# taz.de -- Koalitionsgespräche in Sachsen-Anhalt: Eltern entscheiden allein über Schulwahl
       
       > Für die angestrebte Neuauflage der Koalition bewegt sich die CDU auf die
       > SPD zu – vor allem mit der Abschaffung der verbindlichen
       > Laufbahnempfehlung für Grundschüler.
       
 (IMG) Bild: Nicht mehr so weit voneinander entfernt: CDU-Fraktionschef Reiner Haseloff (r.) und Jens Bullerjahn (SPD).
       
       MAGDEBURG taz | In den letzten Wahlkampftagen hatte Sachsen-Anhalts
       CDU-Spitzenkandidat Reiner Haseloff mit seiner 10-Punkte-Agenda auch die
       eigenen Unionsfreunde verblüfft. Jetzt, wenige Wochen nach der Landtagswahl
       und als nunmehr designierter Ministerpräsident, konnte Haseloff nicht mehr
       hinter seine eigenen Ankündigungen zurück: Der Vertrag über eine Neuauflage
       der bisherigen Koalition mit der SPD, auf dessen Eckwerte sich die Partner
       Mitte der Woche einigten, wird einige Zugeständnisse an die
       Sozialdemokraten enthalten. Sie betreffen vor allem die
       Kindergartenbetreuung und die Schulbildung. Wenn voraussichtlich am 13.
       April der Vertrag im Wortlaut vorliegt, entscheiden anschließend zwei
       Landesparteitage über dessen Annahme.
       
       Nach der Landtagswahl vom 20. März hatte die SPD, die mit 21,5 Prozent
       schwach abgeschnitten hatte, gar nicht erst Sondierungsgespräche mit der
       Linken für ein rot-rotes Bündnis aufgenommen. Relativ schnell einigte man
       sich nun mit der Union, die mit 32,5 Prozent erneut stärkste Partei wurde.
       Dabei konnten die Sozialdemokraten Gemeinschaftsschulen durchsetzen, die
       allerdings wie in Thüringen nur freiwillig im Konsens aller Beteiligten
       eingerichtet werden. Als größte Sensation gilt die Abschaffung der
       verbindlichen Laufbahnempfehlung für Grundschüler nach der vierten Klasse.
       Damit entscheiden künftig allein die Eltern, ob ihr Kind das Gymnasium oder
       die Sekundarschule besuchen soll. Sachsen und Thüringen hatten hingegen die
       Zugangskriterien für das Gymnasium wieder verschärft.
       
       Der Koalitionsausschuss folgte allerdings nicht der Empfehlung einer
       Arbeitsgruppe für ein kostenloses Vorschuljahr im Kindergarten. Stattdessen
       sollen der gesetzliche Anspruch auf Ganztagsbetreuung wieder eingeführt und
       Geschwisterkinder kostenlos betreut werden. Die Sportförderung soll
       gesetzlich bestimmt und ein Kulturkonzept erarbeitet werden. Ein
       Vergabegesetz wird öffentliche Aufträge künftig an Tariftreue der
       ausgewählten Unternehmen binden. Das Abrücken der SPD von der Forderung
       nach einem generellen gesetzlichen Mindestlohn kritisierte die Linke
       hingegen bereits als "Wählerbetrug".
       
       Trotz dieser teils kostenintensiven Vorhaben will sich die schwarz-rote
       Koalition an die Schuldenbremse halten. Die Vereinbarungen stehen deshalb
       alle unter Finanzierungsvorbehalt. "Irgendwann wird Adam Riese diese
       Koalition einholen", prophezeite deshalb Linken-Fraktionschef Wulf Gallert.
       
       Die SPD behält nicht nur wie bisher vier Ministerposten. Mit dem Theologen
       Stephan Dorgerloh, der in der vorigen Legislatur den überparteilichen
       Bildungskonvent des Landes geleitet hatte, besetzt sie auch das begehrte
       Bildungsressort. Strittig ist allerdings noch, ob die bisherige
       Bildungsministerin Birgitta Wolff (CDU) den Hochschulbereich in das künftig
       von ihr geleitete Wirtschaftsministerium mitnimmt. Hochschulen befürchten,
       so zum "Wurmfortsatz der Wirtschaft" zu werden, sagt Udo Sträter, Rektor
       der Universität Halle-Wittenberg.
       
       7 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Bartsch
       
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