# taz.de -- Kommentar Verhaftung Mladic: Serbiens Mythos ist am Ende
       
       > Der serbische Nationalismus hat eine herbe Niederlage erlitten. Will
       > Serbien sich in Europa integrieren, muss es den Opfermythos ablegen.
       
       Die zwei wichtigsten Kriegsverbrecher des Bosnienkrieges, Radovan Karadzic
       und Ratko Mladic, werden sich jetzt im Gefängnis wiedertreffen. Damit hat
       der serbische Nationalismus eine weitere, entscheidende Niederlage
       erlitten.
       
       Der "Mythos" Mladic, der sich über 15 Jahre seinen Häschern entziehen
       konnte, existiert nicht mehr. Stattdessen wird in Den Haag ein alter Mann
       vor Gericht stehen, dessen abstruses Geschichtsverständnis sich darin
       zeigte, dass er in Srebrenica "Rache an den Türken" nehmen wollte - wegen
       einer Schlacht, die 600 Jahre zuvor auf dem Amselfeld verloren wurde.
       
       Serbiens Gesellschaft muss diesen Opfermythos abschütteln, will sie sich in
       Europa integrieren. Genug kritische Geister, die dazu in der Lage sind,
       gibt es ja in Belgrad und anderswo. Sie brauchen jetzt ernsthafte
       politische Rückendeckung.
       
       Für Serbiens Regierung heißt das: Es muss endlich Schluss sein mit der
       Verfolgung von kritischen Journalisten, mit Drohungen gegenüber Vertretern
       der Zivilgesellschaft. Darüber hinaus muss Serbien zur Stabilität auf dem
       Balkan beitragen, indem es seine Grenzen anerkennt - zu Bosnien und
       Herzegowina wie zum Kosovo.
       
       Solange Serbiens Präsident Tadic noch von "unserer autonomen Provinz
       Kosovo" spricht, bleibt er im alten Denken gefangen. Denn Serbiens Kriege
       auf dem Balkan wurden geführt und verloren, weil sie auf einer falschen und
       verquasten Interpretation der Geschichte basierten. Das moderne Serbien
       kann dies nur überwinden, wenn es seine Nachbarn - gleich welcher Religion
       und Nationalität - als gleichberechtigte Menschen zu akzeptieren lernt.
       
       27 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erich Rathfelder
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) 20 Jahre Balkankriege: Die letzte Party im Frieden
       
       Im Juni 1991 feierten einige Freunde in Slowenien die neue Unabhängigkeit.
       Es war eine traurige Feier. Denn alle wussten: Jetzt beginnt der Krieg.
       
 (DIR) Ratko Mladic vorm UN-Jugoslawien-Tribunal: "Ich habe niemanden getötet"
       
       Der frühere General der bosnischen Serben gibt sich bei seinem ersten
       Auftritt in Den Haag provokant. Von den Anklagepunkten will er noch nie
       gehört haben.
       
 (DIR) Pro-Mladic-Demonstrationen in Bosnien: "Wir sind auch Mladic"
       
       In der serbischen Teilrepublik demonstrieren Tausenden gegen die Verhaftung
       Ratko Mladics. Der mutmaßliche Kriegsverbrecher wird jetzt nach Den Haag
       überstellt.
       
 (DIR) Ausschreitungen in Belgrad: Randale für den Volkshelden
       
       Serbische Nationalisten demonstrieren gewaltsam gegen die Festnahme des
       mutmaßlichen Kriegsverbrechers Ratko Mladic. Dabei werden Dutzende Menschen
       verletzt.
       
 (DIR) Verhaftung von Ratko Mladic: In einer Woche nach Den Haag
       
       Der serbische Kriegsverbrecher Ratko Mladic präsentierte sich als alter,
       kranker Mann. Die Staatsanwaltschaft nimmt ihm das nicht ab. Das Gericht
       erlaubt die Überstellung ans UN-Tribunal.
       
 (DIR) Kommentar Verhaftung Ratko Mladic: Serbien blickt nach Europa
       
       Die serbische Regierung wird für die Verhaftung Ratko Mladic die Aufnahme
       in die EU erwarten. Für Staatspräsident Tadic könnte dies wahlentscheidend
       sein.
       
 (DIR) Ratko Mladic festgenommen: Endlich, endlich, endlich
       
       Nach 15 Jahren auf der Flucht wird der Exkommandant der bosnischen Serben,
       Ratko Mladic, gefasst. Damit erfüllt Serbien eine Bedingung für den
       EU-Beitritt.