und nicht gesperrt.
       
       In Deutschland werden nun doch keine Internetsperren eingeführt. Das hat
       der schwarz-gelbe Koalitionsausschuss am späten Dienstag abend auf Druck
       der FDP beschlossen. Im Gegenzug stimmten die Liberalen der Einrichtung
       einer Visa-Warndatei zu.
       
       Im Juni 2009 hat der Bundestag auf Betreiben der damaligen
       Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) das so genannte
       Zugangserschwerungsgesetz beschlossen. Seitdem ist das Bundeskriminalamt
       (BKA) eigentlich verpflichtet, täglich eine Liste von Kinderporno-Seiten an
       die deutschen Internet-Provider zu liefern. Die Provider sollten dann für
       ihre Kunden den Zugang erschweren und sie auf eine Stopp-Seite umleiten.
       
       Kritiker befürchten, dass die Sperr-Infrastruktur bald auch gegen andere
       unliebsame Inhalte eingesetzt wird. Die FDP hat deshalb in den
       Koalitionsverhandlungen durchgesetzt, dass das Gesetz zunächst nicht
       angewandt wird. Ein Jahr lang sollte statt dessen das BKA versuchen, eine
       Löschung von Kinderporno-Seiten an der Quelle, also im Ausland, zu
       erwirken.
       
       Die ursprünglich geplante Evaluation des einjährigen Versuchs führte der
       Koalitionsausschuss nun im Handstreich durch: Das Zugangserschwerungsgesetz
       ist nicht mehr gewollt und wird aufgehoben. Nächste Woche werden die
       Fraktionen von FDP und CDU/CSU einen entsprechenden Gesetzentwurf in den
       Bundestag einbringen, kündigte der FDP-Internetexperte Jimmy Schulz an.
       
       ## Visa-Warndatei
       
       Der Durchbruch wurde durch neue Statistiken des BKA erleichtert. Danach
       sind zwei Wochen nach einer Kontaktaufnahme des BKA mit der zuständigen
       ausländischen Polizei 93 Prozent der Kinderporno-Seiten an der Quelle
       gelöscht. Nach vier Wochen sind es sogar 99 Prozent.
       
       Die Union hatte sich zunächst auf ältere BKA-Statistiken berufen. Danach
       waren eine Woche nach BKA-Kontaktaufnahme noch ein Drittel der
       ausländischen Kinderporno-Seiten online. Deshalb sollten die deutschen
       Provider für ihre Kunden eine - allerdings leicht zu umgehende - Sperre zu
       solchen Seiten einbauen. Davon war zuletzt aber sogar der CSU-Netzrat
       abgerückt.
       
       Die geplante Visa-Warndatei soll deutschen Botschaften im Ausland die
       Entscheidung über die Gewährung von Visa erleichtern. So soll schnell
       erkennbar sein, ob der einreisewillige Ausländer oder die Person, die ihn
       nach Deutschland eingeladen hat, schon einmal wegen Terrorismus,
       Drogendelikten oder Menschenhandel verurteilt wurde. Wenn terroristische
       Gefährder einen Visum-Antrag stellen, werden automatisch die
       Sicherheitsbehörden informiert.
       
       Entgegen ursprünglicher Unions-Pläne soll es für die Aufnahme in die
       Warndatei nicht genügen, wenn jemand schon einmal falsche Angaben bei einer
       Ausländerbehörde gemacht oder einen erfolglosen Asylantrag gestellt hat.
       Über die Vorratsdatenspeicherung wurde bei dem Treffen nach Angaben von
       Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) nicht gesprochen. Der Kompromiss
       wurde wesentlich von den Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder (CDU) und
       Birgit Homburger (FDP) eingefädelt.
       
       6 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
       
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