# taz.de -- Suche nach Ehec-Quelle: Es gilt die Unschuldsvermutung
       
       > Die Ehec-Quelle ist weiter nicht gefunden. Erste Labortests konnten den
       > Sprossen-Verdacht nicht bestätigen. Inzwischen sind 21 Menschen am
       > gefährlichen Darmkeim gestorben.
       
 (IMG) Bild: Warten aufs Ergebnis: Internationale Kamerateams vor der Zufahrt zum Gärtnerhof.
       
       BERLIN taz | Die ersten Laborproben aus einem verdächtigen Betrieb in
       Niedersachsen tragen nicht den derzeit grassierenden Krankheitserreger
       Ehec. "Von 40 eingesendeten Proben wurden bisher 23 Proben mit einem
       negativen Ergebnis abgeschlossen", erklärte das Agrarministerium in
       Hannover am Montag.
       
       Die Behörde lässt den Verdacht gegen den Biohof in Bienenbüttel im
       Landkreis Uelzen aber nicht fallen: Schließlich müssten noch weitere Proben
       untersucht werden. Bisher gebe es Ergebnisse nur für Saatgut. Nun sollten
       die Chemiker weitere Rohstoffe und Bearbeitungsgegenstände untersuchen,
       teilte das CDU-geführte Ministerium mit. Bislang werden mindestens 21
       Todesfälle mit der Ehec-Welle in Verbindung gebracht.
       
       Der niedersächsische Hof geriet ins Visier der Ermittler, weil seine
       Sprossen in Restaurants und Kantinen verkauft wurden, in denen viele später
       an Ehec Erkrankte gegessen hatten. Darunter waren nach Behördenangaben ein
       Restaurant in Lübeck sowie Kantinen in Frankfurt am Main und Darmstadt.
       
       ## "Wir sind erschüttert"
       
       Der Sprossenerzeuger - ein kleiner Lieferant von Biogemüse und -sprossen
       mit 4,5 Hektar Fläche - wies den Verdacht zurück. "Wir, der Gärtnerhof
       Bienenbüttel, sind erschüttert und besorgt über die Nachricht", schrieb der
       Betrieb auf seiner Internetseite. In der zweiten Maihälfte ließ der Hof
       nach eigener Darstellung verschiedene Sprossen testen - "die
       Laborergebnisse waren ebenfalls alle negativ". Er habe seine Ware nun aber
       zurückgerufen. Auf Anfragen der taz antwortete das Unternehmen nicht.
       
       Auch die Hamburger Gesundheitsbehörde teilte mit, sie habe auf fünf
       Sprossenproben des Gärtnerhofs keine Ehec-Erreger gefunden. Deshalb könnten
       aber die Erkenntnisse des niedersächsischen Ministeriums nicht in Zweifel
       gezogen werden, "da sich nach bisherigen Erkenntnissen Ehec nicht
       gleichmäßig auf die Produkte eines Betriebes verteilt". Hamburg werde nun
       auch eine Packung Sprossen untersuchen, die bereits vor der ersten
       Durchfallerkrankung am 1. Mai produziert und jetzt von einem Patienten
       abgegeben wurde. Denkbar ist auch, dass Sprossen außerhalb des Betriebs
       verseucht wurden, etwa beim Transport oder bei der Lagerung.
       
       Gegen die Sprossenhypothese spricht, dass "nur ein kleiner Teil" der vom
       Robert-Koch-Institut befragten Patienten angegeben hat, Sprossen gegessen
       zu haben. Die Behörde hat nach eigenen Angaben "von Beginn an nach dem
       Verzehr von Sprossen gefragt". Wegen dieser Ergebnisse warnte das
       Bundesinstitut für Risikobewertung am Montag nur vor rohen, in
       Norddeutschland gekauften Tomaten, Gurken und Blattsalaten.
       
       ## Betrieb nutzt Brunnenwasser
       
       Der Ökobauern-Verband Naturland, unter dessen Siegel der Gärtnerhof sein
       Gemüse, aber nicht die Sprossen vermarktet, erklärte, der Betrieb arbeite
       in der Sprossenproduktion "zu 100 Prozent mit Wasser und Samenkörnern".
       "Der Betrieb benutzt Brunnenwasser in Trinkwasserqualität, aber kein
       Leitungswasser", sagte Naturland-Sprecher Carsten Veller der taz. Es wurde
       spekuliert, dass der Keim über verunreinigtes Wasser auf die Sprossen
       gelangt sein könnte.
       
       Die Samen bezieht die Firma laut Naturland aus mehreren Ländern - inklusive
       China. Veller: "In dieser Größenordnung sind Samen aus dem Inland oft nicht
       lieferbar."
       
       Sprossen sind der Erzeugervereinigung Bundesfachgruppe Gemüsebau zufolge
       ein "Nischenprodukt" in Deutschland. Ihr Verkaufswert betrage jedes Jahr
       schätzungsweise zwei Millionen Euro netto - allein Spargel bringe es auf
       300 Millionen Euro, sagte Geschäftsführer Jochen Winkhoff der taz. Die
       meisten Hersteller seien bio.
       
       Die Firmen leiden bereits unter der Warnung Niedersachsens vor Sprossen.
       Deutschlands größte Biosupermarktkette Alnatura, der wichtigste
       Lebensmittelhändler Edeka und Konkurrent Rewe haben das Produkt aus dem
       Sortiment genommen. "Das ist für uns eine kleine Katastrophe. Wir haben
       heute nichts ausgeliefert", klagte Geschäftsführer Wolfgang Funkhauser vom
       Hersteller Sprossenmanufaktur in Berlin.
       
       Unterdessen stieg die Zahl der Infektionen weiter. Das Robert-Koch-Institut
       meldete 2.231 Personen, die seit Anfang Mai an Ehec oder dem auch von
       diesem Keim verursachten hämolytisch-urämischen Syndrom erkrankt sind.
       
       6 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
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