# taz.de -- Treffen der Atomlobby: Protest braucht mehr Strahlkraft
       
       > 700 Menschen demonstrieren gegen Treffen der Atomkraftlobby, Das
       > Anti--Atom-Camp am Alexanderplatz ist eher mäßig besucht.
       
 (IMG) Bild: Atomkraftgegner schütten am Montag bei einer Aktion vor dem Bundeskanzleramt in Berlin Atommüllfässer in einen Käfig.
       
       "Abschalten, abschalten", schallt es über die verregnete Skalitzer Straße.
       Rund 700 Atomkraftgegner haben sich am Montag am Schlesischen Tor in
       Kreuzberg zu einer Anti-Atom-Demo versammelt. "Der Atommafia in die Suppe
       spucken" steht auf einem Banner. Die Mafia - das ist das Deutsche
       Atomforum, das sich ab Dienstag zu seiner "Jahrestagung Kernenergie"
       treffen will. "Wir werden unseren Widerstand auf die Straße bringen, für
       einen sofortigen Atomausstieg", ruft ein Redner. Dann zieht die Demo mit
       gelben Anti-Atom-Fahnen und bunten Regenschirmen Richtung Alexanderplatz.
       
       Dorthin, wo sich Atomlobbyisten und Wissenschaftler drei Tage lang im
       Berliner Congress Centrum (BCC) austauschen wollen. Einen politischen Teil
       und ein Vorabenddinner hatten die Organisatoren abgesagt - wegen der
       "aktuellen Lage nach Fukushima". Die Demonstranten am Schlesischen Tor
       verbuchen diese Absage auf ihr Konto.
       
       Und sie planen schon den zweiten Streich: Am Dienstagmittag wollen sie den
       Beginn des Atomforums mit Blockaden verhindern. "Wir werden nicht zulassen,
       dass Politik und Lobby nach Fukushima zur Tagesordnung übergehen", so Sonja
       Schubert vom Bündnis Atomforum Blockieren. Sie hofft, dass 1.000 Blockierer
       "kreativ und entschlossen" protestieren.
       
       Seit Sonntag haben Mitstreiter dafür auf dem Alexanderplatz ein
       "Anti-Atom-Camp" errichtet: eine Bühne, ein "Vokü"-Zelt, zwei Infostände,
       Bierbänke. Rund 25 Zelte sollten es eigentlich werden. "Aus
       Sicherheitsgründen" sei ihnen dies vom Bezirk Mitte untersagt worden,
       bedauert Camp-Mitorganisatorin Meryem. Stattdessen übernachten die von
       außerhalb Angereisten nun in Kreuzberg, beim Zirkus Cabuwazi am Görlitzer
       Park.
       
       Auf dem Alex-Camp baumelt ein weißes Banner an einem Zaungitter:
       "Willkommen zum letzten Atomforum". Bässe wummern von der Bühne über die
       gepflasterte Fläche, rund 150 meist junge Atomkraftgegner unterhalten sich
       auf den Bierbänken, löffeln vegane Kichererbsensuppe aus der "Volksküche".
       Später stellen sie die Bänke zu einem Kreis zusammen, zum Plenieren. Als es
       zu regnen beginnt, wird unter einem Regenbogen zu den Electrobeats einer
       Band mit blonder Sängerin getanzt. Friedlicher geht Protest nicht.
       
       "Wir wollen Leute erreichen, die sich sonst über Atomkraft weniger einen
       Kopf machen", sagt Meryem. Denn beim Ausstieg könne ja jeder dabei sein:
       per Wechsel zu Ökostrom. Die Resonanz sei bisher "ganz gut". Selbst aus
       Bayern sei eine Familie angereist. Auf dem Programm stünden Diskussionen
       über das Atomforum und Fukushima, Straßentheater, Flashmobs,
       Blockadetrainings und "Lieder aus dem Wendland".
       
       Seit 30 Jahren sei sie gegen Atomkraft, sagt eine 48-Jährige, die mit ihrer
       achtjährigen Tochter vor der Bühne tanzt. Nur mit "schierer Masse an
       Protest" sei der Atomlobby beizukommen. "Denen gehts ja um Geld." Die Idee
       des Camps sei "gut", nur seien leider zu wenige Leute da.
       
       Weiter hinten reicht Oskar von "Anti Atom Berlin" gegen Spende Aufkleber,
       Flyer, Shirts und Buttons über den Infotisch, überall leuchtet die gelbe
       Anti-Atom-Sonne. "Die Aufkleber gehen am besten", sagt der 27-Jährige mit
       Brille und schwarzer Regenjacke. "Scheiß Atom Staat" prangt auf den
       T-Shirts vor ihm.
       
       Es ist ein buntes Sammelsurium von Anti-AKW-Aktivisten, die das Camp
       organisiert haben. Radikalere Vertreter aus dem Anti Atom Plenum,
       gemäßigtere von den Naturfreunden. Nicht alle rufen zum Blockieren auf.
       "Jeder macht, was er sich zutraut", sagt Sarah, 50-jährige
       Exhausbesetzerin. Der Widerstand sei vielfältig, "das ist unsere Stärke."
       
       Gegenüber, vorm BCC, hat man sich gerüstet. Gitter umstellen das
       Tagungsgebäude und ein großes weißes Festzelt, das locker das ganze
       Anti-Atom-Camp fassen könnte. Zwei Polizeifahrzeuge stehen einsam neben den
       Atomgegnern. Nur einmal beschwert sich ein Beamter über die Musik. Am
       Dienstag könnte er mehr zu tun bekommen.
       
       16 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
       
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