# taz.de -- Polizeipräsident im Berliner Innenausschuss: Kritik an Polizei nach Nazi-Demo
       
       > Zwei Wochen nach dem Neonazi-Aufmarsch in Kreuzberg folgt die Abrechnung
       > im Innenausschuss. Opposition kritisiert Polizeieinsatz und
       > Informationspolitik heftig.
       
 (IMG) Bild: Das hier ist bereits die Demo, die den Unmut über die Polizeitaktik und die Neonazi-Demo in der Woche zuvor ausdrücken soll.
       
       Nach dem Gewaltausbruch auf der Neonazi-Demo in Kreuzberg vor zwei Wochen
       folgte an diesem Montag die Abrechnung im Innenausschuss des
       Abgeordnetenhauses. Die Opposition übte dabei harsche Kritik am Einsatz.
       
       Die Neonazis hatten ihren Aufmarsch nur intern beworben, die Polizei hatte
       diesen ebenfalls nicht bekannt gegeben. Als die Rechtsextremen dennoch von
       rund 500 Gegendemonstranten blockiert wurden, führte sie die Polizei durch
       den U-Bahnhof Mehringdamm. Die Neonazis durchbrachen die Polizeikette und
       gingen auf Gegendemonstranten los. Zu den von Augenzeugen geschilderten
       Angriffen auf Migranten lägen weder durch Videos noch durch Strafanzeigen
       Erkenntnisse vor, sagte der scheidende Polizeipräsident Dieter Glietsch.
       Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hatte von einem "Gewaltexzess"
       gesprochen.
       
       Glietsch verwies auf eine Gefahrenprognose im Vorfeld, die kein Verbot
       zugelassen habe. Zu den Attacken auf vier Sitzblockierer seien bisher drei
       Neonazis ermittelt worden. Eine Antifa-Internetseite veröffentlichte neun
       mutmaßliche Schläger mit Foto und Namen. Laut Glietsch wurde am Mehringdamm
       nur ein Rechter festgenommen, 39 weitere Festnahmen gab es bei einem
       zweiten Aufmarschversuch in Rudow.
       
       In einer Erklärung des Demo-Anmelders und Neonazis Sebastian Schmidtke
       heißt es, dass bereits im Vorfeld von der Polizei vorgeschlagen wurde, bei
       Blockaden den U-Bahnhof zu nutzen, um Gegendemonstranten zu umgehen.
       Glietsch räumte dies ein. Das Vorgehen sei ein Versuch gewesen,
       Versammlungsrecht durchzusetzen und sei auch Thema im Kooperationsgespräch
       gewesen.
       
       Grünen-Innenexperte Benedikt Lux nannte es "ungeheuerlich", dass vor den
       Augen von Polizisten "Rechte zutreten konnten". Die Geheimhaltung des
       Aufmarschs durch die Polizei kritisierte er als "gestrige
       Informationspolitik". Wenn Neonazis öffentliche Veranstaltungen wollten,
       müsse die Polizei diese auch öffentlich durchführen. Sein Parteikollege
       Dirk Behrendt warf der Polizeiführung ein "Schweigekartell mit Nazis" vor.
       
       FDP-Innenpolitiker Björn Jotzo kritisierte, dass die Geheimhaltung dafür
       gesorgt habe, dass nur "die mobilen Linksextremen" vor Ort waren, nicht
       aber die Zivilgesellschaft, die Gewaltausbrüche oft verhindere. Auch
       CDU'ler Robbin Juhnke nannte den Einsatz "kein Ruhmesblatt für die
       Polizei". Der U-Bahnhof hätte geräumt werden müssen, bevor die Neonazis
       hindurch geführt wurden. Die Info-Politik sei dagegen "legitim".
       
       Glietsch bekannte, selbst veranlasst zu haben, den Aufmarsch nicht bekannt
       zu geben. Die Polizei sei dazu nicht verpflichtet, um Einsatzkräfte zu
       schützen und "rechtswidrige Verhinderungsaktionen" zu umgehen. Dabei bleibe
       es weiterhin. Körting hatte nach dem Einsatz angekündigt,
       Neonazi-Aufmärsche künftig auf Nachfrage einen Tag vorher bekannt zu geben.
       Sein Innenstaatssekretär Ulrich Freise schwenkte im Innenausschuss dagegen
       auf Glietsch-Linie. Natürlich sei "bürgerschaftliches Engagement gegen
       Rechtsextremismus geboten und gewünscht", so Freise. Polizisten und
       Demonstranten müssten aber vor Gewaltausbrüchen geschützt werden.
       
       In den Zuschauerreihen verfolgte Student Max die Diskussion. Er gehörte zu
       den attackierten Sitzblockierern, erlitt Prellungen und ein Platzwunde. Zur
       Aufklärung der Schläger sei wenig gesagt worden, bedauerte der 34-Jährige.
       "Die Debatte hat mich nicht überzeugt, dass die Polizei einfach nur Pech
       hatte."
       
       23 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
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