# taz.de -- Kommentar 1. Mai: Differenziert statt diffus
       
       > Es wird noch gepöbelt, aber die Randale am 1. Mai hat im Vergleich zu den
       > Vorjahren abgenommen. Das heißt nicht, dass es im autonomen Spektrum
       > entspannter zugeht.
       
       Ein diffuser Raum von Pöbeleien. Das war der 1. Mai in den letzten Jahren
       immer mehr. Von Krawallkids war die Rede und von erlebnisorientierten
       Jugendlichen, die die Maiproteste im Hamburger Schanzenviertel und in
       Berlin-Kreuzberg als die alljährliche Stunde ihres undifferenzierten Frusts
       gefeiert haben. Dieses Szenario wandelt sich wieder.
       
       Die Proteste zum 1. Mai in Hamburg und Berlin haben gezeigt: Das diffuse
       Gepöbel in den Abendstunden verlief - abgesehen von teils massiven
       Pfeffersprayeinsätzen der Berliner Polizei - relativ entspannt.
       
       Die Nächte, die in den letzten Jahren fälschlicherweise immer wieder zum
       Gradmesser der politischen Auseinandersetzung stilisiert wurden, waren in
       diesem Jahr erneut fast ausnahmslos von einer Kultur der Schaulust geprägt.
       Da wird gepöbelt, aber kaum noch randaliert.
       
       Doch eine neue klare Rollenteilung war am Wochenende kaum zu übersehen: Die
       harten Auseinandersetzungen fanden in Hamburg und Berlin entlang der
       Demorouten statt.
       
       Und hier steht nicht mehr der Kapitalismus an sich und als solcher im
       Mittelpunkt der Parolen, sondern die sehr konkrete Politik in den Vierteln
       und Kiezen der Städte. Im radikalen Spektrum werden die Proteste rund um
       den 1. Mai wieder politischer, spezifischer.
       
       Damit differenziert sich der Charakter der radikalen Maiproteste, die
       zuletzt nur noch als ein Spektakel ritualisierten Blödeltums wahrgenommen
       wurden, wieder aus.
       
       Das bedeutet nicht, dass es im autonomen Spektrum nun zwangsläufig
       entspannter zugeht. Im Gegenteil: Die Folgen dieser Differenzierung zeigten
       sich am Sonntag etwa in Berlin, wo rund drei Dutzend Polizisten bei einer
       Demo in den Hinterhalt gerieten und minutenlang aus nächster Nähe heftigst
       attackiert wurden.
       
       Dass der 1. Mai also auch künftig so relativ entspannt verläuft wie in
       diesem Jahr, ist damit nicht gesagt. Aber er hat ein politisches Profil
       zurückerhalten. Und es ist ein linksautonomes Profil.
       
       2 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Kaul
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt 1. Mai in Berlin
       
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