# taz.de -- Kommentar 1. Mai: Die Angst vor Verdrängung verbindet
> Hätte der 1. Mai neben der Klage über die Gentrifizierung auch einen
> Stopp bei der Umwandlung von Ferienwohnungen oder Maßnahmen dagegen
> gefordert, wäre der Senat weiter unter Druck gesetzt worden.
(IMG) Bild: Auftakt der 18-Demonstration am Sonntag in Berlin
Der revolutionäre 1. Mai hat wieder ein Thema. Steigende Mieten und
drohende Vertreibung haben nicht nur die Gewalt auf der Straße zugunsten
der Inhalte verdrängt. Die Sorge um den Verlust der Freiräume und der
Siegeszug der Makler hat auch eine neue Betroffenheit ausgelöst. Politik in
der ersten Person statt revolutionäre Stammtischparolen: So viel Ernst war
selten am 1. Mai.
Ganz ohne Parolen aber kommt auch der "Kampf gegen die Gentrifizierung"
nicht aus. Wie sollte er auch, würde doch jede Tiefenbohrung die
Widersprüchlichkeit des Themas deutlich machen. Erst kamen die Besetzer
nach Friedrichshain, dann die Punks aus Spanien und Polen, später die
Backpacker. Nun machen es sich die Touristen in Ferienwohnungen gemütlich,
und bestimmt findet sich auch einer, der einst in der Liebig 14
übernachtete und nun eine Wohnung um die Ecke kauft. Die Revolution frisst
ihre Kinder - die Revolte schafft Adressen.
Der zweite Widerspruch: Weil sie gegen Kapital und Staat ist, scheut die
radikale Linke konkrete Forderungen an die Politik wie der Teufel das
Weihwasser. Das ist nicht nur ideologische Folklore, sondern auch zunehmend
kontraproduktiv.
Hätte der revolutionäre 1. Mai in Kreuzberg und Neukölln neben der Klage
über die Gentrifizierung auch einen Stopp bei der Umwandlung von
Ferienwohnungen oder Maßnahmen gegen Umwandlung gefordert, wäre der Senat
politisch weiter unter Druck gesetzt worden.
Bislang nämlich hat Rot-Rot beim Thema Wohnungspolitik auch nur Parolen zu
bieten. Die dümmste von ihnen lautet: Es gibt kein Problem auf dem Berliner
Wohnungsmarkt. Das weiß jeder besser - nicht nur am 1. Mai.
1 May 2011
## AUTOREN
(DIR) Uwe Rada
## TAGS
(DIR) Schwerpunkt 1. Mai in Berlin
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