# taz.de -- Milliardardenhilfe für Nordafrika: Freie Wahlen und freie Presse
       
       > Geld für mehr Demokratie: Die Europäische Bank für Wiederaufbau und
       > Entwicklung will Tunesien und Ägypten unterstützen. Doch bis die Gelder
       > ankommen, wird es dauern.
       
 (IMG) Bild: Die Demonstranten könnten für ihren Revolutionswillen belohnt werden.
       
       DUBLIN taz | Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (Ebwe)
       will 2,5 Milliarden Euro im Jahr für Ägypten und Tunesien bereitstellen,
       wie sie am Dienstag mitteilte. In den Revolutionsländern im Nahen Osten und
       Nordafrika wird es aber nach Worten von Thomas Mirow, dem deutschen Chef
       des auch Osteuropa-Bank genannten Instituts, keinen schnellen
       wirtschaftlichen Aufschwung geben. Die Länder würden sich nicht innerhalb
       von zwei oder drei Jahren verändern. "Das ist nicht nur eine Frage der
       Strukturen und Zahlen, sondern auch der Mentalitäten und der Kultur", sagte
       Mirow.
       
       Die Bank betritt mit dem Engagement Neuland: Ursprünglich war sie 1991
       gegründet worden, um nach dem Ende des Ostblocks den Ländern in Ost- und
       Mitteleuropa auf dem Weg zur Marktwirtschaft zu helfen. Um die Hilfen zu
       bewilligen, müssen alle 61 Mitgliedsstaaten zustimmen, das Mandat des
       Instituts zu erweitern.
       
       Die Unterstützung für Nordafrika sei jedoch abhängig von Fortschritten bei
       der Demokratisierung, sagte ein Sprecher der Ebwe. Dazu gehören freie
       Wahlen und eine freie Presse. Außerdem dürfe die Ausweitung des Mandats
       nicht dazu führen, dass die Geberländer weiteres Kapital aufbringen oder
       die bisherigen Empfängerländer Kürzungen hinnehmen müssten. Anfang 2012
       will die Ebwe erste Beratungsprojekte in Ägypten beginnen. Sie erwägt
       außerdem, ihr Operationsgebiet auf Länder im Nahen Osten auszudehnen.
       
       ## Schnell erste Anschubfinanzierungen
       
       Die Ebwe will ihr Programm mit anderen internationalen Finanzinstituten,
       die in der Region aktiv sind, koordinieren, um die optimale Verwendung der
       Gelder sicherzustellen. Die Direktoren sollen außerdem Pläne vorlegen, wie
       erste Anschubfinanzierungen schnell bereitgestellt werden können. Das wird
       aber vermutlich erst im April nächsten Jahres der Fall sein.
       
       Die Weltbank hat bereits Kredite in Höhe von 6 Milliarden Dollar für
       Ägypten und Tunesien zugesagt. Ägypten erhält in den nächsten zwei Jahren
       4,5 Milliarden, zum Teil in Form von Bürgschaften, Privatinvestitionen und
       Infrastrukturzuschüssen. Darüber hinaus will Katar bis zu 10 Milliarden
       Dollar in Ägypten investieren. Das Land hat ein Haushaltsloch in Höhe von
       10 bis 12 Milliarden Dollar, weil die Wirtschaft, vor allem der Tourismus,
       eingebrochen ist.
       
       "Wenn wir diese Länder nicht unterstützen", sagte der britische
       Premierminister David Cameron, der wegen des britischen Beitrags zur
       Nordafrikahilfe und der Haushaltskürzungen im eigenen Land von der
       konservativen Presse scharf kritisiert wird, "dann riskieren wir, dass
       Extremisten dort die Oberhand gewinnen."
       
       1 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Aus "Le Monde diplomatique": Die palästinensische Harmonie-Revolte
       
       In Ramallah und Gaza ist der "arabische Frühling" spät gekommen – mit
       besonderen Forderungen: Junge Palästinenser wollen von ihren Politikern
       weniger Streit.
       
 (DIR) G-8-Gipfel in Paris: Der Nabel der Welt in Frankreich
       
       Die Industriestaaten haben 20 Milliarden Euro an Hilfen für die arabischen
       Revolutionen beschlossen. Und Lagarde gilt als sichere Kandidatin für die
       IWF-Führung.
       
 (DIR) G-8-Gipfel in Paris: Hilfe für die aufständische Region
       
       Die neuen arabischen Staatschefs werden Unterstützung von den G8-Staaten
       fordern. Frankreich kündigte "ein Paket aus Finanzen und Handel" an.
       
 (DIR) Slavoj Zizek über den Arabischen Frühling: "Ich gebe zu, ich war überrascht"
       
       Die Revolutionäre wollen nicht den gleichen liberalen Kapitalismus wie der
       Westen. Sie wollen mehr. Ein Gespräch mit dem Philosophen Slavoj Zizek.
       
 (DIR) Friedensforscher über deutsche Außenpolitik: Plädoyer gegen Renationalisierung
       
       Ein Gutachten kritisiert die deutsche Außenpolitik und mahnt Hilfe für
       Arabien an. Auch die Reform der Bundeswehr sei unzureichend.