# taz.de -- Daily Dope: "Epo lieber vormittags oder am Abend?"
       
       > Last-Minute-Korrektur: Vor dem Start des Giro d'Italia werden ein paar
       > der unverschämtesten Radler aussortiert.
       
 (IMG) Bild: Alberto Contador ist beim Giro d'Italia dabei, obwohl er wegen Dopings angeklagt wurde.
       
       MAILAND taz | Manchmal hat ein Lauschangriff schöne Seiten. Wenn die
       italienische Justiz nicht so exzessiv von diesem durchaus umstrittenen
       Ermittlungsinstrument Gebrauch machen würde, hätte die Welt nicht erfahren,
       was die Millionenverdiener im Pedalzirkus so umtreibt. "Soll ich Epo lieber
       vormittags oder am Abend nehmen?", suchte Radprofi Marzio Bruseghin während
       des vorletzten Giro telefonisch Rat bei dem Apotheker Guido Nigrelli. Der
       pharmazeutische Betreuer empfahl den Abend.
       
       In einem Gespräch mit einem anderen Kunden verwies Nigrelli auf die guten
       Erfahrungen, die Bruseghin mit einem nicht näher beschriebenen Produkt
       gemacht hatte. "Sandro, komm, das tut dir gut. Nimm eine davon, da wirst du
       eine Bestie. Was den Test anbelangt, musst du keine Angst haben. Du kannst
       das sehen, wenn auch Bruse [Bruseghin; Anm. d. Red.] das Freitag nimmt",
       sagte er im Mai 2009 zu dem seinerzeit im Weltmeistertrikot durch die Lande
       ziehenden Alessandro Ballan. Beide Profis waren damals bei Team Lampre
       unter Vertrag. Für den traditionsreichen italienischen Rennstall hatte der
       diplomierte Chemiker nach Meinung der Staatsanwaltschaft Mantua ein
       ausgefeiltes Dopingprogramm entworfen. 14 Lampre-Profis sowie die
       Individualkunden Michael Rasmussen und Daniele Pietropolli (damals LPR,
       heute Lampre) sollen daran teilgenommen haben. Unterstützt wurden sie von
       den Teambetreuern des Lampre-Rennstalls sowie von willigen Ärzten. Bei
       einem von ihnen soll sich Ballan zehn Bluttransfusionen unterzogen haben,
       schreibt die Gazzetta dello Sport. 
       
       Zwei Jahre nach den dokumentierten Ereignissen holen die Taten die
       Verursacher nun ein. Nachdem Lampre schon alle Verdächtigen aufs vorläufige
       Abstellgleis geschoben hat, wurden wenige Tage vor dem Start des 94. Giro
       d'Italia auch Ballan und Bruseghin von ihren aktuellen Arbeitgebern BMC
       Racing und Movistar aus dem Aufgebot für den Giro d'Italia gestrichen. Die
       gleiche Reaktion zeigten Liquigas und Quick Step, die je eine
       Lampre-Altlast in ihren Reihen wussten.
       
       Diese kollektive Aussortierungsaktion ist durchaus ein Erfolg für die
       Hinterzimmerpolitik von Giro-Direktor Angelo Zomegnan. Arbeitsrechtlich ist
       die Nichtnominierung indes problematisch. Zwar enthalten die meisten
       Verträge heutzutage eine Klausel, die es dem Management ermöglicht, sich
       problemlos von Dopern zu trennen. Doch um dies zu tun, muss eine Mannschaft
       selbst auch ein Interesse haben, Sportbetrüger in den eigenen Reihen
       aufzuspüren. An diesem Willen mangelt es nach wie vor. Das zeigt unter
       anderem die lasche Vorgehensweise des Teams BMC. Ein Jahr lang bemühte sich
       der Rennstall, die Vorwürfe gegen Ballan und dessen Getreuen Santambrogio
       herunterzuspielen, anstatt den Dingen auf den Grund zu gehen. Jetzt
       überlässt man es den Fahrern, "die Vorwürfe aufzuklären".
       
       Immerhin wird ihnen nun die Teilnahme an der Rundfahrt verwehrt, die wegen
       der Feiern zum 150. Jahrestag der Einheit Italiens ganz besonders prächtig
       ausfallen soll. Ausschließlich festlich wird die rosa Schleife trotz
       spektakulärer Etappen wie des Mannschaftszeitfahrens durch die alte
       Hauptstadt Turin am Samstag, des Aufstiegs zum Ätna am 15. Mai und der
       Dolomitenkracher in der letzten Woche dennoch nicht werden. Sowohl der
       wegen Clenbuteroldopings angeklagte Alberto Contador als auch die Neukunden
       des aus dem Leistungssport verbannten Dopingdoktors Michele Ferrari dürfen
       sich morgen die Startnummern anheften.
       
       Katzenwäsche nannte man es früher, wenn Kinder glaubten, mit ein paar
       Spritzern Wasser den Dreck eines ganzen Tages verschwinden lassen zu
       können.
       
       6 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tom Mustroph
       
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