# taz.de -- Deutsche Flüchtlingsabwehr: Schleierfahndung gegen Nordafrikaner
       
       > Als Reaktion auf Italiens Vergabe von Schengen-Visa werden in Deutschland
       > Personenkontrollen verstärkt. Menschenrechtler befürchten
       > Diskriminierung.
       
 (IMG) Bild: So war das mal an der deutsch-österreichischen Grenze.
       
       BERLIN taz | Gegen die Pläne von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU),
       als Reaktion auf die Flüchtlingsproblematik in Italien die Kontrollen an
       Grenzen und im Hinterland zu verschärfen, regt sich Widerstand.
       Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen befürchten, dass diese
       Kontrollen vor allem nach Kriterien der Hautfarbe und Herkunft durchgeführt
       werden könnten.
       
       Hintergrund ist die Ankündigung Italiens, wegen der anhaltenden Migration
       aus Nordafrika Flüchtlingen befristete Aufenthaltsgenehmigungen
       auszustellen. Damit könnten sich die Migranten innerhalb des Schengen-Raums
       frei bewegen - und etwa nach Frankreich und Deutschland weiterreisen. Dort
       zeigte man sich alarmiert und drohte verschärfte Grenzkontrollen an.
       
       Friedrich verkündete am Montag beim Treffen mit seinen EU-Amtskollegen in
       Luxemburg, "situationsangepasst" die Kontrollen verstärken zu wollen.
       Allerdings sei nicht geplant, das Schengen-Abkommen auszusetzen. Eine
       Wiedereinführung von Grenzkontrollen ist im Schengen-System ohnehin nur für
       den Ausnahmefall vorgesehen: etwa bei Terrorgefahr oder für
       Großveranstaltungen.
       
       Die Alternative zu Grenzkontrollen ist die sogenannte Schleierfahndung.
       Darunter versteht man verdachtsunabhängige Personenkontrollen in Grenznähe
       sowie in "Einrichtungen des internationalen Verkehrs" wie in Flughäfen und
       Bahnhöfen. Diese "mobile Grenzraumüberwachung" wird vor allem seit dem
       Inkrafttreten des Schengener Abkommens eingesetzt.
       
       Das bayerische Innenministerium kündigte bereits an, im Falle der Ausgabe
       italienischer Schengen-Visa die Schleierfahndung im Freistaat zu
       verstärken. Das Bundesinnenministerium lehnte dazu einen Kommentar am
       Dienstag ab. Ein Sprecher sagte, es werde nach Lage und Situation
       punktuelle Kontrollen geben.
       
       ## Mindestens 61 Euro pro Tag
       
       Wozu sollen diese Kontrollen aber gut sein, wenn die betroffenen
       Flüchtlinge mit einem gültigen Visum unterwegs sind? Nach Aussage des
       Innenministeriums würden in diesem Fall trotzdem die für die Visumsvergabe
       einzuhaltenden Kriterien überprüft. Dazu gehört der Besitz eines
       Reisepasses oder Ausweises und der Nachweis finanzieller Mittel (mindestens
       61 Euro pro Tag). Außerdem darf der Visumsinhaber keine Gefahr für die
       öffentliche Ordnung darstellen oder strafrechtlich gesucht werden. Die
       systematische Kontrolle italienischer Visa hieße aber vor allem auch: Die
       deutschen Behörden misstrauen der Fähigkeit der Italiener, gültige
       Dokumente auszugeben.
       
       Ein weiteres Problem haben Flüchtlingsvertreter ausgemacht: Die
       Schleierfahndung wird in Zukunft noch mehr nach "vermeintlich äußerlichen
       Kriterien" durchgeführt, so Karl Kopp von Pro Asyl. Es gebe die Gefahr,
       dass "eine Art rassistischer Farbenlehre eine Rolle spielt".
       
       Sheila Mysorekar von der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland sagt:
       "Als schwarze Deutsche können wir uns darauf einstellen, dass wir natürlich
       von diesem 'Racial Profiling' erfasst werden, denn um nichts anderes
       handelt es sich bei diesen Kontrollen." Weiße würden "wohl kaum gesondert
       kontrolliert" werden. Dabei liege wegen der Islamismusdebatte "ohnehin ein
       Generalverdacht auf allen vage arabisch oder südostasiatisch aussehenden
       Personen".
       
       12 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Niklas Wirminghaus
       
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