# taz.de -- Retourkutsche aus Washington: S&P-Analysten "bewerten politisch"
       
       > Die Drohung der Ratingagentur Standard & Poors, die USA herabzustufen,
       > führt weltweit zu Kurseinbrüchen. Washington weist die Bewertung zurück.
       
 (IMG) Bild: US-Präsident Obama will Ausgaben kürzen und die Steuersenkungen seines Vorgängers zurücknehmen.
       
       BERLIN taz | Folgt der Eurokrise jetzt womöglich eine Dollarkrise? Diese
       Sorge hatte am Montag eine Mitteilung der Ratingagentur Standard & Poors
       (S&P) ausgelöst, die die Kreditwürdigkeit der USA in Zweifel zog.
       Investoren in aller Welt reagierten mit Entsetzen. Als Erstes knickte in
       den USA der Dow-Jones-Aktienindex, der in den vergangenen Monaten beständig
       gestiegen war, um 1,14 Prozent ein.
       
       Der Deutsche Aktienindex DAX verlor am späten Montagnachmittag 2,11
       Prozent. Auch an den Börsen in Asien ging es bergab. Und der Kurs des
       US-Dollars, der gerade noch von den Wahlerfolgen der rechtspopulistischen
       EU-Gegner in Finnland und den damit zusammenhängenden Sorgen über die
       Zukunft des Euro profitiert hatte, sank gegenüber der EU-Währung um ein
       Dreiviertelprozent.
       
       Noch haben die USA genauso wie etwa Deutschland die höchste Note der
       Ratingagentur: die AAA, im Finanzjargon "Triple A" genannt. Das heißt, die
       Kreditwürdigkeit des Staates ist über jeden Zweifel erhaben. Doch nun haben
       die S&P-Analysten für die US-Anleihen den Ausblick auf negativ gesenkt. Die
       Wahrscheinlichkeit einer Herabstufung der Bonität liege bei 33 Prozent.
       Dies würde zu höheren Risikoaufschlägen führen und damit zu höheren
       Zinskosten für den US-Staat. Schlimmstenfalls könnten ein Dollarabsturz und
       eine Rezession drohen.
       
       ## S&P: "großes Haushaltsdefizit und wachsende Staatsverschuldung"
       
       Zur Begründung verweist die Agentur auf das "sehr große Haushaltsdefizit
       und eine wachsende Staatsverschuldung". 2009 sei das US-Haushaltsdefizit
       auf 11 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die Höhe geschossen - ein
       Wert, von dem sich die Staatsfinanzen seither nicht erholt hätten. Das ist
       ein Niveau, das sogar noch knapp über den jüngst gemeldeten 10,6 Prozent
       des Krisenstaates Griechenland liegt.
       
       Verschärfend komme hinzu, dass die Regierung in Washington keinen Plan
       habe, wie die Schulden abgebaut werden könnten. "Mehr als zwei Jahre nach
       dem Ausbruch der Finanzkrise sind sich US-Politiker immer noch nicht einig,
       wie die Verschlechterung der Haushaltslage gestoppt werden kann und wie die
       langfristigen Finanzprobleme anzugehen sind", monierte der zuständige
       Kreditanalyst Nikola Swann.
       
       ## US-Regierung: "längst bekannte Fakten"
       
       Die US-Regierung wies die S&P-Einschätzung als politisches Statement über
       längst bekannte Fakten zurück. Präsident Barack Obama hatte schon vor einer
       Woche einen Plan vorgestellt, das Defizit in zwölf Jahren um 4 Billionen
       US-Dollar zu reduzieren. Dafür sollten Ausgaben gekürzt und die unter der
       Regierung George Bush beschlossenen Steuersenkungen zurückgenommen werden.
       Die republikanische Mehrheit im Repräsentantenhaus schlägt zwar
       Einsparungen in ähnlicher Größenordnung vor. Doch sollen diese durch
       Senkungen der Ausgaben im Sozial- und Gesundheitsbereich bei weiteren
       Steuersenkungen erreicht werden.
       
       "Wir halten das Risiko für groß, dass der Kongress bis nach den
       Präsidentschaftswahlen im Herbst 2012 zu keiner Einigung über eine
       mittelfristige haushaltspolitische Strategie gelangt", erklärten die
       S&P-Analysten. Der US-Ökonom Barry Eichengreen sieht zwar keine Anzeichen
       für eine Finanzkrise. "Aber die Geschichte lehrt uns, dass Krisen oft um
       Wahlen herum geschehen. Und eine wichtige Wahl kommt Ende 2012 auf uns zu."
       
       Trotz des Warnschusses von S&P zeigen die Politiker in den USA keine
       Kompromissbereitschaft. Sie stritten gestern weiter über Schuldengrenzen
       und Ausgabensenkungen. Die Schuldenobergrenze von derzeit 14,3 Billionen
       Dollar muss kommenden Monat erhöht werden. Sonst ist die Regierung in
       Washington zahlungsunfähig.
       
       19 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicola Liebert
       
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